Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Nichtzulassungsbeschwerde oder unmittelbare bzw. außerordentliche Beschwerde gegen AdV-Beschluss des FG

 

Leitsatz (NV)

  1. Der Beschluss des Finanzgerichts, durch den der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (§ 69 Abs. 3 FGO) abgelehnt wird, ist weder mit der Nichtzulassungsbeschwerde noch mangels ausdrücklicher Zulassung mit einer Beschwerde unmittelbar anzufechten.
  2. Nur im Sonderfall greifbarer Gesetzeswidrigkeit ist das Ausnahme-Rechtsmittel der außerordentlichen Beschwerde statthaft.
 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 3, 5

 

Tatbestand

Die Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) begehren die Aussetzung der Vollziehung einer Prüfungsanordnung, die der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) am 14. Januar 2000 erließ. Das Finanzgericht (FG) hat den Aussetzungsantrag abgelehnt und die Beschwerde gegen seinen Beschluss nicht zugelassen.

Mit ihrer Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat, tragen die Antragsteller unter Vorlage einer Vollmacht des Sozius X vor, der Beschluss des FG sei wegen einer extremen Gesetzwidrigkeit anfechtbar. Für einen solchen Fall habe der Bundesfinanzhof (BFH) eine Zulässigkeit für gegeben erachtet. Das FG habe zwar antragsgemäß Akteneinsicht gewährt. Wie mit Schriftsatz vom 14. Juli 2000 ausgeführt, seien die Akten jedoch unvollständig gewesen, außerdem habe man angekündigt, die Vollmacht des Kollegen X nachzureichen. Es sei unverständlich, dass sich das FG mit 8 Blatt Verwaltungsvorgängen in Form unleserlicher Kopien statt der Originalbetriebsprüfungsakte zufrieden gegeben habe. Dies sei ein eklatanter Verstoß gegen Verfassungsrecht und das Recht auf Einsicht in Originalverwaltungsakten.

Die Antragsteller beantragen, die Beschwerde gegen den Beschluss des FG zuzulassen.

Das FA beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig und deshalb zu verwerfen.

1. a) Soweit sich das Rechtsmittel der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Beschwerde richtet, ist es nicht statthaft, weil ein solches Rechtsmittel von der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht vorgesehen ist. Im Unterschied zur Nichtzulassung der Revision gibt es kein eigenständiges Verfahren zur Überprüfung der verneinten Voraussetzungen für die Zulassung der Beschwerde. Insbesondere ergibt sich ein solches Verfahren nicht aus dem Verweis auf § 115 Abs. 2 FGO in § 128 Abs. 3 Satz 2 FGO. Dieser Verweis bezieht sich nur auf die Voraussetzungen, unter denen das FG die Beschwerde zuzulassen hat, denn es wird nicht zugleich auch auf § 115 Abs. 3 FGO verwiesen (BFH-Beschluss vom 8. März 1995 V B 18/95, BFH/NV 1995, 715; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, § 128 Rz. 8, m.w.N.).

b) Soweit sich die Antragsteller auf eine unmittelbare Beschwerdebefugnis berufen, können sie ebenfalls keinen Erfolg haben.

Nach § 128 Abs. 3 Satz 1 FGO steht den Beteiligten die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung gemäß § 69 Abs. 3 und 5 FGO nur zu, wenn sie in der Entscheidung zugelassen worden ist. Das FG hat die Beschwerde ausdrücklich nicht zugelassen und seinen Beschluss in der Rechtsmittelbelehrung entsprechend für unanfechtbar erklärt. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) bestehen gegen die Versagung eines Rechtsmittels gegen Entscheidungen der FG auch keine verfassungsmäßigen Bedenken (Beschluss vom 6. Oktober 1977 2 BvR 502/77, Steuerrechtsprechung in Karteiform ―StRK―, Gesetz zur Entlastung des Bundesfinanzhofs, Rechtsspruch 39).

2. Auch eine außerordentliche Beschwerde ist im Streitfall nicht gegeben.

Die Statthaftigkeit eines solchen, in der FGO nicht vorgesehenen "Ausnahme-Rechtsmittels" hat die Rechtsprechung allenfalls für Sonderfälle greifbarer Gesetzeswidrigkeit in Erwägung gezogen, d.h. für Fälle, in denen die erstinstanzliche Entscheidung jeglicher Grundlage entbehrt und damit eine nicht hinnehmbare Gesetzeswidrigkeit zur Folge hat (Senatsbeschluss vom 26. August 1991 IV B 135/90, BFH/NV 1992, 509). Der kraft Gesetzes unanfechtbare Beschluss muss demgemäß unter schwerwiegender Verletzung von Verfahrensvorschriften zustande gekommen sein oder auf einer Gesetzesauslegung beruhen, die offensichtlich dem Wortlaut und dem Zweck des Gesetzes widerspricht und die eine Gesetzesanwendung zur Folge hat, die durch das Gesetz ersichtlich ausgeschlossen werden sollte (BFH-Beschluss vom 22. November 1994 VII B 144/94, BFH/NV 1995, 791, m.w.N.). Ein solcher Sonderfall liegt hier nicht vor.

Zur Begründung der von ihnen geltend gemachten "extremen Gesetzeswidrigkeit" des angefochtenen Beschlusses haben die Antragsteller lediglich auf die ihrer Meinung nach unvollständige Gewährung von Akteneinsicht und auf mutmaßende, durch den Sachverhalt nicht gedeckte "Ausführungen auf der Seite 7" des Beschlusses hingewiesen, die die Aufforderung zur Vorlage einer Vollmacht betrafen. Diesem unsubstantiierten Vortrag kann der Senat keine greifbare Gesetzeswidrigkeit entnehmen. Dem Ausnahmecharakter der außerordentlichen Beschwerde entspricht vielmehr eine Darlegungspflicht des Rechtsuchenden in der Weise, dass dieses Rechtsmittel nur zulässig ist, wenn zu seiner Begründung ein Rechtsverstoß der zuvor umschriebenen Art substantiiert und in sich schlüssig dargetan wird (vgl. BFH-Beschluss vom 22. Oktober 1998 X B 163/98, BFH/NV 1999, 504). Schon daran fehlt es hier. Die Beschwerdebegründung erschöpft sich in den genannten Einwänden, die sich nicht einmal gegen die Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses richten; sie kann schon deshalb nicht zu einer Sachprüfung führen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 447540

BFH/NV 2001, 332

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