Entscheidungsstichwort (Thema)

Notwendige Beiladung; Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzbesteuerung

 

Leitsatz (NV)

Zur notwendigen Beiladung von Beteiligten an einer Bauherrengemeinschaft zum Rechtsstreit eines anderen Beteiligten gegen einen Feststellungsbescheid, in dem u. a. die Gesamtbeträge der auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten des Objekts entfallenden Vorsteuerbeträge festgesetzt worden sind.

 

Normenkette

FGO § 60 Abs. 3; AO 1977 § 180 Abs. 2

 

Tatbestand

I. Die fünf Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sowie die vier Beigeladenen hatten sich 1982 an einer Bauherrengemeinschaft (BHG) beteiligt. Sie hatten die im Rahmen der BHG errichteten Wohnungen an einen gewerblichen Zwischenmieter vermietet und die auf die Wohnungen entfallende gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer unter Verzicht auf die Steuerbefreiung der Vermietungsumsätze erfolgreich als Vorsteuerbeträge geltend gemacht.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) erließ unter dem 2. Oktober 1992 gegen die Kläger und gegen die Beigeladenen jeweils einzeln bekanntgegebene Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzbesteuerung für 1982 und 1983 (Streitjahre). Die Bescheide sind auf §180 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) i. V. m. der dazu ergangenen Rechtsverordnung vom 19. Dezember 1986 (BGBl I 1986, 2663, BStBl I 1987, 2) gestützt. In den Bescheiden stellte das FA unter Hinweis auf zwei Steuerfahndungsberichte fest, daß die Voraussetzungen für einen Verzicht auf die Steuerbefreiung der Vermietung von Grundstücken nicht erfüllt seien. Ferner stellte das FA in den Bescheiden die Gesamtbeträge der auf die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge, die in den beiden Streitjahren auf die Feststellungsbeteiligten insgesamt und auf den jeweiligen Feststellungsbeteiligten entfielen, fest.

Gegen die Bescheide haben die Kläger nach erfolglosem Einspruch jeweils getrennt Klage erhoben. Sie halten die Feststellungsbescheide insbesondere deshalb für rechtswidrig, weil bei deren Erlaß die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen gewesen sei. Das FA gehe zu Unrecht von einer zehnjährigen Feststellungsfrist gemäß §169 Abs. 2 AO 1977 aus; von einer Steuerhinterziehung, sei es durch die Feststellungsbeteiligten selbst, sei es durch den für die BHG auftretenden Treuhänder zu ihren Gunsten, könne keine Rede sein.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klagen der Kläger gemäß §73 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und die Beigeladenen mit dem hier angefochtenen Beschluß gemäß §60 Abs. 3 FGO zu dem verbundenen Verfahren beigeladen.

Mit ihrer gegen die Beiladung gerichteten Beschwerde machen die Kläger geltend, die Voraussetzungen für eine notwendige Beiladung i. S. des §60 Abs. 3 FGO lägen nicht vor. Zum einen seien die Beigeladenen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt betroffen, weil die Abziehbarkeit von Vorsteuerbeträgen bei den einzelnen Steuerpflichtigen streitig sei. Zum anderen könnten die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale einer Steuerhinterziehung nur für jeden Beteiligten gesondert geprüft und beurteilt werden. Infolge der Beiladung könne es zu einer Verletzung des Steuergeheimnisses kommen. Deshalb sei es ermessensfehlerhaft gewesen, einen Feststellungsbescheid für die Umsatzbesteuerung zu erlassen.

Die Kläger beantragen sinngemäß, den Beiladungsbeschluß des FG aufzuheben.

Das FA beantragt sinngemäß, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

Die Beigeladenen zu 1 halten die Beschwerde für unbegründet, haben jedoch keinen Antrag gestellt. Die übrigen Beigeladenen haben sich nicht geäußert.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

Nach §60 Abs. 3 FGO sind Dritte notwendig beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Diese Voraussetzung ist grundsätzlich dann erfüllt, wenn der Dritte klagebefugt ist. Klagebefugnis und notwendige Beiladung hängen in dem Sinn miteinander zusammen, daß diejenigen Klagebefugten, die nicht Klage erhoben haben, notwendig beizuladen sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 20. Dezember 1994 IX R 136/90, BFH/NV 1996, 42). Zweck der notwendigen Beiladung ist es, eine einheitliche, alle Feststellungsbeteiligten bindende Entscheidung sicherzustellen. Dieser Zweck kann nur erreicht werden, wenn alle Klagebefugten, die nicht oder nicht mehr als Kläger am Verfahren beteiligt sind, beigeladen werden (vgl. BFH-Urteil vom 2. August 1994 IX R 13/91, BFH/NV 1995, 249, m. w. N.).

Im Streitfall sind die Beigeladenen durch die angefochtenen Feststellungsbescheide bereits dadurch betroffen, daß in ihnen die Gesamtbeträge der Vorsteuerbeträge festgestellt werden, die in den beiden Streitjahren nach Auffassung des FA auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten entfallen. Im übrigen kann im Streitfall die für die streitige Feststellungsfrist maßgebende Frage, ob eine Steuerhinterziehung des für alle Feststellungsbeteiligten handelnden Treuhänders vorliegt und diesen zuzurechnen ist, nur einheitlich beantwortet werden.

Auf einen Ermessensfehler können sich die Beteiligten nicht mit Erfolg berufen. Die Beiladung der übrigen Feststellungsbeteiligten ist auch dann gemäß §60 Abs. 3 FGO notwendig, wenn das FA nach seinem Ermessen von der Durchführung des Feststellungsverfahrens hätte absehen können (vgl. BFH-Urteil vom 27. Juni 1995 IX R 123/92, BFHE 178, 108, BStBl II 1995, 763).

 

Fundstellen

Haufe-Index 302908

BFH/NV 1999, 48

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