Leitsatz (amtlich)

1. Fehlt es an einer Beschwer des Revisionsklägers, so ist die Revision auch dann unzulässig, wenn sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitsache vom Finanzgericht zugelassen worden ist.

2. Der III. Senat tritt der Auffassung des V. Senats in dem Beschluß V R 177/66 vom 16. Februar 1967 (BFH 88, 304, BStBl III 1967, 368) bei, daß der Beschluß, durch den eine Revision als unzulässig verworfen wird, nach § 90 Abs. 1 Satz 2 FGO auch dann ohne mündliche Verhandlung ergehen kann, wenn eine solche beantragt ist.

 

Normenkette

FGO § 90 Abs. 1 S. 2, § 115 Abs. 2 Nr. 1, §§ 124, 126 Abs. 1, § 159

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Beteiligung an einer GmbH, die dem Inhaber der Klägerin, einer Einzelfirma, gehört, zum Betriebsvermögen der Klägerin zu rechnen ist.

Der Inhaber der Klägerin und seine Ehefrau gründeten im Jahre 1954 eine GmbH mit einem Stammkapital von 20 000 DM. Davon entfielen auf den Inhaber der Klägerin 19 000 DM, auf seine Ehefrau 1 000 DM. Die Gesellschafter leisteten 25 v. H. ihrer Stammeinlagen aus privaten Mitteln.

Bei einer im Jahre 1960 bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung vertrat der Betriebsprüfer die Auffassung, daß die dem Inhaber der Klägerin gehörenden GmbH-Anteile Betriebsvermögen der Klägerin seien. Das FA schloß sich dieser Auffassung an. Es setzte bei der endgültigen Einheitswertfeststellung für das Betriebsvermögen der Klägerin auf den 1. Januar 1955 durch Bescheid vom 9. November 1961 die GmbH-Anteile des Inhabers der Klägerin mit dem gemeinen Wert in Höhe von 72 v. H. der eingezahlten Stammeinlage, d. h. mit 72 v. H. von 4 750 DM = 3 420 DM an. Es ergab sich ein Reinvermögen von 6 067 358 DM. Der Einheitswert wurde dementsprechend auf 6 067 000 DM festgestellt.

Der Einspruch, mit dem sich die Klägerin gegen den Ansatz der GmbH-Anteile ihres Inhabers bei ihrem Betriebsvermögen wandte, war nur insofern erfolgreich, als der Ansatz der GmbH-Anteile der Höhe nach geändert wurde. Weil nach der Mitteilung des Betriebsfinanzamts das Bruttostammkapital bewertet worden war, wurden die GmbH-Anteile mit 72 v. H. von 19 000 DM = 13 680 DM angesetzt. Dafür wurde als Schuldposten die Einzahlungsverpflichtung in Höhe von 75 v. H. von 19 000 DM = 14 250 DM abgesetzt, so daß sich im Endergebnis eine Verminderung des Reinvermögens um 570 DM auf 6 066 788 DM ergab, Der Einheitswert wurde dementsprechend auf 6 066 000 DM herabgesetzt.

Mit der Berufung beantragte die Klägerin weiterhin, die GmbH-Anteile ihres Inhabers nicht bei ihrem Betriebsvermögen anzusetzen. Das FA teilte dem FG mit, es habe sich bei nochmaliger Prüfung ergeben, daß die Berechnung in der Einspruchsentscheidung falsch sei. Es sei vergessen worden, den Betrag von 3 420 DM, mit dem die GmbH-Anteile bereits im Einheitswert erfaßt gewesen seien, abzuziehen. Nach Abzug dieses Betrages ergebe sich ein Reinvermögen von 6 063 938 DM und ein Einheitswert von 6 063 000 DM. Dieser Einheitswert entspreche dem Einheitswert, der festzustellen wäre, wenn man dem Antrag der Klägerin stattgebe. Das FA habe deshalb die Klägerin gebeten, einer Änderung des Einheitswertbescheides nach § 94 Abs. 2 AO zuzustimmen. Das habe die Klägerin abgelehnt. Die Änderung müsse deshalb vom FG vorgenommen werden. Dieses habe gleichzeitig zu berücksichtigen, daß der Ansatz einer anderen Beteiligung der Klägerin nach der unanfechtbar gewordenen Einspruchsentscheidung des zuständigen FA nach § 218 Abs. 4 AO um 31 667 DM zu erhöhen sei.

Das FG behandelte die GmbH-Anteile des Inhabers der Klägerin ebenfalls als Betriebsvermögen der Klägerin. Es verminderte jedoch nach den Angaben des FA das Reinvermögen um 3 420 DM und erhöhte es andererseits um 31 667 DM, so daß sich ein Reinvermögen von 6 095 035 DM ergab. Das FG setzte dementsprechend den Einheitswert auf 6 095 000 DM fest.

Mit der Rechtsbeschwerde, die das FG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitsache zugelassen hat und die nach dem Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandeln ist, beantragt die Klägerin, unter Abänderung des angefochtenen Urteils das FA anzuweisen, den Einheitswert der Klägerin ohne Hinzurechnung der ihrem Inhaber gehörenden GmbH-Anteile festzustellen. Sie ist nach wie vor der Auffassung, daß diese GmbH-Anteile nicht zu ihrem Betriebsvermögen gehören.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist unzulässig.

Nach § 124 Satz 1 FGO hat der BFH zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, dann ist die Revision nach § 124 Satz 2 FGO unzulässig.

Zur Statthaftigkeit der Revision gehört insbesondere, daß der Revisionskläger durch das von ihm angefochtene Urteil beschwert ist. An dieser Voraussetzung fehlt es im Streitfall. Denn wenn dem Antrag der Klägerin entsprochen würde und der Einheitswert ihres Betriebsvermögens ohne die ihrem Inhaber gehörenden GmbH-Anteile festgestellt würde, würden sich zwar die Besitzposten um den Betrag von 13 680 DM vermindern. Dafür würden aber auch die Schuldposten um den Betrag der Ausgleichsverpflichtungen in Höhe von 14 250 DM geringer werden, so daß sich das Reinvermögen im Ergebnis um 570 DM auf 6 095 605 DM erhöhen würde. Der Einheitswert wäre dann auf 6 095 000 DM festzustellen, also auf denselben Betrag, auf den er durch das angefochtene Urteil festgestellt worden ist. Die Klägerin ist deshalb durch die Höhe des vom FG festgestellten Einheitswerts nicht beschwert. Eine Beschwer kann auch nicht darin erblickt werden, daß das Urteil des FG auf andere Gründe gestützt ist, als sie die Klägerin zur Rechtfertigung ihres Begehrens vorbringt. Das folgt daraus, daß Streitgegenstand im steuergerichtlichen Verfahren nicht das einzelne Besteuerungsmerkmal, sondern die Rechtmäßigkeit des die Steuer festsetzenden bzw. hier den Einheitswert feststellenden Bescheides ist (vgl. Beschluß des Großen Senats des BFH Gr. S. 1/66 vom 17. Juli 1967, BFH 91, 393, BStBl II 1968, 344). Außerdem hat die Einbeziehung der GmbH-Anteile in das Betriebsvermögen der Klägerin keine nachteiligen Auswirkungen auf andere Steuern.

Die Revision war schon aus diesem Grunde nach § 126 Abs. 1 FGO als unzulässig zu verwerfen. An diesem Ergebnis ändert sich auch dadurch nichts, daß das FG die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitsache zugelassen hat. Diese Zulassung bedeutet nur, daß es bei der Frage der Zulässigkeit nicht auf die Überschreitung der Streitwertgrenze von 1 000 DM ankommt. Sie besagt dagegen nichts darüber, ob die Revision statthaft ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

Die Klägerin hat mündliche Verhandlung beantragt. Die unzulässige Revision ist durch Beschluß zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 FGO). Beschlüsse können aber, soweit nichts anderes bestimmt ist, ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 90 Abs. 1 Satz 2 FGO). Dem steht § 159 FGO nicht entgegen (vgl. BFH-Beschluß V R 177/66 vom 16. Februar 1967, BFH 88, 304, BStBl III 1967, 368).

 

Fundstellen

Haufe-Index 67771

BStBl II 1968, 806

BFHE 1968, 295

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