Entscheidungsstichwort (Thema)

Bezugsfertigkeit von Gebäuden

 

Leitsatz (NV)

Das Streichen von Wänden und Heizkörpern, das Verlegen des Bodenbelags und die Anpassung der Unterkanten der Innentüren an den Bodenbelag sind unerhebliche Restarbeiten, die die Bezugsfertigkeit eines Gebäudes nicht ausschließen.

 

Normenkette

BewG § 72 Abs. 1 S. 3

 

Verfahrensgang

FG Bremen

 

Gründe

Die Entscheidung ergeht gemäß Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) vom 8. Juli 1975 (BGBl I 1975, 1861, BStBl I 1975, 932) i. d. F. des Gesetzes vom 14. Dezember 1984 (BGBl I 1984, 1514, BStBl I 1985, 8). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind unterrichtet und gehört worden (Schreiben des Senatsvorsitzenden vom 21. September 1989; Erklärung der Klägerin vom 18. Oktober 1989).

Das Finanzgericht (FG) hat im Ergebnis zutreffend entschieden, daß das Grundstück als Einfamilienhaus zu bewerten war. Das Gebäude war zum Stichtag bezugsfertig.

Gebäude sind als bezugsfertig anzusehen, wenn den zukünftigen Bewohnern oder sonstigen Benutzern zugemutet werden kann, sie zu benutzen; die Abnahme durch die Bauaufsichtsbehörde ist nicht entscheidend (§ 72 Abs. 1 Satz 3 des Bewertungsgesetzes - BewG -). Die Frage der Bezugsfertigkeit ist nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung zu entscheiden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. Juli 1980 III R 46/78, BFHE 132, 99, BStBl II 1981, 152). Ein Haus oder eine Wohnung sind dann als bezugsfertig anzusehen, wenn die wesentlichen Bauarbeiten ausgeführt sind und nur noch unerhebliche Restarbeiten verbleiben.

Von dieser Rechtsauffassung ist auch das FG ausgegangen. Nach den von ihm getroffenen Sachverhaltsfeststellungen, an die der Senat nach § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebunden ist, waren am Stichtag nur noch das Anstreichen von Wänden und Heizkörpern sowie das Verlegen des Bodenbelags erforderlich. An den Bodenbelag waren die Unterkanten der Innentüren anzupassen. Die dazu erforderlichen Arbeiten konnten vom FG ohne Rechtsverstoß als unerhebliche Restarbeiten betrachtet werden (vgl. BFH-Entscheidung vom 19. Juli 1985 III R 139/80, BFH/NV 1986, 325). Für diese Beurteilung spricht, daß gerade diese Arbeiten regelmäßig bereits entsprechend den Vorstellungen des künftigen Nutzers der Wohnung ausgeführt und deshalb meist erst kurz vor dessen Einzug vorgenommen werden. Auch eine spätere Erneuerung des gesamten Anstrichs und des gesamten Bodenbelags führt zwar zu einer erheblichen Belästigung für den Bewohner, regelmäßig aber nicht zu einer Unterbrechung der Wohnnutzung als solcher. Auch diese Überlegung spricht dafür, die Bezugsfertigkeit einer Wohnung bereits vor Ausführung des Erstanstrichs und Verlegung des Teppichbodens anzunehmen. Auch die im Streitfall noch erforderliche Anpassung der Unterkanten der Innentüren an den Bodenbelag ändert an diesem Ergebnis nichts. Die Geringfügigkeit der verbleibenden Restarbeiten ist zu messen an dem gesamten Arbeitsaufwand zur Herstellung des Gebäudes. Entgegen der Auffassung der Revision ist es keineswegs erforderlich, daß die Restarbeiten von den künftigen Bewohnern ohne handwerkliche Vorkenntnisse selbst ausgeführt werden können.

 

Fundstellen

Haufe-Index 423009

BFH/NV 1990, 622

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