Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für die Beiordnung eines Notanwalts

 

Leitsatz (NV)

Ein Notanwalt i.S. von § 78b ZPO kann einem Beteiligten nur dann beigeordnet werden, wenn der Betreffende glaubhaft macht, daß er zumindest eine gewisse Zahl von zur Vertretung befugten Personen vergeblich um die Übernahme des Mandats ersucht hat.

 

Normenkette

FGO § 155; ZPO § 78b

 

Tatbestand

I. Der Antragsteller bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er wurde von dem Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) erstmals für die Veranlagungszeiträume 1996 und 1997 (Streitjahre) zur Einkommensteuer veranlagt. Das FA folgte hierbei den Angaben des Antragstellers in den eingereichten Erklärungen. Insbesondere berücksichtigte es die Behinderung des Antragstellers durch Ansatz eines Behinderten-Pauschbetrages als außergewöhnliche Belastung. Die bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide für 1996 und 1997 führten zu Steuererstattungen.

Am 27. Januar 1999 erhob der Antragsteller zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Finanzgerichts (FG) Klage wegen "Untätigkeit (Einkommensteuererstattungen)" und stellte den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gemäß § 114 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Zur Begründung trug er vor, er sei seit dem 1. Januar 1986 schwerbehindert und müsse krankheitsbedingt Kosten selbst tragen, die jährlich 5 000 DM überstiegen. Deshalb bitte er um Rückgabe der gezahlten Steuern, da er gegenüber vergleichbaren Dritten benachteiligt und seine Existenz oft gefährdet gewesen sei.

Das FG wies den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung zurück, weil dem Antragsteller für sein Begehren, weitere Steuererstattungen zu erhalten, jedenfalls ein Anordnungsgrund fehle. Hiergegen erhob der Antragsteller persönlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des FG Beschwerde, die beim Senat unter dem Aktenzeichen ... anhängig ist. Gleichzeitig stellte er den Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Beschwerdeverfahren.

 

Entscheidungsgründe

II. Der Antrag des Antragstellers auf Beiordnung eines Rechtsanwalts wird abgelehnt.

Nach § 155 FGO i.V.m. § 78b der Zivilprozeßordnung (ZPO) hat der Bundesfinanzhof (BFH) auf Antrag einen Rechtsanwalt beizuordnen, wenn der Rechtssuchende einen zur Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Danach ist der Antrag zwar statthaft; insbesondere steht ihm nicht entgegen, daß der Antragsteller nicht von einer zur Vertretung vor dem BFH nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) befugten Person vertreten wird, da durch den Antrag dem Kläger erst ein Prozeßvertreter verschafft werden soll (Beschluß des BFH vom 16. Januar 1984 GrS 5/82, BFHE 140, 408, BStBl II 1984, 439 Abschn. III. Nr. 3 a der Entscheidungsgründe).

Jedoch erfüllt der Antrag nicht die weiteren Anforderungen, die an seine Zulässigkeit zu stellen sind. Hierzu wäre es erforderlich gewesen darzulegen, ein zur Vertretung bereiter Prozeßbevollmächtigter sei nicht zu finden. Denn ein Notanwalt i. S. von § 78 b ZPO kann einem Beteiligten nur dann beigeordnet werden, wenn der Betreffende glaubhaft macht, daß er zumindest eine gewisse Zahl von zur Vertretung befugten Personen vergeblich um die Übernahme des Mandats ersucht hat (BFH-Beschlüsse vom 31. August 1995 I S 4/95, BFH/NV 1996, 227, und vom 14. September 1995 VII S 12/95, BFH/NV 1996, 254). Hierzu hat sich der Antragsteller nicht geäußert.

Im übrigen ist der Antrag auch deshalb abzulehnen, weil die vom Antragsteller mit seiner Beschwerde eingeleitete Rechtsverfolgung aussichtslos erscheint. Nach § 128 Abs. 3 Satz 1 FGO steht den Beteiligten gegen die Entscheidung des FG über eine einstweilige Anordnung nach § 114 Abs. 1 FGO die Beschwerde nur zu, wenn sie in der Entscheidung zugelassen worden ist. Die Beschwerde wurde vom FG in seiner Entscheidung indes nicht zugelassen. Die FGO sieht darüber hinaus bei Entscheidungen des FG über einstweilige Anordnungen eine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Beschwerde durch das FG nicht vor. Denn § 128 Abs. 3 Satz 2 FGO ordnet nur die entsprechende Anwendung des § 115 Abs. 2 FGO an. Die Anordnung einer entsprechenden Anwendung des § 115 Abs. 3 FGO, der die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision vorsieht, ist in § 128 FGO nicht enthalten (BFH-Beschluß vom 8. März 1995 V B 12/95, BFH/NV 1995, 715).

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.

 

Fundstellen

Haufe-Index 302728

BFH/NV 2000, 62

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