Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsätzliche Bedeutung bei Gesamtwürdigung durch FG; nachgereichte Schriftsätze

 

Leitsatz (NV)

  1. Prüft das FG, ob ein Mietvertrag zwischen nahen Angehörigen einem Fremdvergleich standhält, so folgt aus dem Gebot der einzelfallorientierten Würdigung aller Umstände, dass vergleichbar erscheinende Fallgestaltungen an unterschiedlichen Beurteilungskriterien gemessen werden.
  2. Ein Schriftsatz ist nicht mehr zu berücksichtigen, wenn ihn der Kläger bei Gericht reicht, nachdem das Urteil durch Verkündung wirksam geworden ist.
 

Normenkette

FGO § 104 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 1

 

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet und deshalb nach § 116 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Beschluss zurückzuweisen. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht gegeben.

1. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO gerügte Abweichung der Vorentscheidung von Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) liegt nicht vor. Denn das angefochtene Urteil beruht entgegen der Auffassung der Kläger gerade nicht auf dem Rechtssatz, dass im Rahmen des Fremdvergleichs das Kriterium einer teilweise unentgeltlichen Überlassung eines Mietobjekts ein entscheidendes Indiz dafür ist, das Mietverhältnis steuerlich nicht anzuerkennen. Das Finanzgericht (FG) hat in seiner Gesamtwürdigung der objektiven Umstände vielmehr darauf abgestellt, dass die Mietverhältnisse nicht wie vereinbart durchgeführt wurden.

2. Die Rechtssache ist auch nicht grundsätzlich bedeutsam i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Die mit der Beschwerde als klärungsbedürftig aufgeworfene Rechtsfrage, ob "bei Änderung eines Mietverhältnisses mit nahen Angehörigen mit Rückbezug hinsichtlich der Festsetzung der Miethöhe, Mietfläche, anteiliger Umlage der Nebenkosten sowie einer Bad- und Duschmitbenutzung das Mietverhältnis als nicht mehr wie ursprünglich vereinbart durchgeführt anzusehen ist", ist ―wie der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) zutreffend hervorhebt― über den entschiedenen Einzelfall hinaus ohne Bedeutung.

Das FG hat vielmehr im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 28. Juni 2002 IX R 68/99, BFHE 199, 380, BStBl II 2002, 699) auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände geprüft, ob die Mietverträge der Kläger mit ihrer Tochter und mit den Eltern der Klägerin einem Fremdvergleich standhalten. Aus dem Gebot der einzelfallorientierten Würdigung ergibt sich die Möglichkeit, dass vergleichbar erscheinende Fallgestaltungen an unterschiedlichen Beurteilungskriterien gemessen werden (vgl. auch BFH-Beschluss vom 25. November 2002 I B 2/02, BFH/NV 2003, 488, unter II. 2. a). Nach diesen Maßstäben beanstanden die Kläger mit ihrer Beschwerde (Tz. III. 1. bis 4.) letztlich nur die tatrichterliche Würdigung des FG, was für eine grundsätzliche Bedeutung nicht genügt.

3. Die gerügten Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) liegen nicht vor.

Einen Schriftsatz vom 26. September 2002 konnte und durfte das FG nicht mehr berücksichtigten, weil es die angefochtene Vorentscheidung bereits am 25. September 2002 verkündet hat (vgl. § 104 Abs. 1 FGO). Damit ist das Urteil wirksam. Das Gericht kann nachgereichte Schriftsätze nach Schluss der mündlichen Verhandlung nur noch bis zur Verkündung des Urteils zur Kenntnis nehmen (Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 93 Rz. 8, m.w.N.).

Soweit die Kläger die Sachaufklärung des Gerichts im Hinblick auf die "von den Klägern verfolgte Totalgewinnerzielungsabsicht" rügen, kommt es darauf unbeschadet der Frage, ob diese Rüge überhaupt den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO entspricht, nicht an: Denn das FG hat sein Urteil nicht auf die fehlende Einkünfteerzielungsabsicht der Kläger gestützt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 958735

BFH/NV 2003, 1206

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