Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu den inhaltlichen Voraussetzungen der auf Divergenz gestützten Nichtzulassungsbeschwerde

 

Leitsatz (NV)

Eine Abweichung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO liegt vor, wenn das FG in einer Rechtsfrage eine andere Ansicht vertritt als der Bundesfinanzhof (BFH). Das ist der Fall, wenn das FG seiner Würdigung einen -- nach der Rechtsprechung des BFH -- unrichtigen Rechtssatz zugrunde gelegt hat, nicht aber, wenn der -- richtige -- Rechtssatz vom FG unrichtig angewendet worden ist (vgl. BFH-Beschluß vom 20. Februar 1980 II B 26/79, BFHE 129, 313, BStBl II 1980, 211; Beschluß des Bundesarbeitsgerichts vom 22. Februar 1983 1 ABN 33/82, Neue Juristische Wochenschrift 1983, 1510). Diese inhaltliche Voraussetzung der Divergenz findet ihren Niederschlag in den formellen Anforderungen an die Begründung der auf Divergenz gestützten Nichtzulassungsbeschwerde. Die in § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO vorgeschriebene Bezeichnung der Abweichung erfordert demgemäß, daß zu ihrer Kenntlichmachung abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil und aus der Entscheidung, zu der die geltend gemachte Divergenz bestehen soll, einander gegenübergestellt werden müssen (BFH-Beschluß vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479).

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2

 

Tatbestand

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist alleinige Testamentserbin nach dem am ... 1988 verstorbenen X. Mit diesem hatte sie 32 Jahre in unehelicher Lebensgemeinschaft zusammengelebt. Gegen die Festsetzung der Erbschaftsteuer durch Steuerbescheid -- zuletzt -- vom 10. September 1990 wandte die Klägerin ein, daß zwischen ihr und dem Erblasser während ihres Zusammenlebens eine Innengesellschaft bestanden habe. Seit 1956 bis zum Tode des Erblassers sei über die Ersparnisse und die laufenden Einkünfte des Paares gemeinsam disponiert und sie seien auch gemeinsam angelegt worden. Die Klägerin habe im ... betrieb des Erblassers mitgearbeitet und selbst einen ... betrieb geführt, der gleichfalls auf den Namen des Erblassers betrieben worden sei. Das im Nachlaß befindliche Grundstück sei zum Teil durch die vor der Beziehung der Klägerin zum Erblasser von ihr angesparten Geldmittel erworben worden, zum anderen durch ein Darlehen, für das die Klägerin mit dem Erblasser gesamtschuldnerisch gehaftet habe. Auch die auf den Namen des Erblassers lautenden Bankguthaben seien gemeinsam mit ihr angespart worden. Es sei daher nur die Hälfte der vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt -- FA --) angesetzten Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer zugrunde zu legen. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) verneinte, daß zwischen der Klägerin und dem Erblasser eine Innengesellschaft bestanden habe. Gegen die Nichtzulassung der Revision hat die Klägerin Beschwerde eingelegt.

 

Entscheidungsgründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die formellen Anforderungen an deren Begründung nicht erfüllt sind (s. § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Es ist weder die behauptete Divergenz noch der geltend gemachte Verfahrensmangel der Verletzung des Amts ermittlungsgrundsatzes durch Unterlassen gebotener Sachaufklärung hinreichend bezeichnet.

1. Eine Abweichung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO liegt vor, wenn das FG in einer Rechtsfrage eine andere Ansicht vertritt als der Bundesfinanzhof (BFH). Das ist der Fall, wenn das FG seiner Würdigung einen -- nach der Rechtsprechung des BFH -- unrichtigen Rechtssatz zugrunde gelegt hat, nicht aber, wenn der -- richtige -- Rechtssatz vom FG unrichtig angewendet worden ist (vgl. BFH-Beschluß vom 20. Februar 1980 II B 26/79, BFHE 129, 313, BStBl II 1980, 211; Beschluß des Bundesarbeitsgerichts vom 22. Februar 1983 1 ABN 33/82, Neue Juristische Wochenschrift 1983, 1510). Diese inhaltliche Voraussetzung der Divergenz findet ihren Niederschlag in den formellen Anforderungen an die Begründung der auf Divergenz gestützten Nichtzulassungsbeschwerde. Die in § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO vorgeschriebene Bezeichnung der Abweichung erfordert demgemäß, daß zu ihrer Kenntlichmachung abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil und aus der Entscheidung, zu der die geltend gemachte Divergenz bestehen soll, einander gegenübergestellt werden müssen (BFH- Beschluß vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479).

Dem genügt die Beschwerdebegründung nicht. Zwar hat die Klägerin aus dem Urteil des BFH vom 15. Januar 1986 II R 14/84 (BFH/NV 1987, 302) als Rechtssatz herausgestellt, daß zwischen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch schlüssiges Handeln eine Innengesellschaft entstehen könne. Ein hiervon abweichender Rechtssatz des FG ist jedoch von der Klägerin nicht angeführt worden. Vielmehr hat sie ausgeführt, daß das FG die Grundsätze des zitierten BFH-Urteils in seiner Entscheidung wiedergegeben, tatsächlich diese Kriterien seiner Entscheidung aber nicht in vollem Umfange zugrunde gelegt habe. Es habe nämlich gemeint, eine Innengesellschaft scheide aus, weil die Klägerin erst kurz vor dem Tod des Erblassers von diesem als Erbin eingesetzt worden sei und weil der Erblasser als "im wirtschaftlichen Bereich des Partners ... allein entscheidend" anzusehen sei. Damit hat die Klägerin -- und dies wird durch die weiteren Ausführungen in der Beschwerdeschrift bestätigt -- allenfalls dargelegt, daß das FG die Voraussetzungen verkannt habe, unter denen eine Innengesellschaft begründet werden kann oder, daß es den Sachverhalt falsch gewürdigt habe, nicht aber, daß das FG von einem abweichenden -- abstrakten -- Rechtssatz ausgegangen sei.

2. Für die Begründung der unter 3. a) bis c) der Beschwerdeschrift erhobenen Rügen der Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) wäre insbesondere erforderlich gewesen, Umstände anzuführen, aus denen sich ergeben würde, daß sich dem Gericht die als unterlassen gerügte Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen. Das ist nicht geschehen. Zu 3. a) führt die Klägerin selbst an, daß sie im Hinblick auf die erwartete Aussage anderer, von ihr benannter und vom Gericht auch vernommener Zeugen die Vernehmung weiterer Zeugen nicht für erforderlich gehalten habe. Es ist nicht erkennbar, welchen Anhaltspunkt das Gericht unter diesem Umständen gehabt haben sollte, ihm noch dazu unbekannte Zeugen zu vernehmen, deren Vernehmung die Klägerin selbst nicht für erforderlich gehalten hatte. Auch aus den Ausführungen zu 3. b) und c) des Beschwerdeschriftsatzes ist kein Anhaltspunkt ersichtlich, aus dem sich ableiten ließe, daß sich dem Gericht die Erhebung weiterer Beweise hätte aufdrängen müssen. Die Klägerin hat insoweit auch nicht, wie aber erforderlich (BFH-Beschluß vom 24. Mai 1977 IV R 45/76, BFHE 122, 396, BStBl II 1977, 694), die Beweismittel bezeichnet, die das Gericht zur Beweiserhebung hätte heranziehen können und müssen.

Die Klägerin hat es darüber hinaus unterlassen darzulegen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich aufgrund der nicht durchgeführten Beweiserhebung für den festgestellten Sachverhalt ergeben hätten und inwiefern das angefochtene Urteil auf der unterlassenen Sachaufklärung beruhen kann; für letzteres genügt es nicht auszuführen, es sei ersichtlich nicht auszuschließen, daß die Erhebung weiterer Beweise zu einer der Klage stattgebenden Entscheidung führe, denn dies belegt nicht die konkrete Entscheidungserheblichkeit der als unterlassen gerügten Beweiserhebung und damit die mögliche Fehlerhaftigkeit der Vorentscheidung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420796

BFH/NV 1995, 1005

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