Entscheidungsstichwort (Thema)

Fehlen der Prozeßvollmacht

 

Leitsatz (NV)

Zu den Rechtsfolgen bei Nichtvorlage der Prozeßvollmacht, obwohl dem Prozeßbevollmächtigten hierfür eine Ausschlußfrist gesetzt worden ist.

 

Normenkette

VGFGEntlG Art. 3 § 1; BFHEntlG Art. 1 Nr. 1; FGO § 62 Abs. 3

 

Tatbestand

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) beantragte beim Finanzgericht (FG) den Erlaß einer einstweiligen Anordnung, mit der der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) verpflichtet werden sollte, die gegen ihn betriebene Zwangsvollstreckung vorläufig einzustellen. Das FG lehnte den Antrag ab.

Die als Bevollmächtigte aufgetretenen Rechtsanwälte und Steuerberater legten für den Antragsteller gegen den Beschluß des FG Beschwerde ein. Sie kamen der Aufforderung der Geschäftsstelle des Senats vom 29. Januar 1988, eine Prozeßvollmacht für das Verfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) zu übersenden und ihre Beschwerde bis zum 1. April 1988 zu begründen, nicht nach. Auch die Verfügung des Vorsitzenden des Senats vom 7. April 1988, mit der den Bevollmächtigten gemäß Art. 3 § 1 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit (VGFGEntlG) zur Vorlage der Prozeßvollmacht eine Frist mit ausschließender Wirkung bis zum 15. Mai 1988 gesetzt worden war, blieb unbeantwortet.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

Die Vollmacht im finanzgerichtlichen Verfahren ist schriftlich zu erteilen (§ 62 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Sie kann nach § 62 Abs. 3 Satz 2 FGO nachgereicht werden. Nach Art. 3 § 1 VGFGEntlG kann aber der Vorsitzende oder der von ihm nach § 79 FGO bestimmte Richter für das Einreichen der Vollmacht eine Frist mit ausschließender Wirkung setzen. Das gilt auch für das Beschwerdeverfahren vor dem BFH (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 62 Rdnr. 84).

Die von einem gemäß Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) vertretungsberechtigten Bevollmächtigten erhobene Beschwerde ist unzulässig, wenn die schriftliche Vollmacht nicht vorgelegt wird. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Vollmachtsvorlage unterbleibt, obwohl eine Vollmacht vorhanden war, oder ob die Vollmacht nicht vorgelegt wurde, weil sie nicht erteilt war (BFH-Urteil vom 1. April 1971 IV R 208/69, BFHE 102, 442, BStBl II 1971, 689). Solange die schriftliche Vollmacht nicht vorliegt, fehlt es an einer Prozeßvoraussetzung (BFH-Urteil vom 11. Juli 1975 III R 124/74, BFHE 116, 110, BStBl II 1975, 714). Der Ablauf der im Streitfall gemäß Art. 3 § 1 VGFGEntlG für das Einreichen der Vollmacht gesetzten Ausschlußfrist zum 15. Mai 1988 hat zur Folge, daß der prozessuale Mangel nicht mehr geheilt werden kann (vgl. Gräber/Koch, a.a.O., § 62 Rdnr. 82 mit weiteren Nachweisen). Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß Art. 3 § 1 Satz 2 VGFGEntlG i.V.m. § 56 FGO kommt nicht in Betracht, weil Wiedereinsetzungsgründe weder vorgetragen noch ersichtlich sind. Die Beschwerde war demnach als unzulässig zu verwerfen.

Die Entscheidung ergeht gegenüber dem Antragsteller persönlich. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind jedoch den Prozeßbevollmächtigten aufzuerlegen, weil sie als vollmachtlose Vertreter das erfolglose Beschwerdeverfahren veranlaßt haben (ständige Rechtsprechung; vgl. BFH-Beschluß vom 2. Mai 1969 III R 123/68, BFHE 95, 430, BStBl II 1969, 438).

 

Fundstellen

Haufe-Index 415834

BFH/NV 1989, 117

BFH/NV 1989, 247

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