Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Verfahrensmangel i. S. des § 116 FGO

 

Leitsatz (NV)

1. Ein als Revision bezeichnetes Rechtsmittel kann nicht in eine Nichtzulassungsbeschwerde umgedeutet werden.

2. Verfahrensmängel bei der Entscheidung des Finanzgerichts über die Zulassung der Revision führen nicht zur zulassungsfreien Revision nach § 116 FGO.

 

Normenkette

FGO § 116

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage mit Urteil vom 25. Juni 1986 abgewiesen und die Entscheidung dem Kläger am 14. Juli 1986 zugestellt. In dem Urteil war die Zulassung der Revision nicht ausgesprochen worden. In der Rechtsmittelbelehrung des Urteils ist darauf hingewiesen, daß den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof (BFH) zustehe, wenn das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision der BFH die Revision zugelassen habe oder wenn wesentliche Mängel des Verfahrens i. S. des § 116 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gerügt würden.

Am 12. August 1986 hat der Kläger mit Schreiben vom 11. August 1986 gegen das Urteil Revision eingelegt. Mit Schreiben vom 27. August 1986 hat er vorgetragen, die Revision werde im wesentlichen damit begründet, daß die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung sei. Das Urteil des FG beruhe auf einem Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), da das Urteil weder einen Beschluß noch eine Begründung über eine mögliche Nichtzulassung der Revision (Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG -) enthalte. Die Nichtzulassung der Revision hätte vom FG begründet werden müssen. Im übrigen sei die Rechtsmittelbelehrung fehlerhaft, weil sie keinen Hinweis darüber enthalte, wie ein verkündetes Urteil verfahrensrechtlich zu würdigen sei. Damit sei die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf gesetzt, so daß nunmehr Nichtzulassungsbeschwerde erhoben werden könnte. Ansonsten müsse die fristgerecht eingelegte Revision in eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision umgedeutet werden.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unzulässig.

Der Kläger hat mit Schreiben vom 11. August 1986 ausdrücklich Revision eingelegt. Nach Art. 1 Nr. 5 BFHEntlG in der Neufassung durch das Gesetz vom 4. Juli 1985 (BGBl I 1985, 1274) findet jedoch abweichend von § 115 Abs. 1 FGO die Revision nur statt, wenn das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der BFH sie zugelassen hat.

Die Revision ist nicht zugelassen worden. Zwar hat das FG dies nicht ausdrücklich ausgesprochen. Dies war auch nicht erforderlich; denn aus dem Fehlen des Ausspruchs über eine Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 1 FGO) ergibt sich, daß die Revision vom FG nicht zugelassen worden ist (BFH-Beschluß vom 24. September 1971 VI R 24/71, BFHE 103, 305, BStBl II 1971, 811).

Eine Zulassung der Revision kommt nicht mehr in Betracht, weil innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils keine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision eingelegt worden ist. Die Rechtsmittelbelehrung war nicht fehlerhaft, vor allem nicht unvollständig (§ 55 Abs. 1 FGO); sie erfaßte ausdrücklich auch die Nichtzulassungsbeschwerde, so daß die Rechtsmittelfrist mit Zustellung des Urteils in Lauf gesetzt worden ist (§ 120 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Entgegen der Auffassung des Klägers kann die mit Schreiben vom 11. August 1986 eingelegte Revision nicht in eine Nichtzulassungsbeschwerde umgedeutet werden. Zwar kann bei unzutreffender Bezeichnung eines Rechtsmittels das zulässige Rechtsmittel als eingelegt angesehen werden, wenn es erkennbar unmittelbar demselben prozessualen Zweck dient und dasselbe Ziel erstrebt wie das genannte Rechtsmittel. Revision und Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision unterscheiden sich aber in der jeweiligen Zweck- und Zielrichtung. Die Beschwerde richtet sich nur gegen die aus dem Urteil folgende Nichtzulassung der Revision, um den Weg für die spätere Revision, die sich gegen das Urteil selbst richtet, freizumachen (BFH-Beschluß vom 27. Januar 1967 VI R 216/66, BFHE 88, 73, BStBl III 1967, 291).

Der Fall einer zulassungsfreien Revision (§ 116 FGO) liegt entgegen der Auffassung des Klägers nicht vor. § 116 FGO erfaßt nur Verfahrensmängel, auf denen die angefochtene, d. h. die im Rahmen der Revision noch zu prüfende Entscheidung des FG beruhen kann. Dazu gehören nicht - angebliche - Verfahrensmängel, die hinsichtlich der Entscheidung des FG über die Zulassung der Revision geltend gemacht werden; denn diese würden die Rechtmäßigkeit des Urteils des FG in der Sache, deren Nachprüfung durch das Revisionsgericht erstrebt wird, nicht berühren.

 

Fundstellen

BFH/NV 1987, 107

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