Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrecht/Abgabenordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Wird wegen änderung des Steuermeßbetrags eine neue Zerlegung vorgenommen (ß 387 Abs. 2 AO), so ist sie ohne Bindung an die bisherigen Zerlegungsgrundlagen wie eine erstmalige Zerlegung durchzuführen.

 

Normenkette

AO § 387 Abs. 2

 

Tatbestand

Die am Zerlegungsverfahren beteiligte Steuerpflichtige betrieb ihr Unternehmen mit Sitz und Geschäftsleitung in X. In einer Reihe anderer Gemeinden - u. a. der beschwerdeführenden Gemeinde Y, Bfin. - unterhielt sie Betriebstätten (Verkaufskontore), in denen für die Steuerpflichtige selbständige Gewerbetreibende tätig wurden, die keine Arbeitslöhne bezogen, sondern nach dem Umsatz des jeweiligen Verkaufskontors bemessene Provisionen erhielten. Arbeitnehmer wurden nur in X beschäftigt.

Das Finanzamt führte zunächst eine Gewerbesteuerzerlegung in der Weise durch, daß es gemäß § 33 GewStG - soweit Arbeitslöhne als Zerlegungsmaßstab im Sinne des § 29 Abs. 1 Ziff. 2 GewStG nicht zur Verfügung standen - als Zerlegungsmaßstab 50 v. H. der gezahlten Provisionen zugrunde legte. Diese Sachbehandlung entsprach im Zeitpunkt der Zerlegung, soweit die Erhebungszeiträume 1956 bis 1958 in Betracht kommen, der vom Bundesfinanzhof fortgesetzten Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (vgl. die in der Entscheidung I B 47/59 S vom 12. Juli 1960, BStBl 1960 III S. 386, 387, zitierte Rechtsprechung, Slg. Bd. 71 S. 363). Mit dieser Entscheidung wurde jedoch die bisherige Rechtsprechung mit der Begründung aufgegeben, daß die Anwendung des § 33 GewStG in der Regel nicht gerechtfertigt ist, wenn in einer Betriebstätte keine Arbeitnehmer beschäftigt werden und daher in dieser Betriebstätte auch keine Arbeitslöhne anfallen.

Nach dieser Entscheidung wären die Zerlegungen in der Weise durchzuführen gewesen, daß der gesamte Anteil an der Gewerbesteuer auf die Gemeinde X und auf die anderen Betriebstätten-Gemeinden je 0 DM entfielen. Nachdem die Gewerbesteuermeßbeträge gemäß § 222 AO nach dem Ergebnis einer Betriebsprüfung geändert worden waren, führte das Finanzamt eine neue Zerlegung in dieser Weise durch (ß 387 Abs. 2 AO).

Dieses Verfahren hält die Bfin. für unzulässig. Sie ist der Meinung, daß die Vorschrift des § 387 Abs. 2 AO dafür keine Rechtsgrundlage biete. Nach dieser Vorschrift dürfe die neue Zerlegung nur zu einer sich aus der änderung der Meßbeträge ergebenden Folgeänderung führen. Die bisherigen Zerlegungsmaßstäbe seien unverändert beizubehalten. Keinesfalls dürfe der Wechsel in der Rechtsprechung zu einer Benachteiligung der auswärtigen Gemeinden führen.

Die Oberfinanzdirektion wies die Beschwerde der Bfin. als unbegründet zurück.

 

Entscheidungsgründe

Auch ihre weitere Beschwerde kann keinen Erfolg haben. In der Entscheidung I B 148/59 U vom 30. August 1960 (BStBl 1960 III S. 468, Slg. Bd. 71 S. 585), auf die sich die Beschwerdeentscheidung der Oberfinanzdirektion stützt, hat der Bundesfinanzhof ausgeführt: "Nach Zerlegung eines Steuermeßbetrags findet eine neue Zerlegung eines Steuermeßbetrags nach § 387 Abs. 2 AO statt, wenn der Steuermeßbetrag geändert wird. Eine Bindung an die bei der früheren Zerlegung angewendeten Maßstäbe besteht hierbei nicht (Riewald, Anm. 2 zu § 387 AO, und Hübschmann-Hepp-Spitaler, Anm. 3 zu § 387 AO)! Die Vorinstanzen waren daher nicht gehindert, bei der neuen Zerlegung des Gewerbesteuermeßbetrags der Steuerpflichtigen einen anderen Maßstab als bei der früheren Zerlegung anzuwenden, auch wenn die Anwendung des neuen Maßstabs dazu führt, daß nunmehr eine Beteiligung der Bfin. entfällt."

Diesen Ausführungen des I. Senats tritt der erkennende Senat bei. Aus der Vorschrift des § 387 Abs. 2 AO ergibt sich - im Gegensatz zu der nach Abs. 3 der Vorschrift erneut durchzuführenden Zerlegung -, daß ohne Bindung an die bisherige Zerlegung eine völlig neue Zerlegung durchzuführen ist. Die Bestimmung kann nur dahin verstanden werden, daß für die neue Zerlegung allein die materielle Richtigkeit entscheidend sein soll. Sie beschränkt die neue Zerlegung nicht - wie die in etwa vergleichbare Vorschrift des § 218 Abs. 4 AO - auf eine "Folgeänderung", die lediglich der änderung der Meßbeträge Rechnung trägt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411661

BStBl III 1965, 428

BFHE 1965, 502

BFHE 82, 502

StRK, AO:387 R 3

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