Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschließung eines Richters wegen Mitwirkung im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren

 

Leitsatz (NV)

Ein Richter ist nicht nach § 51 Abs. 2 FGO von der Ausübung des Amtes als Richter ausgeschlossen, wenn er einem Verfahrensbeteiligten gegenüber als Verwaltungsbeamter in anderen Verwaltungsangelegenheiten tätig geworden ist.

 

Normenkette

FGO § 51 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten in der Hauptsache um die Frage, ob der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) in den Jahren 1973 bis 1975 als atypischer stiller Gesellschafter an den Einkünften der A-KG (im folgenden: KG) beteiligt und damit als Mitunternehmer der KG anzusehen war. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA - ) hat dies in einem negativen Gewinnfeststellungsbescheid verneint.

Während des finanzgerichtlichen Verfahrens teilte der Kläger dem Finanzgericht (FG) mit, ein Mitglied des Senats - der Richter D - sei vermutlich jahrelang am FA X für seine Besteuerung zuständig gewesen. Falls diese Vermutung richtig sei, müsse er D als befangen ablehnen.

In einer dienstlichen Äußerung vom 7. Dezember 1987 erklärte der Richter D, daß er in dem dem Klageverfahren vorausgegangenen Verwaltungsverfahren nicht mitgewirkt habe. Er fühle sich dem Kläger gegenüber nicht befangen.

Das FG wies das Ablehnungsgesuch zurück. Der Richter D sei nicht nach § 51 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) befangen. Er habe nicht an dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren, sondern lediglich bei der Durchführung der Einkommensbesteuerung des Klägers an dessen Wohnsitz-FA mitgewirkt. Umstände, die geeignet seien, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des abgelehnten Richters zu rechtfertigen (§ 51 Abs. 1 FGO, § 42 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung - ZPO -), seien vom Kläger nicht vorgebracht worden und auch sonst nicht erkennbar.

Mit seiner - am 21. Dezember 1987 beim FG eingegangenen - Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Zurückweisung seines Ablehnungsgesuchs.

Das FA ist seiner Beschwerde entgegengetreten.

Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Gegen Beschlüsse, durch die das FG ein Gesuch auf Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit abweist, ist die Beschwerde nach § 128 FGO gegeben (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 30. November 1981 GrS 1/80, BFHE 134, 525, BStBl II 1982, 217).

Die Beschwerde bleibt auch dann zulässig, wenn die Entscheidung des FG zur Hauptsache bereits ergangen ist (BFH in BFHE 134, 525, BStBl II 1982, 217). Der Umstand, daß das FG im Streitfall zur Hauptsache bereits mit Urteil vom 8. Dezember 1987 entschieden hat, ist also kein Grund, der erst am 21. Dezember 1987 eingelegten Beschwerde das Rechtsschutzbedürfnis abzusprechen.

2. Die Beschwerde ist indessen nicht begründet.

a) Eine Richterablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit findet nur statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen (§ 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i. V. m. § 42 Abs. 2 ZPO). Der Ablehnende muß einen vernünftigen Grund für die Annahme haben, der Richter werde sich aus einer in seiner Person liegenden Ursache heraus bei seiner Entscheidung nicht von sachgerechten Überlegungen leiten lassen (BFH-Beschluß vom 2. März 1978 IV R 120/76, BFHE 125, 12, BStBl II 1978, 404). Ein solcher Grund ist im Streitfall nicht geltend gemacht worden und auch sonst nicht erkennbar. Der Umstand, daß der Richter D bereits früher als Finanzbeamter dem Kläger gegenüber in anderen Verwaltungsangelegenheiten tätig geworden ist, ist für sich allein kein Ablehnungsgrund.

b) Ebensowenig liegt ein Grund für die Ausschließung des Richters D nach § 51 Abs. 2 FGO vor. Nach dieser Vorschrift ist von der Ausübung des Amtes als Richter ausgeschlossen, wer bei dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat.

Eine Mitwirkung im ,,vorausgegangenen Verwaltungsverfahren" i. S. von § 51 Abs. 2 FGO liegt nicht vor, wenn ein Beamter in einem Verfahren über die Festsetzung einer anderen Steuerart mitgewirkt hat (BFH-Urteil vom 14. Juli 1988 IV R 74/87, BFH-NV 1989 . . .). Der Umstand, daß der Richter D als Verwaltungsbeamter am Wohnsitz-FA des Klägers möglicherweise an mehreren dem Kläger gegenüber ergangenen Einkommensteuerbescheiden mitgewirkt hat, stellt hiernach keine Mitwirkung beim Erlaß der der Streitsache zugrunde liegenden negativen Gewinnfeststellungsbescheide dar.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416335

BFH/NV 1989, 793

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