Leitsatz (amtlich)

Die Tatsache, daß das FG einen Antrag des Klägers auf Aussetzung der Vollziehung als sachlich unbegründet zurückgewiesen hat, rechtfertigt nicht die Ausschließung oder Ablehnung des Gerichts in der gleichen Zusammensetzung für die spätere Entscheidung in der Hauptsache.

 

Normenkette

FGO § 51

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführer haben nach erfolglosem Einspruch gegen den Grundsteuermeßbescheid 1970 und den nach § 218 Abs. 4 AO berichtigten Grundsteuerbescheid 1970 am 15. Juni 1970 Klage beim FG erhoben. Sie hatten in einem Schriftsatz vom 21. Juli 1970 Aufhebung des für den 3. August 1970 anberaumten Termins vor dem Einzelrichter des FG beantragt. Nach anfänglicher Ablehnung dieses Antrags durch den Vorsitzenden des Gerichts wurde dem Antrag auf die Beschwerde der Kläger vom 24. Juli 1970 - beim FG eingegangen am 27. Juli 1970 - stattgegeben und Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 17. September 1970 anberaumt. Noch vor dieser Terminanberaumung hatte der zuständige Senat des FG durch Beschluß vom 24. August 1970 den Antrag der Kläger auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Grundsteuerbescheids zurückgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 28. August 1970 lehnten daraufhin die Kläger die an dem Beschluß vom 24. August 1970 beteiligten Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Sie machten darin geltend, die Tatsache, daß ihr Antrag auf Aussetzung der Vollziehung von dem erkennenden Senat mit fast gleicher Begründung abgelehnt worden sei, mit der das FA ihren Einspruch als unbegründet zurückgewiesen habe, lasse schon jetzt eine Entscheidung des Gerichts zugunsten des beklagten FA erwarten.

Nach einer dienstlichen Äußerung der abgelehnten Richter hat das FG in anderer Besetzung über den Antrag der Beschwerdeführer entschieden. Es hat den Ablehnungsantrag der Beschwerdeführer als unbegründet zurückgewiesen, weil allein die Tatsache, daß die abgelehnten Richter den Antrag der Kläger auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Grundsteuerbescheids abgelehnt hätten, die Besorgnis der Befangenheit nicht rechtfertige. Die abgelehnten Richter hätten in ihrem Beschluß vom 24. August 1970 anhand der einschlägigen Gesetze entschieden. Daß sie sich bei ihrer Entscheidung von unsachlichen oder parteiischen Erwägungen hätten leiten lassen, sei nicht ersichtlich. Die weiteren Beanstandungen der Kläger wegen der Terminsanberaumungen durch das FG und wegen angeblich unzulässigen Zusammenwirkens zwischen FG und Verwaltung seien unzutreffend und unbeachtlich.

Gegen diesen Beschluß des FG richtet sich die Beschwerde der Kläger, der das FG nicht abgeholfen hat. In ihrer Beschwerdeschrift vertraten die Beschwerdeführer die Ansicht, die von ihnen geltend gemachten Ablehnungsgründe, aus denen sich die Befangenheit der abgelehnten Richter ergebe, seien in dem angefochtenen Beschluß nicht widerlegt worden, Auch habe das FG den rechtsverbindlichen Grundsteuerbescheid des FA vom 5. Februar 1970 in seiner Entscheidung völlig unerwähnt gelassen. Im übrigen verweisen die Beschwerdeführer zur Begründung ihres Ablehnungsantrags auf allgemeine Mißstände, die nach ihrer Ansicht in der Justiz bestehen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Beschwerde ist unbegründet.

Die von den Beschwerdeführern beanstandete Terminsbestimmung durch den Gerichtsvorsitzenden liegt grundsätzlich im Ermessen des Vorsitzenden und war im Streitfall auch mit Rücksicht auf die von den Klägern begehrte Aussetzung der Vollziehung des Grundsteuerbescheids sachlich geboten.

Die Tatsache, daß das FG in seiner Vorentscheidung den Antrag der Kläger auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Grundsteuerbescheides abgewiesen hat, rechtfertigt die Ablehnung der am Beschluß über den Aussetzungsantrag beteiligten Richter selbst dann nicht, wenn sie gewissen Vermutungen in Richtung auf die künftige Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache Raum gibt. Es kann in diesem Zusammenhang allerdings nicht in Abrede gestellt werden, daß die Entscheidung über den Aussetzungsantrag wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts das Gericht zu einer summarischen Prüfung der in dem anhängigen Verfahren streitigen Fragen zwingt. Das bedeutet jedoch nicht, daß das Gericht nach der Entscheidung über den Aussetzungsantrag für die Entscheidung in der Hauptsache bereits deshalb als befangen angesehen werden müßte. Sonst wäre es unverständlich, daß der Gesetzgeber die Entscheidung über Anträge auf Aussetzung der Vollziehung in § 69 Abs. 3 FGO ausdrücklich dem Gericht der Hauptsache übertragen hat. Ein Verdacht der Befangenheit der an einem Aussetzungsbeschluß mitwirkenden Richter für das weitere Verfahren käme vielmehr nur dann in Frage, wenn das Gericht den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung aus unsachlichen Gründen abgelehnt hätte. Das ist hier jedoch nicht der Fall. Wie das FG in dem angegriffenen Beschluß zutreffend ausgeführt hat, ist nicht zu erkennen, daß die abgelehnten Richter sich bei ihrer Entscheidung über den Aussetzungsantrag von unsachlichen oder parteiischen Erwägungen haben leiten lassen. Vielmehr haben sie in ihrem Beschluß aus rechtlichen Erwägungen anhand der einschlägigen Gesetzesvorschriften entschieden. Sie sind dabei davon ausgegangen, daß der angefochtene, nach § 218 Abs. 4 AO geänderte Grundsteuerbescheid, durch den die in dem ursprünglichen Grundsteuerbescheid vom 5. Februar 1970 festgesetzte Grundsteuer wesentlich erhöht worden ist, nach vorangegangener Änderung des Grundsteuermeßbescheides zu Recht erlassen worden sei. Die Änderung dieses Grundsteuermeßbescheides hatte sich daraus ergeben, daß die auf zehn Jahre befristete Grundsteuerteilbefreiung des Grundstücks auf Grund des Zweiten Wohnungsbaugesetzes am 31. März 1970 auslief. Das Auslaufen dieser Grundsteuerbefreiung, deren Ende bereits im Grundsteuermeßbescheid vom 2. November 1959 bekanntgegeben worden war, rechtfertigte nach Ansicht des FG sowohl die Änderung des Grundsteuermeßbescheides als auch des auf ihm beruhenden Grundsteuerbescheides für die Zeit ab 1. April 1970, so daß nach seiner mit Rechtsgründen belegten Meinung die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Vollziehung des Grundsteuerbescheides nicht vorlagen.

Den Klägern und Beschwerdeführern bleibt es unbenommen, im anhängigen Hauptverfahren das Gericht durch ergänzendes Vorbringen in sachlicher und rechtlicher Hinsicht von der Richtigkeit ihrer gegenteiligen Meinung zu überzeugen. Die bisherige Prozeßführung des Gerichts läßt keinen Verdacht dahin aufkommen, daß das Gericht die Kläger nicht anhören und ihr Vorbringen nicht in ausreichender Weise sachlich würdigen werde. Der Verdacht der Befangenheit ist daher unbegründet.

 

Fundstellen

Haufe-Index 69205

BStBl II 1971, 333

BFHE 1971, 352

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