Leitsatz (amtlich)

Zu den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung der Revision, insbesondere gegen ein finanzgerichtliches Urteil, das zum Zollwert einer Ware ergangen ist.

 

Normenkette

FGO § 120 Abs. 2 S. 2; ZG § 31 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ließ in der Zeit vom 8. April bis 21. Juni 1965 französischen Käse, den sie von der österreichischen Firma N gekauft hatte, zum angemeldeten Rechnungspreis nach der Tarifst. 04.04 C I des Abschöpfungstarifs zum freien Verkehr abfertigen. Nachdem bekanntgeworden war, daß die Klägerin von der Firma N für die streitigen Käsegeschäfte Rückvergütungen erhalten hatte, stellte das ZA den Zollwert in der Weise fest, daß es dem Verkaufspreis des französischen Ausführers und den ausländischen Vertriebskosten die in Frankreich für Ausfuhren nach Österreich gewährten Erstattungen hinzurechnete. Nach Einlegung des Einspruchs der Klägerin stellte das ZA den Zollwert in der Weise fest, daß es die Rückvergütungen vom Rechnungspreis abzog, und die Abgaben nach der Tarifst. 04.04 (E) III des Abschöpfungstarifs anforderte.

Nach erfolglosem Einspruch gab das FG der Klage statt.

Das FG war der Ansicht, die Klägerin habe einen Rechtsanspruch auf Anwendung des Rechnungspreises gem. § 31 Abs. 1 des ZG. Die Rückvergütungen ließen nicht auf einen anderen vereinbarten Preis schließen, da sie im maßgebenden Zeitpunkt noch nicht genau festgestanden hätten. Bei den gezahlten Rückvergütungen habe es sich nicht um einen Teil des Kaufpreises gehandelt, sondern um die nachträgliche Verteilung von in Frankreich erschlichenen staatlichen Subventionen. Eine Berichtigung des Rechnungspreises scheide aus, weil ein von ihm wesentlich abweichender Preis nicht feststellbar sei. Auf dem Markt habe offenbar eine übersehbare Preisgestaltung nicht bestanden. So habe der Beklagte und Revisionskläger (HZA) selbst ursprünglich einen Preis von ca. 410 DM/100 kg unter Hinweis auf den im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1964 S. 2907 festgesetzten Mindestpreis für möglich gehalten. Umgekehrt könne das HZA nicht den von der EWG-Kommission für Cheddar-Käse aus Drittländern festgesetzten Frei-Grenze-Preis in Höhe von 202,48 DM bzw. 197,28 DM/100 kg heranziehen, da es sich bei der eingeführten Ware um Käse aus Frankreich handele, der in Österreich nicht einmal umgeladen worden sei. Für französischen Cheddar-Käse aber lägen die Preise wesentlich höher als für solchen aus Drittländern. Der Käse sei zu Preisen zwischen 261 und 295 DM/100 kg weiterverkauft worden. Es lasse sich nicht mehr ermitteln, wie der Käse bei der Einfuhr beschaffen gewesen sei und wie sich Qualitätsmängel auf den wirklichen Wert des Käses ausgewirkt hätten.

Mit der Revision rügt das HZA allgemein "unrichtige Anwendung des geltenden Bundesrechts". Es führt unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung und auf seine Schriftsätze und unter Hinweis auf die Vernehmungen des Inhabers der Klägerin und des Prokuristen der Firma N (offenbar gegenüber den Zollfahndungsbeamten) sowie der Kontoauszüge einer Bank im einzelnen aus, der der Klägerin in Rechnung gestellte Preis sei niemals geschuldet gewesen. Er hätte daher auf den vom ZA festgestellten Zollwert berichtigt werden müssen.

Das HZA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Die Klägerin ist der Ansicht, es lasse sich nicht erkennen, worauf die Revision gestützt sei. Sie setze sich mit dem Urteil des FG nicht auseinander und begnüge sich damit, zu erklären, es könne der Urteilsbegründung des FG nicht gefolgt werden. Die Revisionsbegründungsschrift enthalte lediglich eine Zusammenfassung des erstinstanzlichen Vorbringens des HZA. Im übrigen macht die Klägerin vorsorglich längere Ausführungen zur Sache.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig.

Die allgemein gehaltene Erklärung, es werde die unrichtige Anwendung des geltenden Bundesrechts gerügt, genügt nicht den Anforderungen, die an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung zu stellen sind. Denn die Bestimmung in § 118 Abs. 1 Satz 1 FGO, daß die Revision nur darauf gestützt werden kann, das angefochtene Urteil beruhe auf der Verletzung von Bundesrecht, betrifft lediglich die Zulässigkeit der Revision als solche. Zur Begründung der Revision ist in § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO zwingend vorgeschrieben, daß die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen zu bezeichnen sind, die den Mangel ergeben. Hierbei muß die verletzte Rechtsnorm hinreichend deutlich bezeichnet werden. Eine bestimmte Gesetzesbestimmung muß nach allgemeiner Auffassung nicht unbedingt angegeben werden. Es muß aber eindeutig erkennbar sein, welche Gesetzesbestimmung der Revisionskläger für verletzt hält (Urteil des Reichsgerichts vom 27. Mai 1927 III 390/26, RGZ 117, 168, 171; Entscheidung des BFH vom 5. November 1968, BFHE 94, 116, BStBl II 1969, 84). Allgemeine Rechtsgrundsätze stehen den Rechtsnormen im formalen Sinne gleich. In allen Fällen aber, in denen eine bestimmte Rechtsnorm nicht als verletzt bezeichnet ist, müssen die Ausführungen in der Revisionsbegründung um so deutlicher die Art und den Umfang des Revisionsangriffs erkennen lassen (vgl. Wieczorek, Zivilprozeßordnung und Nebengesetze, Bd. III 1957, § 554 Anm. C III b 2); Gräber, Deutsche Steuer-Zeitung, Ausgabe A, 1967, 309, [314] mit Hinweisen). Die Revisionsbegründung muß aus sich heraus erkennen lassen, daß der Revisionsführer sich mit den Gründen, auf denen die Vorentscheidung beruht, auseinandersetzt. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, das bisherige Vorbringen der Beteiligten auf mögliche Revisionsgründe zu überprüfen. Zweck der Revisionsbegründung ist, darzutun, daß die Gründe der Vorentscheidung unter gleichzeitiger Überprüfung des eigenen bisherigen Vorbringens nachgeprüft wurden (s. BFH-Entscheidung vom 23. April 1971 VI R 254/70, BFHE 102, 217, BStBl II 1971, 588 mit der dort angegebenen weiteren Rechtsprechung).

In der Revisionsbegründung sind die verletzten Rechtsnormen nicht als solche bezeichnet worden. Gerügt ist lediglich die unrichtige Anwendung des geltenden Bundesrechts. In seinen Ausführungen gibt das HZA nur die Gründe der Vorentscheidung wieder, ohne sich im einzelnen damit auseinanderzusetzen. Es wiederholt im wesentlichen lediglich seine Klageerwiderung. Da sich diese, zeitlich gesehen, nicht mit den Gründen des FG-Urteils befassen konnte, liegt darin keine ordnungsgemäße Revisionsbegründung (s. BFH-Beschluß vom 25. Oktober 1973 V R 38/72, BFHE 110, 324, BStBl II 1974, 13).

Das FG hat seine Entscheidung auf die Anwendung des Rechnungspreises nach § 31 Abs. 1 ZG gestützt. Das HZA greift dies nicht an, etwa mit der Begründung, daß nach dem Normalpreis zu bewerten sei. Es führt nur aus, daß der Rechnungspreis nur dann als Zollwert gelte, wenn er in der gezahlten Höhe auch dem üblichen Wettbewerbspreis entsprochen habe. Die hierzu vom FG getroffene Feststellung, ein üblicher Wettbewerbspreis sei nicht mehr feststellbar, also eine tatsächliche durch Beweiswürdigung getroffene Feststellung, greift das HZA ebenfalls nicht etwa als gegen die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßend oder in sich wiedersprüchlich an. Vielmehr führt es wie auch das FG aus, daß die von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften festgesetzten Frei-Grenze-Preise für Cheddar-Käse aus Drittländern nicht als übliche Wettbewerbspreise angesehen werden könnten. Im übrigen nimmt das HZA zu dieser Frage Bezug auf seine Einspruchsentscheidung und seine Schriftsätze in der Vorinstanz. Da diese wiederum zeitlich vor der Vorentscheidung liegen und sich mit deren Gründen nicht befassen konnten, genügt dieser Hinweis nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung (Beschluß des BVerwG vom 16. November 1961 IV ER 403/61, BVerwGE 13, 181; BFH-Beschluß vom 8. März 1967 I R 185/66, BFHE 88, 230, BStBl III 1967, 342).

Des weiteren enthält die Revisionsbegründung Ausführungen tatsächlicher Art, wozu keine Feststellungen des FG vorliegen. Hier hätte es entsprechender Verfahrensrügen bedurft, um auf vom FG nicht gewürdigte Tatsachen aufmerksam zu machen, z. B. es lägen Mängel bei der Aufklärung des Sachverhalts (§ 76 FGO) vor, es seien Beweisanträge übergangen worden oder die Beweiswürdigung sei unvollständig (§ 96 FGO). Solche Rügen sind aber vom HZA nicht erhoben worden. Da die Revision somit nicht in der gesetzlichen Form begründet war, war sie mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 2 FGO durch Beschluß als unzulässig zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 FGO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 71106

BStBl II 1975, 609

BFHE 1975, 180

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