Entscheidungsstichwort (Thema)

(Haftung für Erbschaftsteuerschulden nach § 20 Abs. 6 Satz 2 ErbStG 1974)

 

Leitsatz (amtlich)

Es ist nicht klärungsbedürftig und daher nicht von grundsätzlicher Bedeutung, daß der Erlös aus der Veräußerung des Erbteils nicht als "Vermögen des Erblassers" i.S. der Haftungsvorschrift des § 20 Abs.6 Satz 2 ErbStG 1974 anzusehen ist.

 

Normenkette

ErbStG 1974 § 20 Abs. 6 S. 2; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

FG Münster (Entscheidung vom 13.12.1990; Aktenzeichen 3 K 2585/88 Erb)

 

Tatbestand

I. Der im Jahre 1981 verstorbene Erblasser wurde u.a. von seiner in der Schweiz wohnhaften Tochter Frau B zu einem Anteil von 1/14 beerbt.

Mit notariellem Vertrag vom 5.Juni 1984, den der Kläger und Beschwerdegegner (Kläger) als Notar beurkundete, übertrug Frau B ihren Erbanteil am Nachlaß ihres Vaters, zu dem u.a. ein Kommanditanteil gehörte, gegen Zahlung eines Betrages von 250 000 DM an drei andere Miterben. Die Gegenleistung von 250 000 DM zahlten die Erwerber vereinbarungsgemäß auf ein Notaranderkonto des Klägers ein, der den gesamten Betrag sodann auf Anordnung von Frau B auf deren Bankkonto in der Schweiz überwies.

Mit Bescheid vom 16.Dezember 1985 setzte der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) gegen Frau B Erbschaftsteuer in Höhe von 8 800 DM fest.

Nachdem dieser Betrag bei Frau B nicht beigetrieben werden konnte, nahm das FA mit Bescheid vom 3.Dezember 1987 den Kläger für den Steuerbetrag in Höhe von 8 800 DM als Haftungsschuldner in Anspruch. Zur Begründung führte das FA an, daß der Kläger vor der Überweisung des Kaufpreises von 250 000 DM auf das in der Schweiz unterhaltene Bankkonto der Frau B eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des FA nicht angefordert habe und deshalb fahrlässig Nachlaßvermögen, das er in Gewahrsam gehabt habe, einem außerhalb des Geltungsbereichs des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) 1974 wohnhaften Berechtigten zur Verfügung gestellt habe.

Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage, mit der der Kläger die Aufhebung des Haftungsbescheids begehrte, gab das Finanzgericht (FG) mit seinem in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1991, 547 veröffentlichten Urteil statt.

Mit der Beschwerde begehrt das FA die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache.

Der Kläger beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

Gemäß § 115 Abs.2 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Grundsätzliche Bedeutung haben nur solche Rechtsfragen, deren Klärung für die Fortbildung und einheitliche Anwendung des Rechts wesentlich ist (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2.Aufl., § 115 Rdnr.7, m.w.N.). An der erforderlichen Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn sich die streitige Rechtsfrage ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten läßt (vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17.September 1974 VII B 112/73, BFHE 113, 409, BStBl II 1975, 196, und vom 26.Januar 1978 V B 15/77, BFHE 124, 264, BStBl II 1978, 394).

Letzteres ist im vorliegenden Streitfall zu bejahen. Die vom FA aufgeworfene Rechtsfrage ist eindeutig so zu beantworten, wie sie das FG beantwortet hat. Dabei kann der Senat offenlassen, ob unter den Begriff "Vermögen des Erblassers" i.S. des § 20 Abs.6 Satz 2 ErbStG 1974 nur das "originäre" Erblasservermögen fällt, d.h. solches Vermögen, das in seiner konkreten Form schon der Erblasser innehatte, oder ob darunter auch --wie das FA gemeint hat-- "Vermögenssurrogate" zu verstehen sind. Denn bei dem im vorliegenden Fall in Rede stehenden Kaufpreis für die entgeltliche Übertragung des Erbteils (Gesamthandanteils) der Frau B auf einen Teil der übrigen Miterben (vgl. §§ 2371, 2033 Abs.1 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--) handelt es sich unzweifelhaft nicht um ein (seinerseits in den Nachlaß fallendes) Surrogat (vgl. z.B. §§ 2041, 2374 BGB). Zu Recht ist das FG mithin davon ausgegangen, daß der Nachlaß durch die Überweisung des von den Erbteilserwerbern gezahlten Kaufpreises vom Anderkonto des Klägers auf das ausländische Bankkonto der Frau B nicht geschmälert werden konnte und sich im Streitfall daher die Anwendung des § 20 Abs.6 Satz 2 ErbStG 1974 sowohl von dessen Wortlaut als auch von dessen Sinn und Zweck her verbietet.

 

Fundstellen

Haufe-Index 63836

BFH/NV 1992, 23

BStBl II 1992, 348

BFHE 166, 302

BFHE 1992, 302

BB 1992, 488 (L)

DB 1992, 661 (L)

DStR 1992, 1319 (K)

DStZ 1992, 252 (KT)

HFR 1992, 243 (LT)

StE 1992, 154 (K)

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