Entscheidungsstichwort (Thema)

Frist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

 

Leitsatz (NV)

Das Versäumen der Frist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht entschuldbar, wenn der Prozessbevollmächtigte bei der Fristenkontrolle die Einlegungsfrist allein anhand des Eingangsstempels der Kanzlei berechnet, ohne zu prüfen, ob das Datum des Eingangsstempels mit dem auf dem Briefumschlag eingetragenen Zustellungsdatum übereinstimmt.

 

Normenkette

FGO § 116 Abs. 2 S. 1, § 56 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches FG (Urteil vom 27.03.2019; Aktenzeichen 5 K 131/18)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 27.03.2019 - 5 K 131/18 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

 

Gründe

Rz. 1

Die Beschwerde ist unzulässig; denn sie ist nicht innerhalb der dafür bestimmten Frist eingelegt worden und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden.

Rz. 2

1. Nach § 116 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Nichtzulassungsbeschwerde innerhalb eines Monats nach der Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof (BFH) einzulegen. Im Streitfall wurde das angefochtene Urteil dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) am 06.04.2019 (Samstag) durch Einlegen in den Briefkasten zugestellt; die Frist von einem Monat endete danach mit Ablauf des 06.05.2019 (§ 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 der Zivilprozessordnung --ZPO-- und §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Dass der Fristbeginn auf einen Sonntag fiel, ist unerheblich, denn das Gesetz sieht in § 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 222 Abs. 2 ZPO diesen Umstand lediglich für das Ende der Frist als bedeutsam an (vgl. nur BFH-Beschluss vom 30.11.2010 - IV B 39/10, BFH/NV 2011, 613, Rz 6). Da die Beschwerdeschrift jedoch erst am 07.05.2019 beim BFH eingegangen ist, ist die Einlegungsfrist nicht gewahrt worden.

Rz. 3

2. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO wegen der Versäumung der Einlegungsfrist scheidet aus.

Rz. 4

a) Nach § 56 Abs. 1 FGO kommt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur in Betracht, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Jedes Verschulden --also auch einfache Fahrlässigkeit-- schließt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Dabei muss sich der Beteiligte nach § 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO das Verschulden seines Bevollmächtigten wie eigenes Verschulden zurechnen lassen (vgl. nur Senatsbeschluss vom 08.01.2019 - IX R 8/17, BFH/NV 2019, 398, Rz 7 und 9).

Rz. 5

b) Im Streitfall kann dahinstehen, ob sich die Klägerin zu Recht auf ein sog. Büroversehen der ansonsten zuverlässigen Angestellten ihres Prozessbevollmächtigten beruft. Denn den Prozessbevollmächtigten selbst trifft ein eigenes Verschulden, das für das Versäumen der Einlegungsfrist ursächlich geworden ist.

Rz. 6

Das Versäumen der Einlegungsfrist durch den Prozessbevollmächtigten ist im Streitfall nicht entschuldbar, da er --bei der dargelegten "routinemäßigen Kontrolle der bei Datev eingetragenen Fristen" (Schriftsatz vom 27.05.2019, S. 3)-- die Einlegungsfrist fehlerhaft allein anhand des Eingangsstempels seiner Kanzlei berechnet hat (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom 06.05.1987 - II R 40/86, BFH/NV 1988, 444, unter 2., a.E., Rz 12; vom 15.07.2009 - II R 9/08, BFH/NV 2009, 1817, Rz 8; in BFH/NV 2011, 613, Rz 9). Es gehörte aber zu seinen Aufgaben, bei der Bearbeitung der Sache eigenständig den Ablauf der Frist zu prüfen. Dabei hätte er sich nicht auf den Eingangsstempel seiner Kanzlei verlassen dürfen, sondern hätte prüfen müssen, ob das Datum des Eingangsstempels (08.04.2019) mit dem von dem Postbediensteten auf dem Briefumschlag eingetragenen Zustellungsdatum (06.04.2019) übereinstimmt (s. BFH-Beschlüsse vom 16.01.2009 - VII R 31/08, BFH/NV 2009, 951, unter II., Rz 3; in BFH/NV 2011, 613, Rz 9). Bei Zustellung gegen Zustellungsurkunde ist der Umschlag mit dem Zustellungsvermerk aufzubewahren und dem Prozessbevollmächtigten im Zusammenhang mit der rechtzeitigen Wiedervorlage der Sache zur Prüfung der Frist vorzulegen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 1817, unter II.1.b bb, Rz 8; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 110 AO Rz 21). Dass der Briefumschlag als Zustellungsdatum den 06.04.2019 (Samstag) nennt, ergibt sich sowohl aus der Zustellungsurkunde als auch aus dem eigenen Vortrag des klägerischen Prozessbevollmächtigten.

Rz. 7

3. Von einer weiter gehenden Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.

Rz. 8

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 13594858

BFH/NV 2020, 211

DStR 2020, 12

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