Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache sowie zur Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs

 

Leitsatz (NV)

1. Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache genügt weder der Vortrag, daß eine höchstrichterliche Entscheidung nicht erkennbar sei, noch der Hinweis, die Finanzverwaltung gehe selbst von einem Musterprozeß aus. Erforderlich sind zumindest Ausführungen dazu, ob und aus welchen Gründen die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage umstritten ist.

2. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist dann nicht schlüssig gerügt, wenn der Sachzusammenhang, aus dem sich die Verletzung ergeben könnte, nicht eindeutig dargestellt und -- soweit möglich -- belegt wird.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 119 Nr. 3

 

Tatbestand

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erzielte im Streitjahr 1988 als Immobilienmakler Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er vereinnahmte von Mitbewerbern, die gegen Vorschriften des Wohnungsvermittlungsgesetzes verstoßen hatten, Vertragsstrafen. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) erfaßte diese als Betriebseinnahmen. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Mit der Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und wegen Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör. Er trägt im wesentlichen vor, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung, da nicht erkennbar sei, daß die Frage der steuerrechtlichen Einordnung von Vertragsstrafen höchstrichterlich bereits entschieden worden sei. Sollte dies so sein, sei eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Erlangung von Rechtssicherheit und -klarheit unumgänglich. Das Finanzgericht (FG) habe ihm eine Berufung auf Treu und Glauben verwehrt, da eine Stellungnahme oder Auskunft des FA, die Vertragsstrafen 1987 seien keine Betriebseinnahmen und somit steuerfrei, zu keinem Zeitpunkt erfolgt sei. Tatsächlich habe nicht er seine Ansicht zur Steuerfreiheit für 1987 dem FA mitgeteilt, sondern das FA habe diese steuerliche Einordnung für 1987 selbst vorgenommen und ihm auf der Basis dieser eigenen rechtlichen Einordnung für 1988 durch den zuständigen Sachbearbeiter die Auskunft erteilt, die Vertragsstrafe sei eine steuerfreie vertragliche Leistung. Da sein Sachvortrag nach seiner Erinnerung diesem tatsächlichen Sachverhalt entspreche, dieser jedoch der Entscheidung ersichtlich nicht zugrunde gelegt worden sei, liege hierin ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Gewährung rechtlichen Gehörs. Dies gelte insbesondere deshalb, da keine mündliche Verhandlung stattgefunden habe und da er auf den erheblichen Umstand der Auskunft nicht hingewiesen worden sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig, weil sie nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist einer Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beizumessen, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. Gräber /Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Rdnr. 7 m. w. N.). Die grundsätzliche Bedeutung muß dargelegt werden. Dafür reicht die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, nicht aus. Vielmehr muß der Beschwerdeführer konkret auf die Rechtsfrage und ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen (Gräber /Ruban, a. a. O., § 115 Rdnr. 61 m. w. N.). Der Kläger hat zwar eine Rechtsfrage herausgestellt; seinem Vorbringen läßt sich aber nicht entnehmen, weshalb diese Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig ist. Hierfür reicht der Vortrag, daß eine höchstrichterliche Entscheidung nicht erkennbar sei, ebensowenig aus wie der Hinweis, die Finanzverwaltung gehe selbst von einem Musterprozeß aus. Es fehlen insbesondere jegliche Ausführungen dazu, ob und aus welchen Gründen die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage umstritten ist.

2. Der Kläger hat auch die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht schlüssig gerügt. Es fehlt an der substantiierten Darlegung von Tatsachen, aus denen sich der gerügte Verfahrensmangel ergeben könnte. Der Kläger ist sich nicht einmal sicher, ob er den Sachverhalt betreffend die Auskunft des FA für 1988 dem FG in dieser Weise schriftsätzlich vorgetragen hat; er hat auch keine entsprechende Fundstelle angegeben. Damit ist nicht dargelegt, daß das FG einen bestimmten Sachvortrag nicht zur Kenntnis genommen hat. Auch hinsichtlich des Nichtstattfindens der mündlichen Verhandlung und des fehlenden Hinweises des FG auf den Gesichtspunkt der Auskunft in bezug auf Treu und Glauben sind keine Umstände vorgetragen, die auf eine Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör durch das FG schließen lassen könnten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420385

BFH/NV 1995, 531

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