Leitsatz (amtlich)

Der Erlaß eines Berichtigungsbeschlusses nach § 107 FGO eröffnet eine neue Rechtsmittelfrist hinsichtlich der berichtigten Entscheidung grundsätzlich nicht.

 

Normenkette

FGO §§ 107, 54

 

Tatbestand

Die Vorentscheidung, ein Beschluß vom 18. Dezember 1973, mit dem die Vorinstanz den Antrag der Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Beschwerdeführerin) auf Aussetzung der Vollziehung eines Haftungsbescheides für Umsatzsteuer 1970 abgelehnt hat, wurde dem Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin ausweislich des von ihm unterzeichneten Empfangsbekenntnisses am 21. Januar 1974 zugestellt. Da der Beschlußtenor keine Kostenentscheidung enthielt, erließ die Vorinstanz am 8. März 1974 einen Beschluß gemäß § 107 FGO, in dem die Entscheidungsformel des Beschlusses vom 18. Dezember 1973 dahin gehend "ergänzt" wurde, daß die Kosten des Verfahrens der Beschwerdeführerin auferlegt wurden. Dieser Beschluß wurde dem Bevollmächtigten am 26. März 1974 zugestellt, wobei der Beschluß vom 18. Dezember 1973, dessen Ausfertigung die Vorinstanz von dem Bevollmächtigten auf Anforderung zurückerhalten hatte, als Anlage beigefügt war.

Mit Schreiben vom 8. April 1974, eingegangen beim FG am 9. April 1974, legte der Bevollmächtigte gegen den Beschluß vom 18. Dezember 1973 Beschwerde ein. Mit Schreiben vom 26. April 1974 bat der Vorsitzende des erkennenden Senats den Bevollmächtigten im Hinblick darauf, daß der Beschluß der Vorinstanz vom 18. Dezember 1973 am 21. Januar 1974 zugestellt worden sei, um Stellungnahme zur Zulässigkeit der Beschwerde. In Beantwortung dieses Schreibens wies der Bevollmächtigte am 15. Mai 1974 darauf hin, daß der Beschluß vom 18. Dezember 1973 zusammen mit dem Berichtigungsbeschluß vom 8. März 1974 am 26. März 1974 zugestellt worden sei. Die frühere Zustellung am 21. Januar 1974 lasse sich an Hand seiner Unterlagen nicht feststellen, weshalb um Überlassung der Akten zur Einsichtnahme gebeten wurde. Die Geschäftsstelle des erkennenden Senats hat daraufhin dem Bevollmächtigten Photokopien des einschlägigen Akteninhalts übersandt.

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheides für Umsatzsteuer 1970 anzuordnen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

Der mit der Beschwerde angegriffene Beschluß des FG vom 18. Dezember 1973 ist dem Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin ausweislich des von diesem unterzeichneten Empfangsbekenntnisses am 21. Januar 1974 zugestellt worden. Die damit in Gang gesetzte Rechtsmittelfrist (zwei Wochen) endete am 4. Februar 1974 (§§ 129, 54 FGO i. V. m. § 222 ZPO, § 188 BGB). Die Beschwerde ist nicht bis zum Ablauf dieses Tages, sondern erst am 9. April 1974, also verspätet, beim FG eingegangen. Sie ist daher unzulässig.

Durch den Beschluß der Vorinstanz vom 8. März 1974 und dessen Zustellung ist hinsichtlich des hier angegriffenen Beschlusses vom 18. Dezember 1973 keine neue Rechtsmittelfrist in Gang gesetzt worden. Nach der Rechtsprechung des BGH zu § 319 ZPO (Urteil vom 20. Mai 1970 VIII ZR 256/68, Monatsschrift für Deutsches Recht 1970 S. 757 und Beschluß vom 1. März 1972 IV ZB 5/72, Versicherungsrecht 1972 S. 586) und des BVerwG zu § 118 der Verwaltungsgerichtsordnung (Beschluß vom 7. April 1966 IV B 165/65, Recht der Landwirtschaft 1966 S. 251), der sich der erkennende Senat hinsichtlich des gleichlautenden § 107 FGO anschließt, eröffnet ein Berichtigungsbeschluß eine neue Rechtsmittelfrist gegen die berichtigte Entscheidung nur dann, wenn die letztere nicht hinreichend klar genug gewesen ist, um die Grundlage für das weitere Verhalten der Partei und des Rechtsmittelgerichts zu bilden. Davon kann im Streitfall keine Rede sein, da durch den Berichtigungsbeschluß lediglich die Aufnahme der Kostenentscheidung in den Tenor des Beschlusses vom 18. Dezember 1973, die bei dessen Erlaß versehentlich unterblieben war, nachgeholt wurde. Da sich der Berichtigungsbeschluß vom 8. März 1974, entsprechend dem mit seinem Erlaß verfolgten Zweck, in eben dieser nachträglichen Aufnahme der Kostenentscheidung erschöpft, ist durch ihn eine sachliche Beschwer der Beschwerdeführerin über den Kostenpunkt hinaus nicht eingetreten. Das Rechtsmittel richtet sich auch ausschließlich gegen den Inhalt des Beschlusses vom 18. Dezember 1973, der mit dem Ablauf des 4. Februar 1974 unanfechtbar geworden ist.

Die mithin verspätet eingelegte Beschwerde war daher als unzulässig zu verwerfen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 70680

BStBl II 1974, 760

BFHE 1975, 179

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