Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen der Berichtigung des Vorsteuerabzuges gemäß § 15a UStG 1973/1980 bei einem Wechsel der Besteuerungsform.

 

Orientierungssatz

Aussetzung der Vollziehung eines Umsatzsteuerbescheids, weil zweifelhaft ist, ob durch einen Wechsel von der Regelbesteuerung zu der Besteuerung nach § 24 UStG 1973/1980 eine Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse eintritt. Hier: Überführung von Wirtschaftsgütern aus dem gewerblichen Betriebsvermögen des Erblassers in das landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Betriebsvermögen des Erben.

 

Normenkette

UStG 1973 § 15a; UStG 1980 § 15a; UStG 1973 § 24; UStG 1980 § 24

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG (Entscheidung vom 27.03.1984; Aktenzeichen V 415/83 V)

 

Tatbestand

Der Antragsteller betreibt einen landwirtschaftlichen Betrieb, dessen Umsätze der Besteuerung nach § 24 UStG unterliegen. Er ist Erbe seines am 1.Juli 1977 verstorbenen Adoptivvaters, der einen Landhandel betrieben hatte. Diesen führt der Antragsteller seitdem fort.

Der Erblasser hatte dem Antragsteller eine 1974 errichtete Schweinemastanlage verpachtet und hierbei auf die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr.12 UStG verzichtet (§ 9 UStG). Nach dem Tode des Adoptivvaters behandelte der Antragsteller die Mastanlage als Teil seines landwirtschaftlichen Betriebes. Mit Wirkung vom 18.Dezember 1980 verpachtete er sie --ebenfalls unter Verzicht auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr.12 UStG-- an eine GmbH. Nach seinen Angaben gehört die Anlage seit dieser Zeit infolge einer Betriebsaufspaltung zu seinem gewerblichen Betriebsvermögen.

Ende 1977 errichtete der Antragsteller im Rahmen des ererbten Landhandels eine Bullenmastanlage; diese hat er an seine Ehefrau unter Verzicht auf die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr.12 UStG verpachtet. Die auf die Errichtung der Anlage entfallenden Vorsteuerbeträge zog er in vollem Umfang ab. Seit dem 1.November 1980 behandelt er diese Mastanlage als Teil seines landwirtschaftlichen Betriebes.

Aufgrund einer Außenprüfung berichtigte das Finanzamt den Vorsteuerabzug gemäß § 15a UStG hinsichtlich der Schweinemastanlage für die Jahre 1978 und 1981 und hinsichtlich der Bullenmast für die Jahre 1980 und 1981 mit der Begründung, mit der Überführung dieser Anlagen in den landwirtschaftlichen Betrieb hätten sich die für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse im Sinne dieser Bestimmung geändert, so daß der Vorsteuerabzug zeitanteilig rückgängig zu machen sei.

Der Antragsteller hat beim Finanzgericht die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Steuerbescheide beantragt.

Das Finanzgericht hat antragsgemäß die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 1978 bis 1981 ausgesetzt und die Beschwerde gegen seine Entscheidung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zugelassen (UR 1985, 122).

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde des Finanzamts ist unbegründet.

Die Aussetzung der Vollziehung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen (§ 69 Abs.2 Satz 1 und Abs.3 Satz 1 FGO). Solche Zweifel sind gegeben, weil es sich um eine schwierige, vom Bundesfinanzhof noch nicht entschiedene Rechtsfrage handelt, zu der in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden und das Finanzamt selbst beim Erlaß des Verwaltungsaktes von der in der Dienstanweisung seiner obersten Dienstbehörde vorgegebenen Rechtsauffassung (Tz.23 des BMF-Schreibens vom 12.Juli 1976, BStBl I 1976, 392) abgewichen ist. Eine eingehende Prüfung der Rechtsfrage kann erst im Verfahren über die Hauptsache erfolgen; zuvor kann nicht davon ausgegangen werden, daß die Klage in der Hauptsache keine oder allenfalls vage Erfolgsaussichten hätte.

Nach § 15a Abs.1 UStG 1973 wie auch nach § 15a Abs.1 UStG 1980 ist Voraussetzung eines durch Berichtigung des Vorsteuerabzugs vorzunehmenden Ausgleichs eine Änderung der Verhältnisse, die bei einem Wirtschaftsgut im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren. Die Vorschrift des § 15a UStG verdankt ihr Entstehen dem Umstand, daß § 15 UStG den sofortigen Vorsteuerabzug erlaubt und den Abzug bei im Unternehmen verwendeten Investitionsgütern nicht auf die Jahre der Verwendung verteilt (Abzug pro rata temporis). Der Vorschrift liegt somit der Gedanke zugrunde, den vollzogenen Vorsteuerabzug zu korrigieren, wenn die Verwendung des Wirtschaftsguts in den folgenden Kalenderjahren zu einer anderen Beurteilung des Vorsteuerabzugs führt als im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung.

Es bedarf daher der Entscheidung, ob, wie das Finanzgericht meint, die Frage der Korrektur des im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung maßgebenden Vorsteuerabzugs nur im Hinblick auf die Merkmale zu beantworten ist, die nach § 15 UStG für einen Abzug, Nichtabzug oder Teilabzug maßgebend sind, oder ob auch andere Merkmale des Gesetzes, die den Vorsteuerabzug beeinflussen, zu berücksichtigen sind.

Bei der Besteuerung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe nach Durchschnittssätzen gemäß § 24 UStG werden die abziehbaren Vorsteuerbeträge, welche Anschaffungen der hier fraglichen Art berücksichtigen, pauschal festgesetzt. Daher stellt sich die Frage, ob dieser Umstand eine Änderung der Verhältnisse hinsichtlich des Vorsteuerabzugs im Sinn von § 15a UStG bei einem Wechsel der Besteuerung zu § 24 UStG oder von § 24 UStG ausschließt oder ob eine Änderung der Verhältnisse deswegen gegeben ist, weil der Unternehmer aufgrund der gleichbleibenden Pauschbeträge entweder einen zu hohen oder zu niedrigen Vorsteuerabzug erhalten hat. Diese Frage stellt sich auch dann, wenn der Erblasser zum Vorsteuerabzug nach § 15 UStG berechtigt war und das Wirtschaftsgut beim Erben im Rahmen eines der Besteuerung gemäß § 24 UStG unterliegenden Betriebes Verwendung findet.

 

Fundstellen

Haufe-Index 61041

BFHE 144, 79

BFHE 1986, 79

BB 1985, 1776-1777 (ST)

DB 1985, 2131-2131 (ST)

DStR 1985, 547-547 (ST)

HFR 1985, 478-479 (ST)

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