Entscheidungsstichwort (Thema)

Für Angehörige getragene Ausbildungskosten; übergangener Beweisantrag

 

Leitsatz (NV)

1. Ob ein Zulassungsgrund i. S. des §115 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Nr. 2 FGO vorliegt, richtet sich nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung.

2. Die Frage, ob Aufwendungen für die Berufsausbildung eines Angehörigen (hier des Schwiegersohns) des Steuerpflichtigen als Betriebsausgaben abgezogen werden können, ist i. d. R. nicht mehr von grundsätzlicher Bedeutung (s. BFH-Urteil vom 29. Oktober 1997 X R 129/94, BFHE 184, 369, BStBl II 1998, 149).

3. Im finanzgerichtlichen Verfahren kann ein Verfahrensmangel im Übergehen eines Beweisantrags nur gesehen werden, wenn dieser das Beweisthema wenigstens so weit konkretisiert, daß das FG in die Lage versetzt wird, sich eine eigene (vorläufige) Meinung über die Brauchbarkeit des Beweismittels zu bilden. In verstärktem Maß gilt dies, wenn es um die Ermittlung "innerer Tatsachen" (aus der Sphäre des rechtsuchenden Steuerpflichtigen) geht.

4. Der Rechtsgedanke des §126 Abs. 4 FGO gilt i. d. R. auch im Zulassungsverfahren.

 

Normenkette

FGO § 73 Abs. 1 S. 1, § 76 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, Abs. 3 S. 3, § 126 Abs. 4; EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1

 

Gründe

Die in entsprechender Anwendung des §73 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Beschwerden sind unbegründet -- teils, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht gegeben, teils, weil sie "in der Beschwerdeschrift" bzw. sonst innerhalb der Beschwerdefrist (§115 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 FGO; s. dazu Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, §115 Rz. 51, 55 und 60, m. w. N.) nicht in der erforderlichen Weise dargelegt worden sind.

1. Die Rechtsfrage, "ob Lohnkosten sowie Aufwendungen für den Besuch einer Meisterschule durch einen Angehörigen (hier Schwiegersohn) des Unternehmers ... als Betriebsausgaben abzugsfähig sind", ist nach dem BFH-Urteil vom 29. Oktober 1997 X R 129/94 grundsätzlich als nicht mehr klärungsbedürftig i. S. des §115 Abs. 2 Nr. 1 FGO anzusehen (s. dazu Gräber, a.a.O., Rz. 7 ff.). Danach ist es allenfalls in einem nachweisbar ganz besonders gelagerten Ausnahmefall denkbar, daß ein Aufwand, der typischerweise zu den Lebenshaltungskosten (§12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes -- EStG --) gehört, nach §4 Abs. 4 EStG abgezogen werden kann.

An dieser nunmehr klargestellten (zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt in diesem Zusammenhang s. Gräber, a.a.O., Rz. 6 und 68, m. w. N.) Ausgangslage ändert auch der Umstand nichts, daß im Streitfall nicht die Unternehmensnachfolge, sondern eine Geschäftsführertätigkeit im umstrukturierten Betrieb in Frage steht. Da durch die zitierte Senatsentscheidung auch geklärt ist, daß vertraglich vereinbarten Rückzahlungsklauseln allenfalls Indizwirkung beizumessen ist, bleibt in diesem Problembereich im allgemeinen nur Raum für einzelfallbezogene, von tatrichterlicher Würdigung geprägte Entscheidungen, denen für das Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts keine Aussagekraft beigemessen werden kann (vgl. dazu auch Senats-Urteil vom 26. Juni 1996 X R 155/94, BFH/NV 1997, 182, 183, m. w. N.). Beschwerdebegründung und Urteil des Finanzgerichts (FG) geben keinen Anhaltspunkt dafür, daß eine höchstrichterliche Entscheidung im Streitfall zu grundsätzlich anderen Erkenntnissen führen könnte.

2. Die gerügten Verfahrensmängel können den Beschwerden ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen:

a) Die Beschwerdebegründung ist nicht geeignet, die Ausführungen des angefochtenen Urteils zur Entbehrlichkeit der in der mündlichen Verhandlung beantragten Zeugenvernehmungen zu erschüttern. Dabei kann dahingestellt bleiben, inwieweit die im Zivilprozeß entwickelten Regeln zur Behandlung des Ausforschungsbeweises (s. Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, 15. Aufl. 1993, §118 II; Zöller, Zivilprozeßordnung, 20. Aufl. 1997, Vor §284 Rz. 5 ff., m. w. N.) auch im finanzgerichtlichen Verfahren Geltung beanspruchen können (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 26. Februar 1975 II R 120/73, BFHE 115, 185, BStBl II 1975, 489, zu II. 1. c dd und d). Ein Verfahrensmangel i. S. des §115 Abs. 2 Nr. 3 FGO jedenfalls kann im Übergehen eines Beweisantrages nur gesehen werden, wenn dieser das Beweisthema wenigstens so weit konkretisiert, daß das FG in die Lage versetzt wird, sich eine (vorläufige) Meinung zur Brauchbarkeit des Beweismittels zu bilden. Das gilt in verstärktem Maße dann, wenn -- wie hier -- über Tatsachen zu urteilen ist, die letztlich nur der Rechtsuchende kennt, weil es sich im Kern um innere Tatsachen handelt und deren Aufklärung daher in besonderem Maße von seiner Mitwirkung abhängt (vgl. zu den verstärkten Nachweis- und Mitwirkungspflichten bei Angehörigenverträgen u. a. BFH-Beschluß vom 27. November 1989 GrS 1/88, BFHE 158, 563, BStBl II 1990, 160, unter C. III. 3.; Senats-Urteile vom 14. Dezember 1994 X R 215/93, BFH/NV 1995, 671, 672, sowie vom 29. Oktober 1997 X R 129/94, s. Anl. S. 5/6, m. w. N., auch zur prinzipiellen Bestätigung dieser Rechtsprechung durch die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts -- BVerfG -- zum "Oder-Konto"). Diesem Bestimmtheitserfordernis genügen die erstmals in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge nicht, weil sie nur schlagwortartig einen Komplex umschreiben, der sich in Wirklichkeit aus einer Fülle von Einzeltatsachen zusammensetzt, außerdem zum Teil in den Bereich der Denkgesetze und Erfahrungssätze (zu deren Bedeutung in diesem Zusammenhang Gräber, a.a.O., Rz. 29, m. w. N.), zum Teil in den der rechtlichen Würdigung hineinreicht. Dies wird durch die in der Beschwerdebegründung "nachgeschobene" Beschreibung des "Beweisthemas" nur verdeutlicht.

b) Im übrigen wären die mit der Beschwerde gerügten Verfahrensverstöße, selbst wenn die Voraussetzungen des §115 Abs. 2 Nr. 3 und des §115 Abs. 3 Satz 3 FGO erfüllt wären, unbeachtlich, weil angesichts des vom FG unstreitig festgestellten Sachverhalts einerseits und der strengen Anforderungen, die nach dem Senatsurteil vom 29. Oktober 1997 X R 129/94 (a.a.O., s. unter II. 1.) in Fällen der streitigen Art an den Fremdvergleich zu stellen sind, andererseits, mit einem anderen sachlichen Ergebnis nicht zu rechnen wäre (s. zur entsprechenden Anwendung des §126 Abs. 4 FGO bei der Nichtzulassungsbeschwerde Gräber, a.a.O., Rz. 35).

3. Im übrigen ergeht der Beschluß nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 67226

BFH/NV 1998, 968

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