Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Verlängerung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde; Anforderungen an die Darlegungen der grundsätzlichen Bedeutung; Wohnung eines Land- und Forstwirts als notwendiges Betriebsvermögen

 

Leitsatz (NV)

1. Die Monatsfrist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht verlängerbar.

2. Auch wenn in der Beschwerdeschrift allgemein ausgeführt ist, daß das Abgabenrecht besonders grobe Fehlentwicklungen und -wirkungen (insbesondere durch die Subventionierung der Landwirtschaft) aufweist und deshalb das Gesetz rückwirkend angepaßt werden muß, ist damit eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht dargelegt, wenn vor dem FG streitig war, ob das Wohngebäude eines Landwirts zum Betriebsvermögen gehörte.

3. Im Jahr 1984 war das Wohngebäude eines Landwirts grundsätzlich ein möglicher Gegenstand des Betriebsvermögens.

 

Normenkette

EStG § 13 Abs. 2 Nr. 2; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Sätze 1, 3

 

Verfahrensgang

FG Baden-Württemberg

 

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

Die Beschwerdeschrift vom 29. Dezember 1993 entspricht nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

1. Soweit die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) darin beantragen, das Verfahren zunächst ruhen zu lassen, sofern dies rechtlich möglich sei, um mit Hilfe von drei namhaften Professoren des Staats- und Steuerrechts die Beschwerde fundiert zu begründen, berücksichtigen die Kläger nicht, daß die Nichtzulassungsbeschwerde bis zum Ende der Beschwerdefrist begründet werden muß (§ 115 Abs. 3 Satz 1 und 3 FGO). Zwar muß die Begründung nicht in der Beschwerdeschrift erfolgen, sondern kann auch getrennt davon in einem eigenen Schriftsatz gegeben werden; das ändert aber nichts daran, daß die Frist von einem Monat (§ 115 Abs. 3 Satz 1 FGO) für die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht verlängert werden kann (Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 16. Mai 1989 IV B 53/89, BFH/NV 1990, 244). Dem Antrag der Kläger konnte daher nicht stattgegeben werden. Da das Urteil des Finanzgerichts (FG) dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger am 6. Dezember 1993 zugestellt worden war, lief die Monatsfrist des § 115 Abs. 3 Satz 1 FGO wegen des gesetzlichen Feiertages erst am Freitag, dem 7. Januar 1994, mit der Folge ab (§ 54 FGO i. V. m. § 222 Abs. 1 und 2 der Zivilprozeßordnung und § 187 Abs. 1 sowie § 188 Abs. 2 und § 193 des Bürgerlichen Gesetzbuches), daß die nach diesem Zeitpunkt eingereichten Schriftsätze sowie die eingereichten Anlagen mit den Gedanken und Darstellungen des Prozeßbevollmächtigten zur Zielfunktionstheorie, zur Schaffung eines neuen Systems der öffentlichen Abgaben und einer neuen Theorie zur Anwendung des Gleichheitssatzes im Steuerrecht nicht mehr berücksichtigt werden können. Außerdem haben diese Darstellungen bereits dem FG vorgelegen.

2. Im übrigen läßt die vorsorglich in der Beschwerdeschrift gegebene Begründung nicht wie erforderlich (vgl. BFH-Beschluß vom 15. Oktober 1986 II B 142/86, BFH/NV 1988, 304) erkennen, auf welchen der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Zulassungsgründe die Kläger sich berufen. Weder haben sie deutlich gemacht, daß das Urteil des FG auf einem von diesem begangenen Verfahrensfehler i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO beruhen könnte, noch worin der Verfahrensfehler liegen solle. Auch haben die Kläger keine Entscheidung des BFH oder des Bundesverfassungsgerichts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) bezeichnet, von der das FG abgewichen sein soll. Schließlich haben die Kläger nicht dargelegt, worin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zu sehen sein soll. Ihr Prozeßbevollmächtigter hat sich vielmehr auf die Angabe beschränkt, daß es nach der sog. Zielfunktionstheorie einfacher werde, große und wegen der damit verbundenen Ungerechtigkeiten nicht hinnehmbare Systembrüche bzw. Konflikte klarer herauszustellen. Doch hat er damit eine konkrete Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, die im Rahmen einer Revisionsentscheidung geklärt werden sollte und könnte, nicht dargelegt. Auch wenn man mit der Beschwerde davon ausgeht, daß der Gesetzgeber sich im Abgabenrecht in einem System von überschaubaren Zwecksetzungen bewegen muß und bei besonders groben Fehlentwicklungen und -wirkungen (wie z. B. der Subventionierung der Landwirtschaft zur Sozialisierung des Eigentums) das Gesetz rückwirkend angepaßt bzw. progressiv ausgelegt werden muß, so ist damit nicht dargetan, welcher Systembruch hier vorliegen soll. Insbesondere haben die Kläger in der Beschwerdeschrift nicht einmal behauptet, geschweige denn dargelegt, daß die Besteuerung des Nutzungswertes der Wohnung eines Landwirts und die Behandlung des Wohngebäudes als Betriebsvermögen einen solchen Systembruch darstelle. In der Beschwerdeschrift haben sie auch nicht geltend gemacht, daß verfassungsrechtliche Zweifel an den vom FG herangezogenen Vorschriften bestünden.

Im übrigen bemerkt der Senat, daß sich das angegriffene Urteil des FG in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats befindet, nach der das Wohngebäude eines Land- und Forstwirts grundsätzlich zum notwendigen Betriebsvermögen gehört (BFH-Urteile vom 19. Februar 1987 IV R 175/85, BFHE 149, 196, BStBl II 1987, 430; vom 13. September 1990 IV R 101/89, BFHE 162, 274, BStBl II 1991, 79, und vom 6. Dezember 1990 IV R 124/89, BFH/NV 1993, 289). Ob der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) und das FG diese Rechtsprechung hier zutreffend angewandt haben, ist unerheblich.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420435

BFH/NV 1995, 678

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