Entscheidungsstichwort (Thema)

Nach Ergehen eines Änderungsbescheids kein Vorrang des Hauptsacheverfahrens vor dem Einspruchsverfahren, wenn Rechtsmittel unzulässig

 

Leitsatz (NV)

  1. Ergeht in einem Verfahren über die Nichtzulassung der Revision ein Änderungsbescheid und wird dieser nach § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens erklärt sowie mit dem Einspruch angefochten, hat grundsätzlich das Verfahren über die Nichtzulassung der Revision Vorrang vor dem Einspruchsverfahren (vgl. BFH-Beschlüsse vom 19. Juli 1996 I B 110/95, BFH/NV 1997, 27; vom 11. Oktober 1997 VIII B 101/96, BFH/NV 1998, 452).
  2. Das gilt aber nicht, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig ist (vgl. BFH-Beschluss vom 16. Juni 1999 I B 165/98, BFH/NV 1999, 1611; BFH-Urteil vom 4. September 1997 IV R 27/96, BFHE 184, 393, BStBl II 1998, 286).
 

Normenkette

FGO §§ 68, 115 Abs. 2; AO 1977 § 347

 

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde in Sachen Umsatzsteuer ist als unzulässig zu verwerfen. In Sachen Einkommensteuer ist das Verfahren abzutrennen (§ 73 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) und nach § 74 FGO auszusetzen, bis über den Einspruch des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) gegen den Änderungsbescheid vom 27. Juni 2000 entschieden ist.

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde in Sachen Umsatzsteuer ist unzulässig, weil ihre Begründung nicht den von § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO gestellten Anforderungen entspricht.

a) Soweit der Kläger die Rechtswidrigkeit der Vorentscheidung rügt, ist die Nichtzulassungsbeschwerde schon deswegen unzulässig, weil die in § 115 Abs. 2 FGO genannten Zulassungsgründe abschließend sind und die Rechtswidrigkeit des Urteils des Finanzgerichts (FG) nicht dazu gehört.

b) Die Rüge, das FG habe seiner Aufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) nicht entsprochen, weil es dem Antrag des Klägers auf Parteivernehmung nicht stattgegeben habe, erfüllt nicht die Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Verfahrensrüge. Dazu gehört u.a. die genaue Bezeichnung des Sitzungsprotokolls oder des Schriftsatzes mit Datum und Seitenzahl, in dem der Kläger seine Parteivernehmung beantragt hat. Zudem ist im Hinblick auf § 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozeßordnung (ZPO) vorzutragen, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises gerügt worden sei (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 120 Rdnr. 40, m.w.N.). Da ein Verfahrensfehler nur dann zur Revisionszulassung führen kann, wenn das Urteil darauf beruht (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), hätte ferner dargelegt werden müssen, aus welchen Gründen eine Parteieinvernahme, anders als das bloße Parteivorbringen, zu einer anderen Entscheidung geführt hätte.

Im Übrigen ergeht die Entscheidung nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne weitere Begründung.

2. Auf Schreiben der Vorsitzenden des Senats hat der Kläger den Einkommensteueränderungsbescheid vom 27. Juni 2000 fristgerecht zum Gegenstand des Verfahrens erklärt. Anschließend hat er "vorsorglich" gegen diesen Bescheid Einspruch eingelegt. Nach den Beschlüssen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19. Juli 1996 I B 110/95 (BFH/NV 1997, 27) und vom 11. Oktober 1997 VIII B 101/96 (BFH/NV 1998, 452) hat das Verfahren über die Nichtzulassung der Beschwerde zwar grundsätzlich Vorrang vor dem Einspruchsverfahren. Dies gilt aber nicht, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig ist (vgl. ähnlich BFH-Beschluss vom 16. Juni 1999 I B 165/98, BFH/NV 1999, 1611; vgl. auch BFH-Urteil vom 4. September 1997 IV R 27/96, BFHE 184, 393, BStBl II 1998, 286). In diesem Fall geht das "vorsorglich" angestrebte Einspruchsverfahren vor, weil es im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde ―anders als im Einspruchsverfahren― zu keiner Sachentscheidung kommen kann.

Wegen der Unzulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde in Sachen Einkommensteuer gelten die Ausführungen zu 1. entsprechend.

 

Fundstellen

Haufe-Index 447538

BFH/NV 2001, 322

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