Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Umfang einer Vollmacht im Steuerverfahren

 

Leitsatz (NV)

Erteilt der Steuerpflichtige eine allgemeine Vollmacht, so schließt diese in aller Regel eine Empfangsvollmacht ein, es sei denn der Bevollmächtigte weist eindeutig darauf hin, dass er zwar Namens und in Vollmacht des Steuerpflichtigen zur Sache Stellung nehme, nicht aber bevollmächtigt ist, die in diesem Zusammenhang etwa ergehenden Steuerbescheide in Empfang zu nehmen.

 

Normenkette

AO 1977 § 123

 

Verfahrensgang

FG Münster (Urteil vom 05.02.2004; Aktenzeichen 8 K 2411/03 E)

 

Gründe

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist unzulässig.

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat weder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache noch die Erforderlichkeit einer Entscheidung des Senats zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung in einer den Anforderungen der §§ 115 Abs. 2, 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügenden Weise dargelegt.

1. Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO setzt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage voraus, deren Klärung im Interesse der Allgemeinheit erforderlich und die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärungsfähig ist (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. Oktober 2001 III B 65/01, BFH/NV 2002, 217).

a) In ihrer Beschwerdebegründung wendet sich die Klägerin jedoch nach Art einer Revisionsbegründung gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung und der vom Finanzgericht (FG) vorgenommenen Einzelfallwürdigung. Damit wird aber nicht der Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO dargetan (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschluss des BFH vom 15. Juni 2004 VI B 220/00, BFH/NV 2004, 1419, zu Nr. 4, m.w.N.). Die Klägerin hat insoweit lediglich vorgetragen, dem Fall komme grundsätzliche Bedeutung zu, und damit nur ihr Interesse an der Klärung ihres Einzelfalls kundgetan, ohne eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung zu formulieren, die im Streitfall klärungsbedürftig und klärungsfähig wäre.

b) Selbst wenn man den Vortrag der Klägerin, der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) dürfe, nachdem er ständig Bescheide ihrer Mutter als Empfangsbevollmächtigter zugestellt habe, nicht "willkürlich die Bekanntgabeform wechseln", als Frage von grundsätzlicher Bedeutung ansehen wollte, wäre die Beschwerde insoweit aber unbegründet. Diese Frage wäre im Streitfall nicht klärungsfähig. Denn nach den Feststellungen des FG war der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zuvor im Rahmen der Vermögensteuerveranlagung der Klägerin von dieser ausdrücklich als Empfangsbevollmächtigter angegeben worden. Er hatte sich überdies in dem den angefochtenen Bescheiden vorangegangenen Schriftverkehr als Bevollmächtigter der Klägerin bestellt. Wird jedoch eine solche allgemeine Vollmacht erteilt, so schließt diese in aller Regel eine Empfangsvollmacht ein (vgl. Kühn/Hofmann, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Nebengesetze, 17. Aufl., § 123 AO Anm. 2; Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, 2004, § 123 Rz. 8). Hiervon konnte auch das FA ohne weiteres ausgehen. Jedenfalls hätte für den Prozessbevollmächtigten der Klägerin unter diesen Umständen Anlass bestanden, eindeutig darauf hinzuweisen, dass er zwar Namens und in Vollmacht der Klägerin zu den Vorgängen in Bezug auf die Grundstücksveräußerungen Stellung nehme, nicht aber bevollmächtigt sei, die in diesem Zusammenhang etwa ergehenden Einkommensteuerbescheide in Empfang zu nehmen.

2. Auch die Ausführungen zum Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) entsprechen nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.

Zur Darlegung dieses, der früheren Divergenzrüge entsprechenden Zulassungsgrundes, wäre es auch nach der Neufassung der Vorschriften über die Revisionszulassung durch das Zweite Gesetz zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757, BStBl I 2000, 1567) erforderlich gewesen, dass das Urteil, von dem die Vorinstanz abgewichen sein soll, und der Rechtssatz, den sie falsch ausgelegt oder angewandt haben soll, bezeichnet werden (Senatsbeschluss vom 9. Juli 2002 IV B 160/01, BFH/NV 2002, 1563). Die Klägerin hat es jedoch versäumt, divergierende abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil zu bezeichnen. Sie hat zwar auf das Urteil des BFH vom 3. Februar 2004 VII R 30/02 (BFHE 204, 403, BStBl II 2004, 439) hingewiesen, daraus aber keine abstrakten Rechtssätze abgeleitet, sondern nur beanstandet, dass die Vorentscheidung "nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes" stehe. Eine ordnungsgemäße Divergenzrüge hätte jedoch erfordert, dass abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und dem genannten Urteil des BFH andererseits herausgearbeitet und einander gegenübergestellt worden wären, so dass die behauptete Abweichung erkennbar gewesen wäre (s. aus der neueren Rechtsprechung den BFH-Beschluss vom 8. März 2004 VII B 334/03, BFH/NV 2004, 974).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1455529

BFH/NV 2006, 234

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