Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzureichende Darlegung eines Verfahrensmangels und der grundsätzlichen Bedeutung im NZB-Verfahren

 

Leitsatz (NV)

  1. Für eine hinreichende Bezeichnung einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist erforderlich, dass der Beschwerdeführer schlüssig darlegt, welches konkrete klägerische Vorbringen vom FG nicht zur Kenntnis genommen worden sein soll.
  2. Zur schlüssigen Bezeichnung der Rüge der Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes wegen Nichterhebung von Beweisen ist darzulegen, weshalb der Beschwerdeführer nicht von sich aus im Verfahren vor dem FG einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat.
  3. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage, ob die Pflicht des Finanzamts zur Ermittlung der Anschrift des Steuerpflichtigen herabzustufen sei, wenn dessen Aufenthaltsort unbekannt sei, ist nur dann schlüssig dargelegt, wenn sich der Beschwerdeführer mit der hierzu bereits ergangenen Rechtsprechung des BFH auseinander setzt.
 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 3, 1, Abs. 3 S. 3

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 07.02.2002; Aktenzeichen 2 BvR 1975/00)

 

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig, da ihre Begründung nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht.

1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat einen Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nicht hinreichend bezeichnet.

a) Soweit der Kläger eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend macht und dies damit begründet, dass das Finanzgericht (FG) seine Ausführungen nicht zur Kenntnis genommen bzw. ignoriert habe, ist damit ein Verfahrensmangel nicht schlüssig dargetan. Hierzu hätte der Kläger anhand des Tatbestands und der Entscheidungsgründe sowie anhand seines schriftsätzlichen Vorbringens im erstinstanzlichen FG-Verfahren im Einzelnen darlegen müssen, welches ―entscheidungserhebliche― Vorbringen das FG nicht zur Kenntnis genommen hat (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 16. Oktober 1998 VI B 300/98, BFH/NV 1999, 503). Der Kläger hat aber weder anhand seines erstinstanzlichen Vorbringens noch anhand der Entscheidung des FG schlüssig abgeleitet, dass ein konkretes klägerisches Vorbringen vom FG nicht zur Kenntnis genommen worden sei. Statt dessen hat er in seiner Beschwerdebegründung lediglich ausgeführt, weshalb der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) seinen Wohnort hätte kennen müssen. Soweit er diesbezüglich auf die Entscheidung des FG Bezug nimmt und die Begründung des FG als "lapidar" bezeichnet, spricht dies dafür, dass das FG den Vortrag des Klägers durchaus zur Kenntnis genommen und sich mit ihm auseinander gesetzt hat.

b) Auch die sinngemäß erhobene Rüge der Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes wegen der Nichterhebung von Beweisen stellt keine hinreichende Bezeichnung eines Verfahrensmangels dar (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Soweit der Kläger den Verfahrensmangel damit begründet, dass das FG die Lebensgefährtin des Klägers als Zeugin hätte vernehmen müssen, legt der Kläger insbesondere nicht dar, weshalb er nicht von sich aus im erstinstanzlichen Verfahren einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat, obwohl er bereits im Verfahren vor dem FG anwaltlich vertreten war (vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 11. November 1999 VIII B 57/98, BFH/NV 2000, 585; Herrmann, Die Zulassung der Revision und die Nichtzulassungsbeschwerde im Steuerprozess, Rz. 228). Entsprechendes gilt für die vom Kläger ―unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör― gerügte unterbliebene Zeugenvernehmung der Sachbearbeiterin des FA.

2. Der Kläger hat keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache bezeichnet (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).

Macht ein Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache geltend (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), so ist erforderlich, dass er konkret auf die zu entscheidende Rechtsfrage, ihre Bedeutung für die Allgemeinheit sowie insbesondere auf ihre Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit eingeht (vgl. BFH-Beschluss vom 24. Februar 1999 VIII B 50/98, BFH/NV 1999, 1220). Ist die Rechtsfrage vom BFH bereits entschieden worden, so ist zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit eine Auseinandersetzung mit der bisherigen Rechtsprechung zu dem betreffenden Problemkreis erforderlich und die Frage zu erörtern, ob durch diese Rechtsprechung die vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Fragen bereits als geklärt anzusehen sind (vgl. BFH-Beschlüsse vom 23. November 1994 II B 111/93, BFH/NV 1995, 624; vom 17. Juni 1992 II B 183/91, BFH/NV 1993, 179).

Die Beschwerdebegründung erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Der Kläger hat zur Begründung des allgemeinen Interesses lediglich behauptet, die Rechtsfrage, ob die Pflicht der Finanzbehörde zur Ermittlung der Postanschrift eines Steuerpflichtigen bei unbekanntem Aufenthaltsort des Steuerpflichtigen herabzustufen sei, habe grundsätzliche Bedeutung. Hieraus ergibt sich nicht, warum die Bedeutung der streitigen Rechtsfrage über den konkreten Einzelfall hinausgehen könnte und weshalb es zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Fortentwicklung des Rechts einer Klärung dieser Rechtsfrage bedarf. Zudem hat sich der Kläger nicht mit der bisherigen ―die Rechtsfrage des Klägers betreffenden― Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 10. Dezember 1991 VII B 25/91, BFH/NV 1992, 610; BFH-Urteil vom 15. Januar 1991 VII R 86/89, BFH/NV 1992, 81) auseinander gesetzt.

Im Übrigen ergeht der Beschluss nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne weitere Begründung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 508893

BFH/NV 2000, 1492

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