Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Liebhaberei bei Vermietungsgesellschaft

 

Leitsatz (NV)

Bei der summarischen Beurteilung der Absicht einer Personengesellschaft, bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen, kann die Zeit nach ihrer Beendigung einzubeziehen sein, wenn die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag vereinbart haben, daß ihnen nach der Auflösung der Gesellschaft ein bestimmter Teil des Grundstücks als Alleineigentum übertragen wird und sie die Anschaffungs- oder Herstellungskosten dieses Teils getragen haben.

 

Normenkette

EStG §§ 2, 21

 

Tatbestand

Die Antragsteller und Beschwerdegegner (Antragsteller) sind Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GdbR). Zweck der GdbR ist nach dem Gesellschaftsvertrag vom 30. Dezember 1985 der Erwerb eines Miteigentumsanteils, der Um- und Ausbau der auf dem Grundbesitz bestehenden und neu zu schaffenden Baulichkeiten mit Seniorenwohnungen und einem Gästezimmer sowie deren langfristige Vermietung und Verwaltung. Die Gesellschafter sind verpflichtet, die Gesellschaft spätestens zum Ablauf des 31. Dezember 1993 aufzulösen, das Sondereigentumsrecht in weitere Wohnungs- oder Teileigentumsrechte zu unterteilen und die so geschaffenen Wohnungs- und Teileigentumsrechte auf die jeweiligen Gesellschafter zu übertragen. Das Kapital der Gesellschaft ist so gestückelt, daß den Beteiligungsquoten die zukünftigen Sondereigentumsrechte entsprechen. Jeder Gesellschafter trägt nach dem Gesellschaftsvertrag die seinen Anteil betreffenden Kosten persönlich. Er ist verpflichtet, erforderliche Mittel für die Baudurchführung als Einlage zu erbringen. Aufwendungen, die den Gesellschaftern für den Erwerb der Beteiligung, des Investitionsvorhabens oder deren Finanzierung entstehen, werden von jedem Gesellschafter unmittelbar getragen.

Der von der GdbR errichtete Erweiterungsbau des Seniorenheims wurde 1986 fertiggestellt und ist von der GdbR an eine Zwischenvermietungsgesellschaft vermietet. Der Gesamtaufwand für die Errichtung des Erweiterungsbaus beträgt rd. . . . DM, das Eigenkapital der Gesellschafter 15 v. H.

In der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für das Streitjahr 1985 wiesen die Antragsteller einen Werbungskostenüberschuß von . . . DM aus. Davon entfallen . . . DM auf Sonderwerbungskosten der Gesellschafter, die sich vorwiegend aus ,,Funktionsträgergebühren" und Zinsen für die Finanzierungsdarlehen zusammensetzen. Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt - FA -) erließ nach einer Überprüfung durch die Betriebsprüfungsstelle einen negativen Feststellungsbescheid. Das FA ging dabei davon aus, daß die GdbR bis zu ihrer Auflösung am 31. Dezember 1993 keinen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten erzielen könne. Nur dieser Zeitraum sei für die Beurteilung, ob ein Gesamtüberschuß erzielbar sei, maßgebend, weil die Vermietungstätigkeit der GdbR und die sich ab 1994 anschließende Vermietung der einzelnen Wohnungen durch die (ehemaligen) Gesellschafter getrennt zu beurteilen seien. Über die Klage gegen den negativen Feststellungsbescheid ist noch nicht entschieden.

Dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des negativen Feststellungsbescheids gab das Finanzgericht (FG) nach Ablehnung durch das FA und die Oberfinanzdirektion (OFD) mit dem angefochtenen Beschluß statt. Zur Begründung führte das FG aus: An der Rechtmäßigkeit des negativen Feststellungsbescheids bestünden ernstliche Zweifel. Gehe man mit dem FA davon aus, daß die Sondereinnahmen und Sonderwerbungskosten der einzelnen Gesellschafter in die Beurteilung, ob ein Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten erzielbar sei, einzubeziehen seien, so erscheine es inkonsequent, die vertraglich festgelegte Entwicklung nach der für Ende 1993 beabsichtigten Auflösung der GdbR und die dann vorgesehene endgültige Zuordnung der einzelnen Wohnungen auf die einzelnen Antragsteller bei der Prüfung der Einnahme-Überschußerzielungsabsicht außer acht zu lassen. Für die Einbeziehung des Zeitraums nach 1993 spreche, daß die Beteiligungsquote der Gesellschafter an der GdbR dem späteren Wohnungseigentum entspreche. Deshalb sei davon auszugehen, daß die zunächst mit Hilfe der GdbR ausgeübte Vermietungstätigkeit auf Dauer angelegt sei und langfristig einen Einnahmeüberschuß erwarten lasse. Stelle man hingegen hinsichtlich der Prüfung der Überschußerzielungsabsicht allein auf die GdbR - ohne Einbeziehung der Sondereinnahmen und Sonderwerbungskosten der Gesellschafter - ab, so könne im derzeitigen Verfahrensstand ebenfalls nicht mit hinreichender Sicherheit eine Feststellung dahin getroffen werden, daß sie auf die Dauer ihrer Tätigkeit gesehen keinen Einnahmeüberschuß anstrebe. Denn die GdbR habe im Streitjahr nur einen geringfügigen Werbungskostenüberschuß gehabt. Ob einer Anerkennung der geltend gemachten Verluste § 15a Abs. 5 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i. V. m. § 21 Abs. 1 Satz 2 EStG entgegenstehe, könne bei der gebotenen summarischen Prüfung ebenfalls nicht zweifelsfrei entschieden werden.

Dagegen wendet sich das FA mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Beschwerde. Das FG habe verkannt, daß nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Personengesellschaft insoweit Steuerrechtssubjekt sei, als sie in der gesamthänderischen Verbundenheit ihrer Gesellschafter Merkmale eines Besteuerungstatbestands verwirkliche. Der Tatbestand der Einkunftserzielung müsse deshalb von der GdbR erfüllt werden. In dem Zeitraum, für den die GdbR gegründet sei, sei indes ein Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten nicht erzielbar, wenn die Sonderwerbungskosten der Gesellschafter in die Beurteilung einbezogen werden. Für den Fall, daß eine Aussetzung der Vollziehung dem Grunde nach gerechtfertigt sein sollte, hat sich das FA im finanzgerichtlichen Verfahren damit einverstanden erklärt, daß vorläufig von dem in der Feststellungserklärung ausgewiesenen Werbungskostenüberschuß ausgegangen wird.

Das FA beantragt, den Beschluß des FG aufzuheben und den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des negativen Feststellungsbescheids 1985 hinsichtlich der Anerkennung von vorläufigen Verlustanteilen aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von insgesamt . . . DM bei der Besteuerung der Antragsteller zurückzuweisen.

Die Antragsteller beantragen, die Beschwerde des FA zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Bei der im Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung nach § 69 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebotenen summarischen Prüfung ergeben sich ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des negativen Feststellungsbescheides. Es sprechen gewichtige Gründe dafür, bei der Beurteilung, ob ein Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten erzielt werden kann, nicht nur auf den Zeitraum bis zur Auflösung der GdbR abzustellen, sondern auch die anschließende Vermietung der einzelnen Eigentumswohnungen durch die Antragsteller als Alleineigentümer einzubeziehen.

Wie der erkennende Senat im Anschluß an den Beschluß des Großen Senats vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751) entschieden hat, fällt eine Vermietertätigkeit nur dann unter die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung, wenn der Vermieter die Absicht hat, auf die Dauer der Vermögensnutzung einen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen. Bei der Beurteilung, ob der Steuerpflichtige die Absicht hat, einen Gesamtüberschuß zu erzielen, ist nicht auf die Dauer der Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks abzustellen. Es kommt vielmehr auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung durch den Nutzenden an (Urteile vom 31. März 1987 IX R 111/86, BFHE 150, 7, BStBl II 1987, 668 und IX R 112/83, BFHE 150, 325, BStBl II 1987, 774). Der erkennende Senat hat außerdem - ebenfalls im Anschluß an den Beschluß des Großen Senat in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 762 - wiederholt ausgesprochen, daß bei einer Personengesellschaft, die den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung verwirklicht, die Einkünfte zunächst auf der Ebene der Gesellschaft zu ermitteln und sodann auf die Gesellschafter zu verteilen sind und daß die Personengesellschaft für die Einkommensteuer insoweit Steuerrechtssubjekt ist, als ihre Gesellschafter gemeinsam Merkmale eines Besteuerungstatbestands verwirklichen (Urteile vom 7. Oktober 1986 IX R 167/83, BFHE 148, 501, BStBl II 1987, 322; vom 7. April 1987 IX R 103/85, BFHE 150, 124, BStBl II 1987, 707; vom 1. Dezember 1987 IX R 170/83, BFHE 152, 101, 104; vom 26. Januar 1988 IX R 119/83, BFHE 152, 471, 475, BStBl II 1988, 577). Der Senat hat überdies darauf hingewiesen, daß die Überschußerzielungsabsicht sowohl auf der Ebene der Gesellschaft als auch auf der Ebene des einzelnen Gesellschafters zu prüfen sein kann, etwa dann, wenn ein einzelner Gesellschafter sich nur kurzfristig zur Verlustmitnahme an einer Gesellschaft beteiligt (Urteile in BFHE 150, 124, BStBl II 1987, 707, und in BFHE 152, 101, jeweils am Ende; vgl. auch das Urteil des IV. Senats vom 28. November 1985 IV R 13/83, BFH/NV 1986, 332). Aus dieser Rechtsprechung läßt sich indes nicht ohne weiteres folgern, die Verwirklichung des Tatbestsands der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung durch die Personengesellschaft und die zeitlich anschließende Einkünfteerzielung durch die Gesellschafter seien in jedem Fall getrennt zu beurteilen, wenn die Personengesellschaft nur für einen bestimmten Zeitraum besteht und das Gesamthandsvermögen anschließend auf die Gesellschafter verteilt wird.

Haben die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag von vornherein vereinbart, daß ihnen bei Auflösung der Gesellschaft ein bestimmter Grundstücksteil als Alleineigentum übertragen wird und haben sie die Anschaffungs- oder Herstellungskosten dieses Teils selbst getragen, könnte es sich bei wirtschaftlicher Betrachtung rechtfertigen lassen, die Vermietungstätigkeit der Gesellschaft und die anschließende Vermietung durch die Gesellschafter als Einheit zu beurteilen. Denn ein solcher Fall könnte dahin zu beurteilen sein, als hätten die Gesellschafter von Anfang an, wenn auch zunächst in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit, wirtschaftlich gesehen ,,ihren" Teil des Grundstücks vermietet.

Das FG hat es danach zu Recht für ernstlich zweifelhaft gehalten, ob im Streitjahr ,,Liebhaberei" anzunehmen ist und die Aussetzung der Vollziehung des negativen Feststellungsbescheids angeordnet.

 

Fundstellen

Haufe-Index 62499

BFH/NV 1990, 26

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