Entscheidungsstichwort (Thema)

Darlehensverluste als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen; Zeitpunkt der Entstehung eines Auflösungsverlustes

 

Leitsatz (NV)

1. Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage, ob der Verlust eines von einem nicht wesentlich an einer Kapitalgesellschaft beteiligten Gesellschafter gewährten, verzinslichen Darlehens als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abzugsfähig ist, erfordert eine Auseinandersetzung mit der hierzu ergangenen ablehnenden Rechtsprechung des BFH und insbesondere unter Bezugnahme auf das Schrifttum den Vortrag neuer rechtlicher Gesichtspunkte, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang nicht berücksichtigt worden sind.

2. Die aufgeworfene Rechtsfrage ist voraussichtlich überdies in einem künftigen Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, weil ein Abzug als Werbungskosten erst in dem Veranlagungszeitraum in Betracht kommt, in dem deutlich wird, daß eine Rückzahlung nicht mehr zu erlangen sein wird. Dies hat die Rechtsprechung regelmäßig erst für das Jahr der Eröffnung des Konkursverfahrens angenommen.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 11 Abs. 2, § 17 Abs. 4, § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 3

 

Gründe

Es kann dahingestellt bleiben, ob in der Beschwerdebegründung die aufgeworfene Rechtsfrage, inwieweit der Verlust eines von einem mit 20 v. H. nicht wesentlich beteiligten Gesellschafters der Gesellschaft gewährten verzinslichen Darlehens, um seine Beteiligung zu erhalten, als Werbungskosten (Erhaltungsaufwand) bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (§§9 Abs. 1 Satz 1, 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes -- EStG --) abziehbar ist, entsprechend den gesetzlichen Anforderungen hinreichend substantiiert dargelegt worden ist (§115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Dazu gehört auch, insbesondere wenn sich der Bundesfinanzhof (BFH) zu den Rechtsfragen geäußert hat, daß der Beschwerdeführer sich mit der dazu ergangenen Rechtsprechung und den im Schrifttum vertretenen Auffassungen umfassend auseinandersetzt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 14. Oktober 1996 VIII B 100/95, BFH/NV 1997, 356; vom 2. Oktober 1996 VIII B 101/95, BFH/NV 1997, 354, ständige Rechtsprechung).

Eine durch den BFH geklärte Rechtsfrage ist regelmäßig nicht mehr klärungsbedürftig. Ihr kann mithin keine grundsätzliche Bedeutung zukommen. Abweichend hiervon kann einer Rechtsfrage (wieder) eine grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn gewichtige neue rechtliche Gesichtspunkte in der Rechtsprechung oder in der Literatur vorgetragen worden sind, die der BFH noch nicht geprüft hat (vgl. BFH-Beschluß vom 21. Oktober 1996 VIII B 4/96, BFH/NV 1997, 359).

In ständiger Rechtsprechung ist die Berücksichtigung von Darlehensverlusten als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen bislang abgelehnt worden (vgl. BFH-Urteile vom 12. Mai 1995 VI R 64/94, BFHE 177, 472, BStBl II 1995, 644, 645; vom 19. Mai 1992 VIII R 16/88, BFHE 168, 170, BStBl II 1992, 902, 904; vom 27. Juni 1989 VIII R 30/88, BFHE 157, 541, BStBl II 1989, 934, m. w. N.).

Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet, weil die Rechtsfrage in einem anschließenden Revisionsverfahren für das Streitjahr 1992 nicht in entscheidungserheblicher Weise geklärt werden könnte (vgl. BFH- Beschluß vom 18. Januar 1995 VIII B 41/94, BFH/NV 1995, 807, zur Notwendigkeit entsprechender Ausführungen bei Zweifel an der Klärungsfähigkeit; Beschluß vom 1. Februar 1994 VII B 127/93, BFH/NV 1994, 873, zur Zurückweisung als unbegründet bei fehlender Klärungsfähigkeit, ständige Rechtsprechung).

Ein Abfluß nach §11 Abs. 2 EStG im Falle einer Anerkennung von Darlehensverlusten als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen könnte nach den bindenden, mit Verfahrensrügen auch nicht angegriffenen (vgl. §115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) Feststellungen des Finanzgerichts -- FG -- (§118 Abs. 2 FGO; BFH-Beschluß vom 10. März 1995 VIII B 98/94, BFH/NV 1995, 992) allenfalls im Veranlagungszeitraum 1993 in Betracht kommen.

Ein Auflösungsverlust bei einer wesentlichen Beteiligung setzt -- wie das FG im angefochtenen Urteil ebenfalls ausgeführt hat -- nach ständiger Rechtsprechung die zivilrechtliche Auflösung der Gesellschaft voraus. Der Zeitpunkt der Entstehung des Auflösungsverlustes bestimmt sich im übrigen nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (vgl. BFH-Urteil vom 3. Juni 1993 VIII R 81/91, BFHE 172, 407, BStBl II 1994, 162, 163, m. umf. N.). Demgegenüber richtet sich der Zeitpunkt, zu dem Vermögensverluste als Werbungskosten im Rahmen der Überschußeinkünfte (vgl. §2 Abs. 2 Nr. 2 EStG) anzusetzen sind, nach §11 Abs. 2 EStG. Nach der Rechtsprechung sind vergebliche Vorauszahlungen auf Herstellungsleistungen in dem Zeitpunkt als verausgabt i. S. von §11 Abs. 2 EStG anzusehen, in dem deutlich wird, daß sie ohne Gegenleistung bleiben und auch eine Rückzahlung nicht zu erlangen sein wird (vgl. BFH-Urteil vom 31. März 1992 IX R 164/87, BFHE 168, 104, BStBl II 1992, 805, 807, unter Bezugnahme auf den Beschluß des Großen Senats des BFH vom 4. Juli 1990 GrS 1/89, BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830, 835 und 837; in beiden Fällen wurde dies erst für das Jahr der Eröffnung des Konkursverfahrens angenommen; ebenfalls bereits in dem vom Großen Senat des BFH ausdrücklich in Bezug genommenen Urteil des erkennenden Senats vom 9. September 1980 VIII R 44/78, BFHE 131, 479, BStBl II 1981, 418). In gleicher Weise ist der Abflußzeitpunkt bei verlorengegangenen Arbeitnehmer-Darlehen bestimmt worden (vgl. BFH-Urteile vom 13. Januar 1989 VI R 51/85, BFHE 156, 95, BStBl II 1989, 382, 384; vom 7. Mai 1993 VI R 38/91, BFHE 171, 275, BStBl II 1993, 663; zustimmend das Schrifttum, vgl. Drenseck/Schmidt, Einkommensteuergesetz, 16. Aufl., §19 Rz. 60 "Darlehen"; Bilsdorfer/Engel, Die Information über Steuer und Wirtschaft 1994, 321, 322; Birk in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, §11 EStG Rz. 117; Prinz, ebenda, §9 Rz. 193).

Das FG hat im angefochtenen Urteil bindend festgestellt, nach Aktenlage sei ein Auflösungsgrund i. S. des §60 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung nicht ersichtlich. Vielmehr hätten die Gesellschafter noch im Jahr 1993 ein Vergleichsverfahren beantragt. Erst mit dem Beschluß des Amtsgerichts, durch den sowohl die Eröffnung eines Vergleichsverfahrens als auch eines Konkursverfahrens mangels Masse abgelehnt worden sei, sei die GmbH aufgelöst worden. Nach diesen Feststellungen ist nicht ersichtlich, weshalb der Darlehensverlust abweichend von der zuvor dargestellten Rechtsprechung nicht erst im Jahr der Ablehnung des Konkursverfahrens, sondern bereits im Streitjahr 1992 zu berücksichtigen sein sollte.

Einer weiteren Begründung bedarf es nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs nicht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66684

BFH/NV 1998, 450

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