Leitsatz

1. Eine Nutzungsentnahme ist mit den (anteiligen) Kosten der außerbetrieblichen Nutzung zu bewerten, höchstens aber mit dem Marktwert der Nutzung (hier: höchstens der Marktmiete).

2. Entstehen für das außerbetrieblich genutzte Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens Erhaltungsaufwendungen durch Instandhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen, die zu einer substanziellen Erhöhung des Teilwerts führen, sind diese Aufwendungen über einen Zeitraum von zehn Jahren pro rata temporis den laufenden Kosten für das Wirtschaftsgut (bis zur jeweiligen Höhe des Marktwerts der Nutzung) hinzuzurechnen.

3. Von einer substanziellen Teilwerterhöhung ist auszugehen, wenn der Teilwert durch sämtliche Instandhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen um mindestens 10 % gesteigert wird.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 1 EStG , § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG

 

Sachverhalt

Ein Gutsbesitzer ließ das ehemalige Verwalterhaus mit einem Aufwand von ca. 250.000 DM renovieren. Die Kosten wurden als laufende Betriebsausgaben erfasst. Ab Oktober 1991 bezog die Mutter des Gutsbesitzers die Wohnung und zahlte dafür eine um 45,5 % verbilligte Miete.

Das FA hielt Schönheitsreparaturen in Höhe von 22.000 DM für privat veranlasst und setzte außerdem im landwirtschaftlichen Wirtschaftsjahr 1990/91 eine Nutzungsentnahme in Höhe von 45,5 % der übrigen Renovierungskosten an. Das FG erfasste im zweiten Rechtsgang nur eine Nutzungsentnahme in Höhe von 45,5 % der im Wirtschaftsjahr 1991/92 seit Bezug durch die Mutter gewinnmindernd behandelten Kosten.

 

Entscheidung

Der BFH verwies das nur noch wegen Einkommensteuer 1991 geführte Streitverfahren erneut an das FG zurück, damit die infolge der Rechtsprechungsänderung zur Verteilung des Erhaltungsaufwands noch erforderlichen Feststellungen nachgeholt werden können.

 

Hinweis

1. Das EStG regelt zwar in § 4 Abs. 1, dass beim Betriebsvermögensvergleich Nutzungsentnahmen zu berücksichtigen sind. Wie eine Nutzungsentnahme aber bewertet werden soll, ist dem Gesetz mittlerweile für den Spezialfall der Kfz-Nutzung, ansonsten aber nicht zu entnehmen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Die Rechtsprechung hat sich dazu entschieden, die anteiligen Selbstkosten anzusetzen. Denn Sinn der Berücksichtigung einer Nutzungsentnahme sei die Neutralisation der auf die Privatnutzung entfallenden Betriebsausgaben. Der Ansatz eines marktüblichen Nutzungswerts wird als Verstoß gegen das Realisationsprinzip abgelehnt. An diesem Grundsatz hält der BFH auch in seinem hiesigen Urteil fest.

2. Wegen des Periodenprinzips bei der Gewinnermittlung kann eine bloße Neutralisierung von Betriebsausgaben im Umfang der privaten Nutzung nur die Nutzungsverhältnisse in dem jeweiligen Wirtschaftsjahr der Gewinnminderung erfassen. Dies würde bei langfristig werterhöhenden, aber nicht zur Aktivierung führenden Aufwendungen zu Verzerrungen führen: Findet etwa im Wirtschaftsjahr der Betriebsausgabe keine private Nutzung statt, entfällt eine Entnahme; findet eine private Nutzung umgekehrt nur im Wirtschaftsjahr der Betriebsausgabe statt, wird Aufwand neutralisiert, der sich auch noch in späteren Jahren für die betriebliche Nutzung werterhöhend auswirkt.

Deshalb hat der BFH eine Durchbrechung des Periodenprinzips vorgenommen und verteilt größeren Erhaltungsaufwand (Werterhöhung um mindestens 10 %) gedanklich auf eine Dauer von zehn Jahren. Innerhalb dieses Zeitraums ist der Aufwand für Nutzungsentnahmen jeweils zeitanteilig zu berücksichtigen. Dies führt auch zu einer Gleichbehandlung mit Fällen, in denen das renovierte Wirtschaftsgut ganz entnommen wird. Denn dort würde eine solche Renovierung zum Ansatz eines entsprechend erhöhten Teilwerts und damit zur Neutralisierung der anteiligen Betriebsausgaben führen.

3. Zugleich greift das Besprechungsurteil doch noch auf den Nutzungswert der Entnahme zurück. Dies geschieht nicht in dem Sinn, zu einer über die Neutralisierung der Selbstkosten hinausgehenden Bewertung zu kommen, sondern ganz im Gegenteil, um eine Begrenzung der Nutzungsentnahme vorzunehmen. Wird ein Wirtschaftsgut zum Marktzins vermietet, kommt es nicht zum Ansatz einer Nutzungsentnahme, auch wenn der Mieter eine dem Unternehmer nahe stehende Person ist.

Warum sollte der Gewinn dann höher sein, wenn eine verbilligte Vermietung erfolgt, aber durch die Neutralisierung der Selbstkosten ein höherer Betrag als die Nutzungswertdifferenz als Wert der Nutzungsentnahme angesetzt wird? Dieses Ergebnis hält der BFH hier nicht für akzeptabel und begrenzt deshalb den Wert der Nutzungsentnahme auf höchstens den Betrag, um den die Marktmiete aus privaten Gründen gemindert ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 19.12.2002, IV R 46/00

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