Rz. 130

Der Außenprüfer hat bei der Durchführung der Prüfung bestimmte Prüfungsgrundsätze zu beachten (§ 199 BpO). Bei der Anordnung und Durchführung von Prüfungsmaßnahmen sind im Rahmen der Ermessensausübung die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit der Mittel und des geringmöglichsten Eingriffs zu beachten (§ 2 Abs. 1 Satz 2 BpO).

 

Rz. 131

Als Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsprinzips darf der Prüfer die Geschäftsunterlagen der Steuerpflichtigen nicht gezielt einerseits unter Anlegung eines vorgegebenen Rasters und andererseits nicht "ins Blaue hinein" nach steuererheblichen Verhältnissen Dritter durchforsten.[1]

 

Rz. 132

Es ist höchstrichterlich geklärt, dass jede Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen hat. Der Grundsatz besagt, dass das eingesetzte Mittel geeignet und erforderlich sein muss, um den erstrebten Zweck zu erreichen.[2]

 

Rz. 133

Die Finanzbehörde kann und muss mangels ausreichender Prüfungskapazität für alle in Betracht kommenden Prüfungsfälle im Rahmen ihres Auswahlermessens über einen möglichst sachgerechten und effektiven Einsatz ihrer beschränkten Mittel befinden.[3]

 

Rz. 134

Außerdem ist die Außenprüfung auf das Wesentliche abzustellen. Ihre Dauer ist auf das notwendige Maß zu beschränken. Sie hat sich in erster Linie auf solche Sachverhalte zu erstrecken, die zu endgültigen Steuerausfällen oder Steuererstattungen oder -vergütungen oder nicht unbedeutenden Gewinnverlagerungen führen können (§ 7 BpO). Zur Intensivierung und Konkretisierung der Schwerpunktprüfung haben die Bundesländer Rationalisierungserlasse herausgegeben. Als interne Verwaltungsanweisungen wurden sie nicht amtlich veröffentlicht. Die Erlasse sollen ausdrücklich keine Außenwirkung entfalten.[4]

 

Rz. 135

§ 199 Abs. 1 AO verdeutlicht für den Prüfer mehrere Auftrags- wie Zielnormen zur Durchführung einer Außenprüfung,[5] indem der Gesetzgeber von ihm erwartet, dass er die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Steuerpflicht und für die Bemessung der Steuer maßgebend sind (Besteuerungsgrundlagen), zugunsten wie zuungunsten des Steuerpflichtigen zu prüfen hat. Die gesetzliche Bestimmung verpflichtet folglich den Prüfer bei der Durchführung der angeordneten Betriebsprüfung zu einem besonderen Maße an fallbezogener Korrektheit, Sachlichkeit und Objektivität.

 

Rz. 136

§ 199 Abs. 2 AO sichert dem Steuerpflichtigen während der Prüfung ausreichendes rechtliches Gehör (§ 91 AO, der insoweit modifiziert wird). Der Steuerpflichtige ist während der Außenprüfung über die festgestellten Sachverhalte und die möglichen steuerlichen Auswirkungen zu unterrichten, wenn dadurch Zweck und Ablauf der Prüfung nicht beeinträchtigt werden. Darüber hinaus kann die Finanzbehörde mit dem Steuerpflichtigen vereinbaren, dass in regelmäßigen Abständen Gespräche über die festgestellten Sachverhalte und die möglichen steuerlichen Auswirkungen geführt werden. Im Einvernehmen mit dem Steuerpflichtigen kann die Finanzbehörde Rahmenbedingungen für die Mitwirkung nach § 200 AO festlegen; werden die Rahmenbedingungen erfüllt, unterbleibt ein qualifiziertes Mitwirkungsverlangen nach § 200a AO.[6]. Unterrichtet der Prüfer den Steuerpflichtigen über seine Prüfungsfeststellungen nur schleppend oder ungenau, so kann er sich auf sein Recht auf rechtliches Gehör berufen und sich notfalls beschwerdeführend an dessen Behörde wenden. Bei Verletzung der Pflichten nach § 199 Abs. 2 AO liegt ein Verfahrensfehler vor, der jedoch nach § 126 Abs. 1 Nr. 3 AO durch Nachholung der Anhörung geheilt werden kann. Auch ein Verwertungsverbot wird durch eine derartige Verletzung nicht ausgelöst.[7] In der Literatur wird eine Dienstaufsichtsbeschwerde empfohlen.[8] Der Anspruch des Steuerpflichtigen auf rechtliches Gehör erfordert, dass einer steuerrechtlichen Entscheidung nur Tatsachen zugrunde gelegt werden, zu denen er uneingeschränkt hätte Stellung nehmen können.[9] Bei den vorstehenden Vorschriften handelt es sich um Mussvorschriften. Dies hat besondere Bedeutung für die abgekürzte Außenprüfung, bei der eine Schlussbesprechung entfällt (§ 203 Abs. 2 Satz 3 AO).

 

Rz. 137

Nicht vertretungsberechtigten Gesellschaftern stehen diese Rechte nicht zu. Der Beteiligung dieser Personen an den Außenprüfungen bei den Gesellschaften steht das Steuergeheimnis im Verhältnis der Gesellschaft zu ihren nicht geschäftsführenden Gesellschaftern entgegen.[10]

[4] Rüsken, in Klein, Abgabenordnung-Kommentar, 2022, § 199 Abs. 1 AO Rz. 1.
[5] Braun, StBp 1983, S. 25; Wenzig, DB 1985, S. 449.
[6] § 199 Abs. 2 Satz 2 und 3 AO angefügt durch Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22. März 2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerv...

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