Kommentar

Mit einem neuen Schreiben hat das BMF seine aus 2005 stammenden Aussagen zum betrieblichen Schuldzinsenabzug nach § 4 Abs. 4a EStG aktualisiert und dabei insbesondere die zwischenzeitlich ergangene BFH-Rechtsprechung zum Themenkreis eingearbeitet.

Entnimmt ein Unternehmer seinem Betrieb mehr Mittel, als er einlegt und als Gewinn erwirtschaftet, kann er seine betrieblichen Schuldzinsen nach den Regelungen des § 4 Abs. 4a EStG nur beschränkt steuerlich abziehen. In diesem Fall liegen sogenannte Überentnahmen vor, die in der Regel pauschal mit 6 % dem steuerpflichtigen Gewinn hinzugerechnet werden müssen. Durch diesen Rechenschritt wird die steuermindernde Wirkung der zuvor in voller Höhe als Betriebsausgaben gebuchten Zinsaufwendungen teilweise wieder aufgehoben.

Neue Verwaltungsaussagen

Das BMF hat seine Aussagen zum betrieblichen Schuldzinsenabzug nun mit Schreiben vom 2.11.2018 überarbeitet. Einige Kerninhalte im Überblick:

Zwei Prüfungsschritte

Da nur betriebliche veranlasste Schuldzinsen den Hinzurechnungsregeln des § 4 Abs. 4a EStG unterliegen, muss

  • in einem ersten Schritt ermittelt werden, ob und inwieweit Schuldzinsen überhaupt zu den betrieblich veranlassten Aufwendungen gehören und
  • in einem zweiten Schritt geprüft werden, ob der Betriebsausgabenabzug wegen Überentnahmen eingeschränkt ist.

Liegen betrieblich veranlasste Schuldzinsen vor?

Schuldzinsen müssen zunächst anhand des tatsächlichen Verwendungszwecks der Darlehensmittel der Erwerbs- oder der Privatsphäre zugeordnet werden; es gelten die vom BFH entwickelten Grundsätze zur betrieblichen Veranlassung von Schuldzinsen.

Keine betriebliche Veranlassung liegt vor, wenn ein Darlehen zur Finanzierung außerbetrieblicher Zwecke (insbesondere von Entnahmen) aufgenommen wird.

Nutzt der Unternehmer ein einheitliches (gemischtes) Kontokorrentkonto, über das er den betrieblich und den privat veranlassten Zahlungsverkehr abwickelt, muss der Sollsaldo für die Ermittlung der als Betriebsausgaben abziehbaren Schuldzinsen grundsätzlich aufgeteilt werden (zur Verfahrensweise: BMF-Schreiben vom 10.11.1993, BStBl I S. 930; Rz. 11 bis 18).

Liegen Überentnahmen vor?

Fallen die Entnahmen höher aus als die Summe aus Gewinn und Einlagen des Wirtschaftsjahres, so liegen grundsätzlich Überentnahmen vor, sodass der Abzug betrieblich veranlasster Schuldzinsen eingeschränkt ist. Das BMF weist darauf hin, dass auch ein Verlust unter den Begriff "Gewinn" fällt (BFH, Urteil v. 14.3.2018, X R 17/16).

Maßgebend ist der steuerliche Gewinn unter Berücksichtigung außerbilanzieller Hinzurechnungen und vor der Anwendungen der Hinzurechnung nach § 4 Abs. 4a EStG.

Zum Gewinn gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebs. Als Entnahmen zählen auch

  • Überführungen von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens in das Privatvermögen anlässlich einer Betriebsaufgabe sowie
  • der Erlös aus der Veräußerung eines Betriebs, soweit er in das Privatvermögen überführt wird.

Hinweis: Bei Betriebseröffnungen vor 1999 existiert für die Überführung von Wirtschaftsgütern im Rahmen einer Betriebsaufgabe und für Betriebsveräußerungen eine abweichende Anwendungsregel, die vom BMF in Rz. 44 des Schreibens dargestellt wird.

Bei einem unentgeltlichen Übergang eines Betriebs oder eines Mitunternehmeranteils liegt bei dem bisherigen Betriebsinhaber bzw. Mitunternehmer keine Entnahme im Sinne des § 4 Abs. 4a EStG vor; bei dem Rechtsnachfolger kommt es nicht zu entsprechenden Einlagen. Allerdings gehen die beim bisherigen Inhaber entstandenen Über- oder Unterentnahmen und der kumulierte Entnahmenüberschuss - gegebenenfalls anteilig - auf den Rechtsnachfolger über (BFH, Urteil v. 12.12.2013, IV R 17/10).

Die geänderte betriebsvermögensmäßige Zuordnung eines Wirtschaftsguts aufgrund einer bestehenden Bilanzierungskonkurrenz stellt weder eine Entnahme (beim abgebenden Betrieb) noch eine Einlage (beim aufnehmenden Betrieb) im Sinne der Hinzurechnungsregeln dar, wenn der Vorgang zum Buchwert stattgefunden hat (BFH, Urteil v. 22.9.2011, IV R 33/08). Eine solche geänderte Zuordnung liegt unter anderem vor, wenn ein Wirtschaftsgut nach Begründung einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung oder nach einer Verschmelzung einem anderen Betriebsvermögen zuzuordnen ist.

Ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten liegt vor, wenn ein Unternehmer kurzfristig Geldmittel in seinen Betrieb einlegt, nur um den beschränkten Abzug von Schuldzinsen zu umgehen (BFH, Urteil v. 21.8.2012, VIII R 32/09).

Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags

Betrieblich veranlasste Schuldzinsen sind nach § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG pauschal in Höhe von 6 % der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der verbliebenen Überentnahme oder abzüglich der verbliebenen Unterentnahme des vorangegangenen Wirtschaftsjahres (kumulierte Überentnahme) zu nicht abziehbaren Betriebsausgaben umzuqualifizieren. Die kumulierte Überentnahme muss auf den kumulierten Entnahmenüberschuss begrenzt werden. Der kumulierte Entnahmenüberschuss wiederum errechn...

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