Leitsatz

Ein bilanzierender Gewerbetreibender, dem eine Eigentumswohnung gehört und der Zahlungen in eine von der Wohnungseigentümergemeinschaft gebildete Instandhaltungsrückstellung geleistet hat, muss seine Beteiligung an der Instandhaltungsrückstellung mit dem Betrag der geleisteten und noch nicht verbrauchten Einzahlungen aktivieren.

 

Normenkette

§ 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 2, § 11 Abs. 2 EStG, § 10 Abs. 6 und 7, § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, war Eigentümerin mehrerer Eigentumswohnungen. Die zu den Wohnungen gehörenden Wohnungseigentümergemeinschaften bildeten Instandhaltungsrückstellungen i.S.d. § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG. Die Klägerin behandelte ihre Einzahlungen in diese Rückstellungen als Betriebsausgaben.

Dem folgte das FA nicht. Die dagegen erhobene Klage war erfolglos (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9.9.2010, 8 K 8104/07, Haufe-Index 2628054) …

 

Entscheidung

… und das blieb sie auch nach der Entscheidung über die Revision. Der BFH behandelte den Anteil an der Instandhaltungsrückstellung als zu aktivierendes Wirtschaftsgut und die eingezahlten Beträge nicht als sofort abziehbare Betriebsausgaben.

 

Hinweis

1. Bei der Beteiligung eines Gewerbetreibenden an einer Instandhaltungsrückstellung i.S.d. § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG handelt es sich um ein selbstständiges und bewertbares Wirtschaftsgut. Die Beteiligung verkörpert den geldwerten Anspruch des Wohnungseigentümers auf Bezahlung von Aufwendungen aus der Instandhaltungsrückstellung. Selbst wenn dieser Anspruch zivilrechtlich erst in der Folgezeit entstehen sollte, ist seine Entstehung zumindest hinreichend sicher und – durch die vo­raufgegangenen Einzahlungen – in der Vergangenheit wirtschaftlich verursacht. Er kann zudem ­zusammen mit dem Betrieb des Wohnungseigentümers veräußert werden. All das genügt, um die Aktivierung der Beteiligung zu rechtfertigen und für notwendig zu erachten.

2. Bewertet wird die Beteiligung vorbehaltlich abgesunkenen Teilwerts mit ihren Anschaffungskosten. Abzuzinsen bleibt nichts, obschon die Ansprüche auf Bezahlung tatsächlichen Aufwands durchweg erst in künftigen Zeitpunkten entstehen. Die Rückstellung wird i.d.R. verzinslich angelegt, was diese Zeitverschiebung wirtschaftlich hinreichend ausgleicht (was allerdings wohl auch den "aktiv" anzusetzenden Betrag fortschreitend beeinflusst und ggf. erhöht).

3. Dem Bilanzierungsansatz standen auch nicht die – ja immer noch "offenen" Fragen (s. BFH, Beschluss vom 7.4.2010, I R 77/08, BFH/NV 2010, 1338, BFH/PR 2010, 282, BStBl II 2010, 739) – nach der sog. subjektiven "Richtigkeit" der Bilanz am Bilanzstichtag entgegen.

Denn die fehlende sofortige Erfolgswirksamkeit der Zahlungen in die Instandhaltungsrückstellung war aus Sicht eines ordentlichen Kaufmanns aus der zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung bestehenden, höchstrichterlichen Rechtsprechung abzuleiten. Danach sind nämlich, wenn der Eigentümer einer Eigentumswohnung diese zur Erzielung von VuV-Einkünften nutzt, die von ihm in eine Instandhaltungsrückstellung eingezahlten Beträge erst mit deren Verbrauch durch die Eigentümergemeinschaft als Werbungskosten abziehbar. Dass sie schon vorher beim Zahlenden abgeflossen sind, ändert daran nichts, weil sie nach wie vor dem Vermögen des Eigentümers zuzurechnen sind.

Davon ausgehend muss ein gewerblich tätiger Wohnungseigentümer mit einer übereinstimmenden Behandlung rechnen.

4. Schließlich sei angemerkt, dass die "Instandhaltungsrückstellung" in dem hier relevanten Zusammenhang "nur" eine solche i.S.d. WEG ist, sie bilanzsteuerrechtlich jedoch eine Rücklage darstellt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 5.10.2011 – I R 94/10

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