Leitsatz

1. § 97 Abs. 1a BewG enthält Vorgaben zur Ermittlung des gemeinen Werts eines Anteils am Betriebsvermögen einer Personengesellschaft durch Aufteilung des gemeinen Werts des der Personengesellschaft gehörenden Betriebsvermögens.

2. Die Vorgaben des in § 97 Abs. 1a BewG enthaltenen Aufteilungsschemas sind auch dann zu beachten, wenn im Einzelfall der danach ermittelte Wert des Anteils von dem gemeinen Wert abweicht.

3. Der Steuerpflichtige kann einen niedrigeren gemeinen Wert des Anteils durch einen zeitnahen Verkauf oder ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen nachweisen. In einem solchen Fall ist eine Aufteilung nach § 97 Abs. 1a BewG nicht vorzunehmen.

 

Normenkette

§ 97 Abs. 1a, § 11 Abs. 2, § 109 Abs. 2 BewG

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist Alleinerbin nach ihrem im Mai 2014 verstorbenen Bruder, der mit einem Anteil von 64 % als Kommanditist an einer KG beteiligt gewesen war. Weitere Kommanditisten der KG waren A und B.

Die KG hatte bereits im Jahr 2012 nach Verkauf und Übertragung ihres Anlage‐ und Vorratsvermögens ihre Auflösung beschlossen. Am Todestag des Erblassers war aber noch positives und negatives Betriebsvermögen der KG vorhanden. Das für den Erblasser geführte Kapitalkonto wies einen positiven Wert von 124.513 EUR auf. Die Kapitalkonten von A und B waren negativ.

In der Feststellungserklärung berechnete die Klägerin auf den Todeszeitpunkt einen gemeinen Wert des von ihr erworbenen Anteils am Betriebsvermögen der KG i.H.v. ./. 6.619 EUR. Zu diesem Wert gelangte sie, indem sie die Summe der Kapitalkonten des Erblassers sowie von A und B i.H.v. 3.077 EUR von dem von ihr ermittelten Substanzwert der KG i.H.v. ./. 7.265 EUR abzog und von dem verbleibenden Wert i.H.v. ./. 10.342 EUR einen Anteil von 64 % gemäß der Gewinnbeteiligung des Erblassers an der KG ihm zurechnete.

Das FA stellte demgegenüber den Anteilswert mit 117.894 EUR fest. Dieser Betrag ergab sich durch Abzug des anteilig auf den Erblasser entfallenden negativen Werts des Betriebsvermögens der KG i.H.v. 6.619 EUR vom positiven Wert des Kapitalkontos des Erblassers i.H.v. 124.513 EUR. 

Einspruch und Klage, mit denen die Klägerin geltend machte, der erworbene Anteil sei mit 0 EUR anzusetzen, blieben erfolglos (FG Düsseldorf, Urteil vom 20.10.2017, 4 K 3022/16 F, Haufe-Index 11364996, EFG 2017, 1934).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision der Klägerin unter Berücksichtigung der in den Praxis-Hinweisen dargelegten Grundsätze als unbegründet zurück. Das FA habe den Wert des durch die Klägerin erworbenen Anteils an der KG zutreffend ermittelt. Von der Möglichkeit, einen niedrigeren gemeinen Wert des Anteils durch ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen nachzuweisen, habe die insoweit darlegungs‐ und nachweispflichtige Klägerin keinen Gebrauch gemacht.

 

Hinweis

Der BFH befasst sich im Besprechungsurteil mit der Berechnung des Werts eines geerbten Anteils an einer KG.

1. Nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG ist u.a. gesondert festzustellen der Wert des Anteils am Betriebsvermögen gemäß §§ 95, 96 und 97 BewG, wenn der Wert für die Erbschaftsteuer von Bedeutung ist.

2. Die Feststellung des Werts eines Anteils am Betriebsvermögen einer Personengesellschaft für Zwecke der Erbschaftsteuer setzt nicht voraus, dass sich der Betrieb noch in der werbenden Phase befindet. Vielmehr ist eine Feststellung noch über das Ende der werbenden Tätigkeit hinaus so lange durchzuführen, wie am Todestag als Bewertungsstichtag (§ 9 Abs. 1 Nr. 1, §§ 11, 12 Abs. 5 ErbStG) noch positives oder negatives Betriebsvermögen vorhanden ist.

3. Für die Bewertung ist § 97 Abs. 1a BewG maßgebend.

a) Diese Vorschrift enthält Vorgaben zur Ermittlung des gemeinen Werts eines Anteils am Betriebsvermögen einer Personengesellschaft durch Aufteilung des nach § 109 Abs. 2 BewG ermittelten gemeinen Werts des der Personengesellschaft gehörenden Betriebsvermögens. Das Gesamthandsvermögen der Gesellschafter einerseits und das zivilrechtlich den Gesellschaftern gehörende Sonderbetriebsvermögen andererseits werden getrennt bewertet. Dadurch wird eine Vereinfachung erreicht, da ansonsten das Sonderbetriebsvermögen aller Gesellschafter einbezogen werden müsste und nicht nur dasjenige des Gesellschafters, dessen Anteil Zuwendungsgegenstand ist.

b) Nach den Vorgaben des § 97 Abs. 1a BewG ist der gemeine Wert eines durch Erwerb von Todes wegen übergangenen Anteils des Erblassers und Gesellschafters am Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft in fünf Schritten zu ermitteln und aufzuteilen:

Schritt 1

Zunächst wird der gemeine Wert des der Personengesellschaft gehörenden Gesamthandsvermögens insgesamt nach § 109 Abs. 2 i.V.m. § 11 Abs. 2 BewG ermittelt.

Schritt 2

In einem weiteren Schritt wird der so ermittelte gemeine Wert des Gesamthandsvermögens auf den Anteil, der Gegenstand der Bewertung ist, und die übrigen Anteile aufgeteilt. Dies erfolgt dadurch, dass die Kapitalkonten aus der Gesamthandsbilanz den jeweiligen Gesellschaftern vorweg zuz...

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