Leitsatz

1. Veräußerungsentgelt für die Übertragung eines Teilmitunternehmeranteils gemäß § 16 Abs. 2 EStG ist auch eine der Höhe nach feststehende Kaufpreisforderung, die der Neugesellschafter während des Bestehens der Gesellschaft durch Verzicht auf Teile des ihm nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zustehenden Gewinns zugunsten des Altgesellschafters oder bei vorzeitiger Beendigung der Gesellschaft im Rahmen einer Ratenzahlungsverpflichtung zu erfüllen hat.

2. Dem Neugesellschafter sind trotz des Verzichts Gewinne in Höhe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels zuzurechnen, da die Zuweisung höherer Gewinnanteile an den Altgesellschafter der unmittelbaren Zahlung der Entgelte außerhalb des Gesellschaftsvermögens gleichsteht.

 

Normenkette

§ 16 Abs. 1 und 2, § 18 Abs. 3 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerinnen sind Rechtsnachfolgerinnen des verstorbenen J. Dieser war während der Streitjahre 1993 bis 1995 mit drei weiteren Gesellschaftern an einer Gemeinschaftspraxis beteiligt. Die Mitgesellschafter waren aufgrund der Abtretung von Teilmitunternehmeranteilen des J in die Gesellschaft aufgenommen worden. Als Gegenleistung sollten sie J über seine anteilsmäßige Beteiligung am Gesamtgewinn der GbR hinaus bis zur Höhe eines bestimmten Betrags einen zusätzlichen Gewinnanteil zahlen. Die zusätzliche Gewinnbeteiligung des J sollte unabhängig von Dauer und Bestand des Gesellschaftsverhältnisses sein. Für den Fall der vorzeitigen Beendigung der Gesellschaft waren die bis dahin nicht getilgten Restbeträge in gleichmäßigen monatlichen Raten zu zahlen. Das FA vertrat die Auffassung, dass es sich bei den zusätzlichen Gewinnanteilen um laufende Gewinneinkünfte des J handelte. Dagegen machten die Klägerinnen geltend, dass diese Beträge den Mitgesellschaftern als Gewinn zuzurechnen seien. Das FG wies die Klage ab (FG Düsseldorf, Urteil vom 11.10.2012, 11 K 4736/07 F, Haufe-Index 3598233, EFG 2013, 287).

 

Entscheidung

Der BFH hat der Revision der Klägerinnen aus den in den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen stattgegeben.

 

Hinweis

1. Der BFH hat in dem Besprechungsurteil der im Schrifttum verbreiteten Auffassung, dass bei einem sog. Gewinnvorabmodell bzw. Gewinnverzichtsmodell kein Veräußerungsentgelt für die Übertragung eines Teilmitunternehmeranteils vorliege, eine klare Absage erteilt. Veräußerungsentgelt gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 EStG ist auch eine ausschließlich oder teilweise gewinnabhängige (partiarische) Kaufpreisforderung für die Übertragung eines Teilmitunternehmeranteils.

2. Davon zu unterscheiden ist die Frage, zu welchem Zeitpunkt der Veräußerer den Veräußerungsgewinn zu versteuern hat. Der Tatbestand der Veräußerung eines Teilmitunternehmeranteils ist mit der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums auf den Erwerber verwirklicht. Grundsätzlich wird in diesem Zeitpunkt der Veräußerungsgewinn realisiert. Dies gilt unabhängig davon, ob der vereinbarte Kaufpreis sofort fällig, in Raten zahlbar oder langfristig gestundet ist und wann der Verkaufserlös dem Veräußerer tatsächlich zufließt. Voraussetzung hierfür ist nach der Besprechungsentscheidung jedoch, dass der Kaufpreis der Höhe nach feststeht. Der Gewinnverzicht zugunsten des Veräußerers ist unter diesen Voraussetzungen nichts anderes als die dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel entsprechende Entnahme des Gewinnanteils durch den Erwerber zur Tilgung seiner Kaufpreisverpflichtung gegenüber dem Altgesellschafter. Der disquotal dem Veräußerer überlassene Gewinn ist somit vom Erwerber zu versteuern.

3. Bitte beachten Sie, dass dies nicht gilt, wenn die Höhe der Kaufpreisforderung ausschließlich oder teilweise vom Gewinn des Erwerbers abhängt. Zwar liegt auch in diesem Fall ein Veräußerungsentgelt für die Übertragung des Teilmitunternehmeranteils vor. Der Veräußerungsgewinn wird bei solchen dem Grund und der Höhe nach ungewissen Forderungen jedoch erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Gewinnvorabs realisiert und ist erst zu diesem Zeitpunkt vom Veräußerer zu versteuern.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 27.10.2015 – VIII R 47/12

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