Das FG Münster hat mit Urteil v. 4.9.2019[8] zur Zuflussfiktion für Mietzahlungen entschieden.

Grundsatz: Die Zuflussfiktion gilt

  • nicht nur für Ausschüttungen,
  • sondern auch für schuldrechtliche Vergütungen an den Gesellschafter.

Zuflussfiktion setzt keine Aufwandsposition bei GmbH voraus: Es ist nicht erforderlich, dass von einem Zufluss beim beherrschenden Gesellschafter-GF nur dann auszugehen ist, wenn auf der Ebene der GmbH die entsprechende Erfassung als Aufwand in der Gewinnermittlung stattgefunden hat.[9]

Eine Ausnahme von der Fiktion des Zuflusses macht der BFH dann, wenn die GmbH zahlungsunfähig ist.[10]

a) Zahlungsunfähigkeit nach BGH-Verständnis

Insolvenzrechtlicher Begriff i.S.d. § 17 Abs. 2 InsO: Der BGH beurteilt den Begriff der Zahlungsunfähigkeit nach dem insolvenzrechtlichen Begriff i.S.d. § 17 Abs. 2 InsO. Danach sind in Beziehung zu setzen

  • die im maßgeblichen Zeitpunkt verfügbaren und innerhalb von drei Wochen in Liquidität umsetzbare Vermögensgegenstände
  • zu den am selben Stichtag fälligen und in den nächsten drei Wochen fällig werdenden Verbindlichkeiten.

Nicht zu beseitigende Unterdeckung von 10 % oder mehr: Ergibt sich eine innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Unterdeckung von 10 % oder mehr, ist regelmäßig von Zahlungsunfähigkeit der GmbH auszugehen.

Ausnahmsweise kann darauf abzustellen sein, wenn die Liquiditätslücke zwar mehr als drei Wochen später, aber in absehbarer Zeit vollständig oder fast vollständig beseitigt werden kann und den Gläubigern ein Zuwarten zuzumuten ist.[11]

b) Zahlungsunfähigkeit nach BFH-Verständnis

Einleitung eines Konkurs- oder Insolvenzverfahrens: Im Zusammenhang mit der Fiktion des Zuflusses beim beherrschenden Gesellschafter geht der BFH – abweichend von § 17 InsO – von einem engeren Begriff aus. Nach Auffassung des BFH dürfen überhaupt keine liquiden Mittel mehr vorhanden sein, um die Forderung der Gesellschaft erfüllen zu können. Der BFH geht von einer Illiquidität i.R.d. § 11 EStG erst dann aus, wenn ein Konkurs- oder Insolvenzverfahren eingeleitet ist.[12]

c) Sichtweise des FG Münster

Dem folgend geht das FG Münster in seiner Entscheidung vom 4.9.2019 davon aus, dass

  • die Nichterfüllung einer fälligen Forderung trotz rechtlicher Zugriffsmöglichkeit bzw.
  • die Hinnahme der Nichterfüllung trotz entsprechender Anweisungsmöglichkeit

eine Verfügung über diese Forderung darstellt, die den entsprechenden Zufluss auslöst. Unberücksichtigt anderer Verbindlichkeiten darf die Zahlung nicht faktisch unmöglich oder rechtlich unzulässig sein.

Ein rechtliches Zugriffshindernis liege nur dann vor, wenn der Gesellschafter seine gesellschaftsrechtliche Mehrheitsmacht nicht mehr dazu nutzen könne, den Zufluss herbeizuführen. Dies sei z.B. der Fall, wenn auf einen Insolvenzantrag hin das Insolvenzgericht mindestens einen vorläufigen Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt hat. In diesem Fall könne der Mehrheitsgesellschafter die GF nicht mehr anweisen, die Zahlung zu bewirken. Die Zahlung ohne Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wäre unwirksam.

Allein das Haftungsrisiko des § 64 S. 1 GmbHG stellt nach Auffassung des FG Münster kein rechtliches Zugriffshindernis dar. Insoweit wurde die Revision zugelassen.

Auch die Regelungen über die Insolvenzanfechtung (§ 129 ff. InsO) seien kein steuerrechtlich relevantes, rechtliches Zugriffshindernis i.S.d. Verhinderung eines fingierten Zuflusses beim beherrschenden Gesellschafter. Die Anfechtungsmöglichkeit nimmt dem beherrschenden Gesellschafter nicht das Recht zur Anweisung an den GF. Der GF unterliegt in dieser Konstellation keinem rechtlichen Zahlungsverbot.

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