Für Steuerberater, die sich aktiv mit den Veränderungen im wirtschaftlichen Umfeld des Berufsstandes auseinandersetzen wollen, ist private Vermögensberatung neben der Unternehmensberatung ein wesentlicher Bestandteil des Dienstleistungsportfolios. Er wird damit sozusagen zum "Finanzcoach "seiner Mandanten.

Die Ertragskraft einer Steuerberatungskanzlei hängt traditionell an den klassischen Tätigkeitsfeldern Finanzbuchhaltung, Jahresabschlusserstellung und Steuererklärungen. Die Margen in diesen Feldern stehen aber zunehmend unter Druck. Insbesondere zwei Trends spielen hier eine Rolle:

  1. Durch die Digitalisierung werden insbesondere die Buchhaltungsprozesse durch den höheren Automatisierungsgrad deutlich weniger zeitintensiv. Mandanten erwarten deshalb sinkende Buchhaltungshonorare, welche an anderer Stelle aufgefangen werden müssen. Aktuell stellen viele Kanzleien zusätzlich fest, dass die Digitalisierung kein Selbstläufer ist, sondern zeit- und kostenintensive Transformationsprozesse in den Kanzleien auslöst, die i. d. R. nicht von den Mandanten getragen werden. Die Deckungsbeiträge geraten daher noch stärker unter Druck.
  2. Durch einfach zu bedienende und häufig auch sehr preisgünstige Softwareprogramme müssen sich Steuerberater in den Bereichen Finanzbuchhaltung und Steuererklärung seit einigen Jahren einer völlig neuen Konkurrenz stellen. Diese Programme versetzen kleinere Mandanten in die Lage, bestimmte Aufgaben selbst zu erledigen und machen den Steuerberater in diesen Bereichen damit überflüssig.[1]

Kanzleien sind deshalb gut beraten, sich mit Beratungsfeldern zu beschäftigen, die eine hohe Mandantenbindung auslösen und dadurch sowohl selbst zur Umsatzsicherung beitragen als auch die Preissensibilität der Mandanten verringern. Die ganzheitliche Beratung aus Steuerberatung, Unternehmensberatung und dem Beratungsfeld Vermögensberatung erfüllt dieses Ziel und führt darüber hinaus zu einer echten "Beratung aus einer Hand".[2]

[1] So auch Farkas-Richling/Staab, Berater-Brief Vermögen 3/2004, S. 33;Beispiel Finanzbuchhaltung: Lexware financial office 249 EUR; Beispiel Einkommensteuererklärung: Aldi 4,95 EUR.
[2] Vgl. Lutz/Richter, DStR 1997, S. 41.

1.1 Begriffsdefinition

Was bedeutet eigentlich Vermögensberatung aus der Hand des Steuerberaters?

Eine wichtige Erkenntnisse ist, sie anders ist als Vermögensberatung durch Banken, Versicherungen oder freie Finanzdienstleister. Die Vermögensberatung durch Steuerberater grenzt sich sogar ganz bewusst davon ab.

Die Definition dieser Dienstleistung muss daher Steuerberater-spezifisch vorgenommen werden. Kerngedanke ist dabei die Analogie zur Unternehmensplanung mit der Betonung der Aspekte "Transparenz schaffen", "Entscheidungsgrundlagen liefern" und "strategisch beraten".

Dabei liegt der Schwerpunkt darin, über rechentechnische Modelle Zusammenhänge transparent aufzuzeigen, um den Mandanten bessere Entscheidungsgrundlagen zu liefern. Die Beratung findet nur auf strategischer Ebene statt. Also in der transparenten Darstellung von Vor- und Nachteilen der möglichen Handlungsalternativen.

Viele Steuerberater haben Scheu vor dieser Beratungsschiene, weil sie die Nähe zur reinen Produktberatung fürchten. Die nachfolgenden Ausführungen zeigen allerdings, dass sich die allermeisten Beratungsaspekte von den Produkten abgrenzen und eher der klassischen betriebswirtschaftlichen Beratung entsprechen, nur mit anderen Zahlen und einem anderen Fokus.

Da es zurzeit noch an einer theoretischen Definition der Vermögensberatung durch den Steuerberater fehlt, wird an dieser Stelle auf die gängige wissenschaftliche Erklärung des darin enthaltenen wesentlichen Teilaspekts der privaten Vermögens- und Finanzplanung verwiesen. Diese ist ein "systematischer Ansatz, der mit betriebswirtschaftlichen Methoden eine individuelle und bedarfsorientierte Optimierung der privaten Liquiditäts-, Finanz- und Vermögenslage des Mandanten ermöglicht".[1] Andere Definitionen betonen zusätzlich noch den Dienstleistungscharakter und die langfristige Betreuung des Mandanten.[2]

[1] Vgl. Vogelsang/Sachs/Uppena/Oehme/Liebing/Knorr, Handbuch Finanz- und Vermögensgestaltungsberatung, 2000, S. 25 ff.
[2] Vgl. Kloepfer, Marketing für die private Finanzplanung, 1999, S. 51; Kruschev, Private Finanzplanung, 1999, S. 21.

1.2 Abgrenzung zur Beratung durch die Finanzdienstleistungsbranche

Praktisch ist Vermögensberatung eine Dienstleistung, die etwa seit Mitte der Neunzigerjahre in Deutschland insbesondere durch die Banken in den Fokus der Mandanten gerückt wurde. Der Begriff der Vermögensberatung ist deshalb sowohl in der Öffentlichkeit als auch bei Steuerberatern von der Finanzdienstleistungsseite geprägt worden.

Von dieser Seite betrachtet, ist Vermögensberatung häufig eine Methode, um Produkte wie Versicherungen oder Investmentfonds-Sparpläne bedarfsorientiert zu verkaufen.[1] In der Finanzdienstleistungsbranche besteht daher eine natürliche Nähe zum Produktvertrieb, weil es in vielen Fällen auch ein Ziel der Beratung sein muss, einen konkreten Produktbedarf offen zu legen und zu befriedigen. Aufgrund der in Deutschland...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge