Leitsatz

Grundstücksschenkungen unter einer Auflage unterliegen hinsichtlich des Werts der Auflage der Grunderwerbsteuer, wenn die Auflage bei der Schenkungsteuer abziehbar ist. Unerheblich ist, ob die Auflage tatsächlich bei der Schenkungsteuer abgezogen wurde. Das gilt selbst dann, wenn die Grundstücksschenkung insgesamt von der Schenkungsteuer befreit ist.

 

Normenkette

§ 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG, § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. b ErbStG

 

Sachverhalt

Der Kläger, ein gemeinnütziger Verein, erhielt im Wege der Schenkung eine mit einem Wohnrecht belastete Immobilie. Die Zuwendung war gemäß § 13 Nr. 16 Buchst. b ErbStG von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit. Das FA setzte nach § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG wegen der mit dem Wohnrecht verbundenen Nutzungs- und Duldungsauflage Grunderwerbsteuer fest. Den Einwand des Klägers, die Auflage dürfe nicht für die Grunderwerbsteuer herangezogen werden, da diese tatsächlich nicht bei der Schenkungsteuer habe "abgezogen" werden können, ließen das FA und die Vorinstanz (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.10.2014, 5 K 2894/12, Haufe-Index 7536481, EFG 2015, 317) nicht gelten.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des BFH waren diese Entscheidungen richtig und die Revision war daher unbegründet: Der Wert des Wohnungsrechts unterliege, so der BFH, der Grunderwerbsteuer.

Zwar seien Grundstücksschenkungen grundsätzlich nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG steuerfrei. Schenkungen unter einer Auflage unterlägen gemäß § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG der Besteuerung jedoch hinsichtlich des Werts solcher Auflagen, die bei der Schenkungsteuer "abziehbar" sind. Denn derartige Nutzungs- oder Duldungsauflagen minderten bei der Schenkungsteuer die Bereicherung i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG. Die inzwischen aufgehobene Vorschrift der Nichtabziehbarkeit von Auflagen zugunsten des Schenkers (§ 25 ErbStG a.F.) habe für die Entscheidung keine Bedeutung.

Im Streitfall liege eine Grundstücksschenkung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vor; diese Schenkung sei unter dem Vorbehalt eines Wohnungsrechts erfolgt. Dabei handele es sich um eine Nutzungs- oder Duldungsauflage. Der Wert dieser Auflage unterliege nach § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG der Grunderwerbsteuer, obwohl die Grundstücksschenkung im Streitfall insgesamt von der Schenkungsteuer befreit sei. Hätte der Gesetzgeber zum Ausdruck bringen wollen, dass eine Schenkung unter einer Auflage nur insoweit der Grunderwerbsteuer unterliegt, als der Wert der Auflage bei der Schenkungsteuer tatsächlich abgezogen wurde, hätte er dies durch eine entsprechende Formulierung regeln können und müssen. Nach diesen Grund­sätzen sei es für § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG ohne Bedeutung, dass die freigebige Zuwendung des Grundstücks an den Kläger zwar steuerbar sei, aber nach § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. b ErbStG steuerfrei geblieben sei.

 

Hinweis

1. Der Grunderwerbsteuer unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG auch ein "anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet", wenn es sich auf ein inländisches Grundstück bezieht. Zu diesen anderen Rechtsgeschäften gehören auch Schenkungsversprechen, die den Beschenkten berechtigen, die versprochene Leistung in Gestalt eines Grundstücks zu fordern, §§ 518, 311b Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. Pahlke, GrEStG, 5. Aufl., § 1 Rz. 153).

2. Um eine Doppelbesteuerung mit Schenkungsteuer und Grunderwerbsteuer zu vermeiden, sind nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG u.a.von der Besteuerung ausgenommen die Grundstücksschenkungen unter Lebenden. Als Rückausnahme gemäß § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG unterliegen Schenkungen unter einer Auflage der Besteuerung jedoch hinsichtlich des Werts solcher Auflagen, die bei der Schenkungsteuer "abziehbar" sind. Aus dieser Systematik ergeben sich verschiedene Probleme.

a) Zunächst stellt sich die – auch für den Besprechungsfall entscheidende – Frage, ob es für das Wiederaufleben der Grunderwerbsteuerpflicht darauf ankommt, dass sich die Auflage bei der Schenkungsteuer tatsächlich ausgewirkt hat. Hier ist zu beachten, dass die Festsetzung von Schenkungsteuer einerseits und von Grunderwerbsteuer andererseits verfahrensrechtlich und materiell-rechtlich grundsätzlich unabhängig voneinander nach den jeweils geltenden Vorschriften zu erfolgen haben. Wie sich aus dem Wortlaut des § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG ergibt, der den Nebensatz "die bei der Schenkungsteuer abziehbar sind", grammatikalisch an "Auflagen" anknüpft, soll es für die Grunder­werbsteuer nur darauf ankommen, dass die Auflage bei der Schenkungsteuer dem Grunde nach abziehbar ist. Hätte der Gesetzgeber etwas anderes regeln wollen, hätte er dies – wie auch der Senat in der Begründung der Besprechungsentscheidung ausführt – durch eine entsprechende Formulierung zum Ausdruck bringen können und müssen (vgl. BFH, Urteil vom 20.11.2013, II R 38/12, BFH/NV 2014, 624, BFHE 243, 411, BStBl II 2014, 479).

b) Auch ist zu beachten, dass keine vollständige Übereinstimmung zwischen Entlastung bei der Schenkungsteuer und Belastung bei der Grunderwerbsteuer besteht. Die Abziehbarkeit der Nutzungs- oder Duldungsauflagen ...

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