Leitsatz

Wird im Rahmen einer Betriebsaufgabe ein betrieblich genutzter Grundstücksteil in das Privatvermögen überführt, so ist zur Ermittlung des Aufgabegewinns der gemeine Wert des gesamten Grundstücks in aller Regel nach einem Größenmaßstab (Nutzflächenverhältnis) und nicht nach dem Verhältnis von Ertragswerten (erzielbare Rohmiete; Mietwerte) aufzuteilen.

 

Normenkette

§ 16 Abs. 3 Satz 3 EStG 1991 , § 9 Abs. 2 BewG 1991

 

Sachverhalt

Der im Lauf des Klageverfahrens verstorbene Kläger betrieb früher im gesamten Erdgeschoss eines 4-geschossigen Wohn- und Geschäftshauses eine Apotheke, die er nach Eintritt in den Ruhestand an seinen Sohn verpachtete. Der Kläger behandelte die aus der Verpachtung der gewerblich genutzten Räume sowie der Betriebsausstattung erzielten Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb. Am 31.10.1991 stellte der Sohn den Betrieb der Apotheke ein. Die bis dahin hierfür genutzten Räume wurden ab dem 1.12.1991 an einen branchenfremden Unternehmer (Buchhändler) vermietet.

Die Beendigung der Verpachtung des gewerblich genutzten Gebäudeteils führte zu einer Betriebsaufgabe. Den Verkehrswert des gesamten Grundstücks ermittelte er mit 1 050 000 DM, den des gewerblich genutzten Grundstücksteils entsprechend dem Anteil an der gesamten Nutzfläche mit 284 000 DM (27 %).

Das FA setzte zunächst die Einkommensteuer für das Streitjahr antragsgemäß unter Vorbehalt der Nachprüfung fest, teilte aber in einem nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid den Verkehrswert des Grundstücks nach dem Verhältnis der Ertragswerte auf, was zu einem Verkehrswert (gemeiner Wert) des betrieblich genutzten Grundstücksteils von 587 580 DM (55,96 %) führte.

Das FG hat ein Sachverständigengutachten eingeholt, das den Verkehrswert des Grundstücks zum 31.10.1991 auf 965 000 DM schätzte und diesen Betrag nach den Ertragswerten aufteilte, so dass auf den betrieblich genutzten Grundstücksteil 535 600 DM (55,5 %) und auf den zu Wohnzwecken genutzten Teil 429400 DM (44,5 %) entfielen. Das FG folgte diesem Gutachten und wies die Klage dementsprechend überwiegend ab. Es war der Ansicht, das FA habe zwar den Verkehrswert des bis zur Betriebsaufgabe gewerblich genutzten Grundstücksteils methodisch zutreffend ermittelt, doch habe es als Ausgangswert einen zu hohen Verkehrswert für das gesamte Grundstück angenommen.

 

Entscheidung

Der BFH folgte der Auffassung des Klägers. Die Ableitung des Werts eines Grundstücksteils vom Gesamtwert sei nur im Weg der Schätzung möglich. Entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des BFH in vergleichbaren Fällen sei eine Aufteilung anhand der Nutzflächen vorzunehmen. Außerdem entspreche dies der in der Literatur hierzu vertretenen vorherrschenden Auffassung. Anhaltspunkte, dass im Streitfall eine Aufteilung nach dem Verhältnis der Nutzflächen zueinander ausnahmsweise zu einem unzutreffenden Ergebnis führe, seien nicht ersichtlich.

 

Hinweis

Wird ein betrieblich genutzter Grundstücksteil anlässlich einer Betriebsaufgabe in das Privatvermögen überführt, ist zunächst der Verkehrswert des gesamten Grundstücks zu ermitteln und sodann auf den betrieblich und den privat genutzten Grundstücksanteil aufzuteilen. Als Aufteilungsmaßstab kommt entweder das Verhältnis der Nutzflächen oder das Verhältnis der Ertragswerte in Betracht. Der BFH, der diese Frage bislang nicht entschieden hatte, hielt grundsätzlich eine Aufteilung des Verkehrswerts für das gesamte Grundstück nach den Nutzflächenanteilen für die geeignete Methode.

Zwar sprechen auch gute Gründe für eine Aufteilung anhand der Ertragswerte, der BFH hat aber bislang in allen vergleichbaren Fällen das Verhältnis der Nutzflächen für maßgebend erachtet, so dass eine abweichende Entscheidung einem Bruch mit der bisherigen Rechtsprechung gleichgekommen wäre. So sind nicht nur bei der erstmaligen Überführung eines Grundstücksanteils in das Betriebsvermögen nach seiner Fertigstellung die zu aktivierenden Herstellungs- oder Anschaffungskosten nach dem Verhältnis der Nutzflächen aufzuteilen. Auch für eine spätere Aufteilung der Kosten eines Gebäudes, von dem ein Teil zu eigenen betrieblichen Zwecken, ein Teil zu fremden betrieblichen Zwecken, ein Teil zu eigenen und ein Teil zu fremden Wohnzwecken genutzt wird, ist ebenfalls jeweils das Verhältnis der Nutzfläche des einzelnen Gebäudeteils zur Nutzfläche des gesamten Gebäudes maßgeblich.

Ist fraglich, ob ein eigenbetrieblich genutzter Grundstücksteil "von untergeordneter Bedeutung" ist und daher seine Bilanzierung im Ermessen des Gewerbetreibenden steht, erfolgt die Aufteilung des hierfür maßgebenden gemeinen Werts des gesamten Grundstücks ebenfalls nach dem Verhältnis der Nutzflächen. Entsprechendes gilt bei einer Entnahme.

Es wäre daher nicht verständlich, weswegen bei einer Betriebsaufgabe nunmehr ein anderer Aufteilungsmaßstab gelten solle. Bei Betriebsaufgaben ist eine Aufteilung nach dem Verhältnis der Nutzflächen regelmäßig für den Steuerpflichtigen günstiger als eine Aufteilung anhand der Ertragswerte.

 

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