Kommentar

Zum 1.1.2019 sind unionsrechtlich harmonisierte Regelungen in Kraft getreten, die die Behandlung von sog. Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheinen vereinheitlichen und vereinfachen sollten. Nach knapp 2 Jahren und 2 Vorentwürfen hat die Finanzverwaltung nun eine bundeseinheitliche Interpretation der Rechtsvorschriften vorgestellt.

Die rechtliche Problematik

Zum 1.1.2019 sind in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union die schon 2016 unionsrechtlich beschlossenen[1] Vorschriften für Gutscheine in nationale Regelungen[2] aufgenommen worden. Die Vorgaben wurden dabei gesetzlich wie folgt umgesetzt:

  • In § 3 Abs. 13 UStG ist eine allgemeine Definition der Gutscheine aufgenommen worden.
  • In § 3 Abs. 14 UStG ist der sog. "Einzweck-Gutschein" mit Voraussetzungen und Rechtsfolgen geregelt worden.
  • In § 3 Abs. 15 UStG ist der sog. "Mehrzweck-Gutschein" in Abgrenzung zum Einzweck-Gutschein mit seinen Rechtsfolgen geregelt worden.
  • Zur zutreffenden Bestimmung der Bemessungsgrundlage ist ergänzend ein Hinweis in § 10 Abs. 1 Satz 6 UStG zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage bei Mehrzweck-Gutscheinen eingefügt worden.

1) Definition des Gutscheins

Als Gutschein wird in § 3 Abs. 13 UStG ein Instrument bezeichnet, bei dem die Verpflichtung besteht, es als vollständige oder teilweise Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung anzunehmen und bei dem der Leistungsgegenstand oder der Leistende in dem Gutschein oder anderen damit zusammenhängenden Unterlagen angegeben sind. Berechtigungen, die lediglich zu einer Preisermäßigung führen können (z. B. "Berechtigung, eine Ware 20 % billiger erwerben zu können"), stellen keine Gutscheine i. S. der Regelung dar. Ein Gutschein liegt damit dann vor, wenn der Inhaber des Gutscheins berechtigt ist, ihn an Zahlungs statt zur Einlösung gegen Gegenstände oder sonstige Leistungen zu verwenden.

2) Einzweck-Gutschein

Ein Einzweck-Gutschein nach § 3 Abs. 14 UStG liegt vor, wenn der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die für diese Umsätze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen. Damit müssen schon bei (Erst-)Ausgabe des Gutscheins alle notwendigen Informationen vorliegen, um die umsatzsteuerliche Behandlung der zugrundeliegenden Umsätze mit Sicherheit bestimmen zu können.

Wichtig

Damit müssen 2 wesentliche Elemente für die Annahme eines Einzweck-Gutscheins vorliegen: Leistungsort und Gegenstand der Leistung. Beide Voraussetzungen müssen entsprechend den umsatzsteuerrechtlichen Vorgaben umgesetzt werden.

Ort der Leistung: Der Ort einer Lieferung oder einer sonstigen Leistung bestimmt sich nach konkreten, auf die jeweilige Leistung abgestimmten gesetzlichen Regelungen. Sonderregelungen für die Erbringung einer Leistung unter Inanspruchnahme eines Gutscheins sind dem Umsatzsteuerrecht fremd. Damit muss darauf abgestellt werden, nach welchen gesetzlichen Regelungen sich der Ort der aufgrund des Gutscheins ausgeführten Leistung bestimmt. Da es im Ergebnis darauf ankommt, in welchem Land eine Umsatzsteuer entsteht, muss die örtliche Festlegung nur so exakt erfolgen, dass der Umsatz einem Land zugeordnet werden kann.

Probleme ergeben sich aber in den Fällen, in denen bei der Art der auszuführenden Leistungen in Abhängigkeit vom jeweiligen Leistungsempfänger unterschiedliche Leistungsorte denkbar sind (z. B. auf elektronischem Weg erbrachte Leistungen sind dort ausgeführt, wo der Leistungsempfänger ansässig ist[3]; Versandhandelslieferungen in einen anderen Mitgliedstaat an Nichtunternehmer können am Wohnsitz des Leistungsempfängers ausgeführt sein, wenn der Lieferer die Lieferschwelle des Bestimmungslands übersteigt[4]). Zwar fingiert hier das Gesetz mit der Übertragung des Gutscheins schon die Ausführung der Leistung, diese Fiktion kann aber nicht gleichzeitig als sicherer Ort der Leistung für die Festlegung als Einzweck-Gutschein ausreichend sein.

Umsatzsteuer: Die Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, muss so genau definiert sein, dass sich die geschuldete Steuer schon bei Ausgabe des Gutscheins sicher ermitteln lässt. Auch hier ergeben sich in der Praxis viele Fragen, die sich allein aus der gesetzlichen Regelung nicht beantworten lassen. Die geschuldete Steuer hängt von diversen systematischen Voraussetzungen ab: Steuerbarkeit, Steuerpflicht, Steuersatz und auch die Frage, wer der Steuerschuldner für die Leistung ist, haben einen entscheidenden Einfluss auf die Höhe der Steuer. Zumindest muss – damit ein Einzweck-Gutschein vorliegen kann – die Steuer im Moment der Ausgabe des Gutscheins anhand der Angaben dieses Gutscheins eindeutig ermittelbar sein; spätere Veränderungen (z. B. im Rahmen der temporären Steuersatzabsenkung können hier keinen Einfluss mehr haben).

Liegt ein Einzweck-Gutschein vor, ist die Rechtsfolge klar gesetzlich beschrieben: Es muss die sich aus dem Gutschein ergebende Leistung schon abschließend bei jeder Übertragung (Ausgabe oder Weiterverkauf) des Gutscheins der Besteuerung unt...

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