Entscheidungsstichwort (Thema)

Schichtarbeit im Großhandel

 

Leitsatz (redaktionell)

Schichtzeit im Sinne des Manteltarifvertrages für den Nahrungsmittelgroßhandel Niedersachsen vom 30. November 1981 und vom 24. Juli 1986 ist dann gegeben, wenn eine bestimmte Arbeitsaufgabe über einen erheblichen, längeren Zeitraum als die wirkliche Arbeitszeit eines Arbeitnehmers erfüllt wird und von mehreren Arbeitnehmern oder Arbeitnehmergruppen in einer geregelten zeitlichen Reihenfolge erbracht wird. Dabei muß nicht der jeweils abgelöste Arbeitsplatz identisch sein; ausreichend ist, wenn die übereinstimmende Arbeitsaufgabe von untereinander austauschbaren Arbeitnehmern erbracht wird.

 

Normenkette

TVG § 1; AZO § 2

 

Verfahrensgang

LAG Niedersachsen (Entscheidung vom 24.10.1989; Aktenzeichen 8 (5) Sa 306/89)

ArbG Hannover (Entscheidung vom 16.01.1989; Aktenzeichen 6 Ca 231/88)

 

Tatbestand

Der Kläger ist bei der Beklagten als Kraftfahrer beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit der Manteltarifvertrag für den Nahrungsmittelgroßhandel Niedersachsen (MTV) Anwendung. Im Betrieb der Beklagten bestehen in den einzelnen Abteilungen, wie dem Lager, der Disposition, dem Terminal, der Warenannahme usw. unterschiedliche Arbeitszeiten. Im Fuhrpark, in dem der Kläger eingesetzt wird, sind drei Gruppen von Arbeitnehmern tätig, von denen eine Gruppe von 3.00 - 13.00 Uhr, eine Gruppe von 4.00 - 14.00 Uhr und eine Gruppe von 14.00 - 24.00 Uhr arbeitet.

Der Kläger fährt seine Tour stets in der Zeit von 4.00 Uhr bis 14.00 Uhr. Diese Tour wird, wie die meisten der insgesamt 30 Auslieferungstouren, täglich nur einmal gefahren. Einige Touren werden im Wechsel von zwei Fahrern befahren. Dabei übernimmt ein Fahrer die Frühtour, während ein anderer Fahrer danach mit demselben LkW den Lager-Lager-Verkehr durchführt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß ihm für die Zeit von 4.00 Uhr bis 6.00 Uhr ein tariflicher Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 15 % des Stundenverdienstes zusteht. Dieser sei in § 5 Ziff. 2 d MTV für "Schichtarbeit, die in die Nachtzeit fällt", vorgesehen. "Schichtarbeit" i. S. dieser tariflichen Bestimmung sei die arbeitstägliche Arbeitszeit einschließlich der Pausen und der Arbeitsbereitschaftszeiten. Soweit seine Arbeitszeit in die Zeit von 4.00 Uhr bis 6.00 Uhr falle, handele es sich um "Nachtarbeit" i. S. von § 4 Ziff. 2 MTV, so daß ihm der Zuschlag für zwei Stunden arbeitstäglich zustehe, soweit nicht für Mehr-, Sonn- oder Feiertagsarbeit ein höherer Zuschlag zu zahlen sei. Für die Zeit von November 1986 bis April 1988 hat der Kläger seine Ansprüche auf 1.132,20 DM brutto beziffert.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.132,20 DM

brutto nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu

zahlen,

2. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist,

für jede Arbeitsstunde, die Nachtarbeit im Sinne

des § 4 Ziff. 2 des Manteltarifvertrages für den

Nahrungsmittelgroßhandel in Niedersachsen und

Bremen vom 24. Juli 1986 ist, für die Dauer der

Laufzeit dieses Tarifvertrages eine Zulage auf den

Stundenlohn in Höhe von 15 % gemäß § 5 Ziff. 2 d

monatlich, beginnend ab 1. Mai 1988 zu zahlen,

sofern nicht gemäß § 5 MTV eine höhere Zulage an

ihn zu zahlen ist.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, daß dem Kläger der geltend gemachte Anspruch nicht zusteht. Er leiste keine Schichtarbeit im Tarifsinne. Schichtarbeit erfordere, daß eine Arbeitsaufgabe von mehreren Arbeitnehmern, die einander ablösten, ausgeführt werde. Diese Voraussetzung liege beim Kläger nicht vor, da er seine Tour nur alleine während seiner festen, regelmäßigen Arbeitszeit von 4.00 Uhr bis 14.00 Uhr befahre.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision. Dabei hat er seinen Zinsanspruch auf Zinsen aus dem Nettobetrag beschränkt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben mit Recht erkannt, daß der Kläger für seine Arbeitszeit von 4.00 Uhr bis 6.00 Uhr Anspruch auf einen Zuschlag für Schichtarbeit, die in die Nachtzeit fällt, nach § 5 Ziff. 2 d MTV hat.

Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit der Manteltarifvertrag für den Nahrungsmittelgroßhandel in Niedersachsen und Bremen (MTV) unmittelbar und zwingend Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Für die Beurteilung des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs auf den Nachtarbeitszuschlag sind demgemäß folgende tarifliche Bestimmungen i.d.F. des MTV vom 30. November 1981, gültig ab 1. Januar 1981 und vom 24. Juli 1986, gültig ab 1. Januar 1987 heranzuziehen:

§ 4 - Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit

----------------------------------------------

...

2. Nachtarbeit ist die in der Zeit zwischen 21.00 und 6.00

Uhr geleistete Arbeit.

...

§ 5 - Vergütung der Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit

------------------------------------------------------------

...

2. Im übrigen sind folgende Zuschläge zu zahlen:

...

c) für Nachtarbeit, die gleichzeitig Mehrarbeit

ist 60 %

d) für Schichtarbeit, die in die Nachtzeit

fällt 15 %

...

Beim Zusammentreffen mehrerer Zuschläge ist nur der

jeweils höhere zu zahlen.

Das Landesarbeitsgericht nimmt an, daß dem Kläger für die während seiner regelmäßigen Arbeitszeit von 4.00 Uhr bis 6.00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden der Zuschlag für "Schichtarbeit, die in die Nachtzeit fällt" gemäß § 5 Ziff. 2 d MTV zustehe. Unter "Schichtarbeit" sei mangels näherer Erläuterung im Tarifvertrag nach allgemeinem Sprachgebrauch die Arbeit in mehreren Schichten zu verstehen, wobei wesentlich sei, daß die Arbeitsplätze schichtübergreifend besetzt seien, die Arbeitnehmer sich also bei der Besetzung der Arbeitsplätze abwechselten. Schichtarbeit in diesem Sinne leiste der Kläger nicht, da sein Arbeitsplatz, nämlich die von ihm gefahrene Auslieferungstour, nur von ihm während seiner regelmäßigen Arbeitszeit von 4.00 Uhr bis 14.00 Uhr und damit nur einschichtig besetzt sei. Die tarifliche Bestimmung des § 5 Ziff. 2 d MTV sei jedoch unter Berücksichtigung des tariflichen Gesamtzusammenhanges und ihrer Entstehungsgeschichte dahingehend auszulegen, daß der Zuschlag für regelmäßig geleistete Nachtarbeit zu zahlen sei, ohne daß es darauf ankomme, ob der Arbeitsplatz mehr- oder wechselschichtig besetzt sei. Die Leistung von Schichtarbeit im herkömmlichen Sinne sei keine eigenständige Voraussetzung für den Anspruch auf den Zuschlag nach § 5 Ziff. 2 d MTV. Mit dem Zuschlag sollen vielmehr nur die Erschwernisse abgegolten werden, die durch regelmäßige Nachtarbeit bedingt seien. Da die vom Kläger regelmäßig in der Zeit von 4.00 Uhr bis 6.00 Uhr geleistete Arbeit gemäß § 4 Ziff. 2 MTV in die Nachtzeit falle, stehe ihm für diese beiden Arbeitsstunden der Zuschlag nach § 5 Ziff. 2 d MTV zu. Tariflich werde nicht gefordert, daß die Nachtarbeit während der Arbeitszeit überwiegen müsse.

Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts ist im Ergebnis, wenn auch nicht in der Begründung zuzustimmen.

Bei den vom Kläger in der Zeit vom 4.00 Uhr bis 6.00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden handelt es sich im Sinne von § 5 Ziff. 2 d MTV um Schichtarbeit, die in die Nachtzeit fällt. Die Arbeitsstunden liegen in der Nachtzeit, die nach § 4 Ziff. 2 MTV die Zeit von 21.00 Uhr bis 6.00 Uhr umfaßt. Ebenso sind die Voraussetzungen einer "Schichtarbeit" im tariflichen Sinne gegeben. Bei der Auslegung des tariflichen Rechtsbegriffs der "Schichtarbeit" geht das Landesarbeitsgericht von den Grundsätzen der Tarifauslegung aus, wie sie der Senat in ständiger Rechtsprechung entwickelt hat. Danach hat die Tarifauslegung - entsprechend den Grundsätzen der Gesetzesauslegung - zunächst von dem Tarifwortlaut auszugehen. Dabei ist jedoch über den reinen Tarifwortlaut hinaus der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnormen mitzuberücksichtigen, sofern und soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Hierzu ist auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen, der häufig schon deswegen mitberücksichtigt werden muß, weil nur daraus und nicht aus der einzelnen Norm auf den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien geschlossen und so nur bei Berücksichtigung des tariflichen Gesamtzusammenhanges der Sinn und Zweck der Tarifnormen zutreffend ermittelt werden kann. Verbleiben bei entsprechender Auswertung des Tarifwortlautes und des tariflichen Gesamtzusammenhanges als den stets und in erster Linie heranzuziehenden Auslegungskriterien im Einzelfalle noch Zweifel, so kann zur Ermittlung des wirklichen Willens der Tarifvertragsparteien auf weitere Kriterien wie die Tarifgeschichte, die praktische Tarifübung und die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages zurückgegriffen werden (vgl. BAGE 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung m.w.N.).

Da die Tarifvertragsparteien den Begriff der Schichtarbeit i. S. von § 5 Ziff. 2 b MTV selbst nicht besonders erläutert haben, ist bei der Auslegung nach dem Tarifwortlaut von seiner allgemeinen arbeitsrechtlichen Bedeutung auszugehen (BAG Urteil vom 8. Juni 1988 - 4 AZR 798/87 - AP Nr. 20 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel). Zwar kann vom Wortlaut her unter Schichtarbeit nicht nur die "Arbeit in mehreren Schichten", sondern auch die "Arbeit in einer Schicht" verstanden werden (vgl. BAGE 5, 107, 113 = AP Nr. 1 zu § 8 TVG). Nach seiner allgemeinen arbeitsrechtlichen Bedeutung ist für den Begriff der Schichtarbeit jedoch wesentlich, daß eine bestimmte Arbeitsaufgabe über einen erheblich längeren Zeitraum als die wirkliche Arbeitszeit eines Arbeitnehmers hinaus erfüllt und daher von mehreren Arbeitnehmern (oder Arbeitnehmergruppen) in einer geregelten zeitlichen Reihenfolge, teilweise auch außerhalb der allgemein üblichen Arbeitszeit, erbracht wird (vgl. BAG Urteil vom 18. Januar 1983 - 3 AZR 447/80 - AP Nr. 1 zu § 24 BMT-G II). Bei der Schichtarbeit arbeiten nicht sämtliche Beschäftigte eines Betriebes zu gleicher Zeit, sondern ein Teil arbeitet, während der andere Teil arbeitsfreie Zeit hat, beide Teile sich aber regelmäßig nach einem feststehenden und überschaubaren Plan ablösen (vgl. BAG Urteile vom 23. September 1960 - 1 AZR 567/59 - AP Nr. 4 zu § 2 AZ0; vom 20. Dezember 1961 - BAGE 12, 143 = AP Nr. 7 zu § 59 BetrVG und vom 20. Januar 1965 - 4 AZR 424/63 - AP Nr. 1 zu § 1 TVG Tarifverträge: Betonsteingewerbe; Denecke/Neumann, AZ0, 10. Aufl., § 2 Rz 2). Dabei muß nicht der jeweils abgelöste Arbeitsplatz identisch sein, sondern nur eine übereinstimmende Arbeitsaufgabe von untereinander austauschbaren Arbeitnehmern erfüllt werden (BAG Urteil vom 4. Februar 1988 - 6 AZR 203/85 - AP Nr. 17 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk).

Diesen Grundsätzen entsprechend ist auch der Begriff der Schichtarbeit i. S. von § 5 Ziff. 2 d MTV auszulegen. Die Tarifvertragsparteien verlangen als Voraussetzung für den hier strittigen Zuschlag nicht den Einsatz des Arbeitnehmers in Wechselschichten in dem Sinne, daß der Arbeitnehmer die ihm übertragene Arbeitsaufgabe zu unterschiedlichen Schichtzeiten erfüllen muß (vgl. BAG Urteil vom 20. Januar 1965 - 4 AZR 424/63 - AP Nr. 1 zu § 1 TVG Tarifverträge: Betonsteingewerbe). Sie verlangen ebensowenig, daß die überwiegende Arbeitszeit einer Schicht innerhalb der Nachtzeit liegen muß (vgl. BAG Urteil vom 8. Juni 1988 - 4 AZR 798/87 - AP Nr. 20 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel). Maßgebend im Sinne der tariflichen Bestimmung ist vielmehr, ob eine übereinstimmende Arbeitsaufgabe durch untereinander austauschbare Arbeitnehmer, die sich regelmäßig, nach einem feststehenden und überschaubaren Plan untereinander ablösen, erledigt wird, wobei der Arbeitsplatz jedoch nicht identisch zu sein braucht.

Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts rechtfertigt sich aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang und der Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages keine vom Wortlaut der tariflichen Bestimmung des § 5 Ziff. 2 d MTV abweichende Auslegung in dem Sinne, daß die Tarifvertragsparteien nur regelmäßige Nachtarbeit, aber keine Schichtarbeit fordern. Die Tarifvertragsparteien haben bereits in der Fassung des MTV vom 29. Juni 1977 einen Zuschlag für Nachtarbeit als solche nicht mehr vorgesehen, sondern den Zuschlag für Nachtarbeit, die gleichzeitig Mehrarbeit ist (§ 5 Ziff. 2 c MTV) auf 60 v.H. und für Schichtarbeit, die in die Nachtzeit fällt (§ 5 Ziff. 2 d MTV) auf 15 % des Stundenverdienstes festgelegt. Diese Entscheidung der Tarifvertragsparteien ist von den Gerichten nicht auf ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen. Aus ihr folgt vielmehr bindend, daß die Tarifvertragsparteien für Nachtarbeit nur unter den genannten Voraussetzungen einen Zuschlag vorsehen wollen. Dabei mag hinsichtlich der Höhe des Zuschlags durchaus die Unterscheidung einer unregelmäßigen Belastung durch Nachtarbeit als Mehrarbeit und einer regelmäßigen Belastung durch Nachtarbeit als Schichtarbeit von Bedeutung gewesen sein. In den tariflichen Bestimmungen kommt aber nicht hinreichend zum Ausdruck, daß die Tarifvertragsparteien den Begriff der Schichtarbeit überflüssigerweise und damit ohne eigene Bedeutung anstelle des in den früheren Fassungen des MTV enthaltenen Begriffes der "Nachtarbeit" verwenden wollen.

Auch daraus, daß die Tarifvertragsparteien in den Überschriften der §§ 4 und 5 MTV den Begriff der "Schichtarbeit" nicht aufgeführt haben, folgt nichts anderes. Die Tarifvertragsparteien sehen in den tariflichen Bestimmungen nämlich keinen Schichtzuschlag vor, sondern, soweit dies vorliegend von Bedeutung ist, nur zwei Arten von Nachtzuschlägen, nämlich den Zuschlag für Nachtarbeit, die gleichzeitig Mehrarbeit ist und für Nachtarbeit als Schichtarbeit. Damit ist der tarifliche Gesamtzusammenhang in sich schlüssig und rechtfertigt nicht die Annahme, daß von der Voraussetzung der Leistung von Schichtarbeit abgesehen werden könne.

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich aufgrund seiner tatsächlichen Feststellungen aber im Ergebnis als zutreffend. Bei den vom Kläger in der Zeit von 4.00 Uhr bis 6.00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden handelt es sich um Schichtarbeit i.S. von § 5 Ziff. 2 d MTV, da zwar nicht der Arbeitsplatz des Klägers über seine persönliche Arbeitszeit hinaus besetzt wird, sein Einsatz jedoch zur Erledigung einer übereinstimmenden Arbeitsaufgabe durch untereinander austauschbare Arbeitnehmer, die sich regelmäßig, nach einem feststehenden und überschaubaren Plan untereinander ablösen, erfolgt.

Der Kläger ist als Kraftfahrer im Fuhrpark der Beklagten beschäftigt. Aufgabe des Fuhrparks ist die Auslieferung von Waren. Diese erfolgt durch die sogenannten Auslieferungstouren und den Lager-Lager-Verkehr. Diese Arbeitsaufgabe wird von drei Arbeitnehmergruppen, die regelmäßig nach einem feststehenden, überschaubaren Plan zu unterschiedlichen Arbeitszeiten, nämlich von 3.00 Uhr bis 13.00 Uhr, von 4.00 Uhr bis 14.00 Uhr und von 14.00 Uhr bis 24.00 Uhr eingesetzt werden, erledigt. Damit liegt bezogen auf die Arbeitsaufgabe auch des Klägers Schichtarbeit im Tarifsinne vor. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kommt es nämlich nicht darauf an, ob die vom Kläger gefahrene Auslieferungstour von einem weiteren Kraftfahrer im Laufe des Tages noch einmal bedient wird. Eine Identität des abgelösten Arbeitsplatzes kann als Voraussetzung für Schichtarbeit im Tarifsinne nicht verlangt werden. Maßgeblich ist vielmehr, ob nach der 0rganisation der Beklagten die Auslieferung von Waren nur in einer die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers oder einer Arbeitnehmergruppe übersteigenden Zeit erfüllt werden kann und deshalb in Bezug auf diese Arbeitsaufgabe eine schichtübergreifende Regelung erforderlich ist. Diese Voraussetzung ist nach den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts gegeben. Die im Fuhrpark beschäftigten Arbeitnehmer wären als Kraftfahrer auch untereinander austauschbar. Darauf, ob sie tatsächlich in wechselnden Schichtzeiten eingesetzt werden, kommt es nach der tariflichen Bestimmung hingegen nicht an.

Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Schaub Schaub Dr. Freitag

für Dr. Etzel, der sich

im Urlaub befindet.

Wiese Schmalz

 

Fundstellen

DB 1990, 2274-2274 (Leitsatz 1)

NZA 1990, 861-862 (Leitsatz 1 und Gründe)

RdA 1990, 319

ZTR 1990, 480-481 (Leitsatz 1 und Gründe)

AP § 1 TVG, Nr 6

EzA § 4 TVG Großhandel, Nr 1 (Leitsatz 1 und Gründe)

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