Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulage für Flugverkehrsdienst-Nebenabrede

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die tariflichen Tätigkeitsmerkmale des Teils III C I der Vergütungsordnung zum BAT gelten nur für unmittelbar im Flugsicherungsdienst tätige Angestellte. Nur ihnen stehen wegen der besonderen Erschwernisse im Flugsicherungsdienst auch die dort vorgesehenen Zulagen zu.

2. Wird die Gewährung einer solchen Zulage mit einem nicht im Flugsicherungsdienst tätigen Angestellten vereinbart, so liegt eine der Schriftform bedürftige Nebenabrede im Sinne von § 4 Abs 2 BAT vor. Die Berufung auf die Unterlassung der Einhaltung der Schriftform kann arglistig sein.

3. Der Anspruch auf Zahlung einer derartigen Zulage unterliegt der zweijährigen Verjährung nach § 196 Abs 1 Nr 8 BGB.

4. Wird eine solche Zulage ohne Bestehen eines einzelvertraglichen Anspruches von einem öffentlichen Arbeitgeber rechtsgrundlos in der irrigen Annahme des Bestehens einer entsprechenden tariflichen Verpflichtung gezahlt, so kann er sich von der Weitergewährung einseitig ohne Änderungskündigung und ohne Einschaltung des Personalrats lossagen (Bestätigung von BAG vom 21.04.1982 4 AZR 671/79 = BAGE 38, 291 = AP Nr 5 zu § 1 TVG Tarifverträge Bundesbahn sowie des Urteils des Senats vom 29. Januar 1986 - 5 AZR 279/84 -, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).

 

Orientierungssatz

Betriebliche Übung im öffentlichen Dienst.

 

Normenkette

BAT §§ 4, 26, 33; BGB §§ 125, 196, 241, 781; BPersVG § 75; BAT § 22 Fassung: 1975-03-17

 

Verfahrensgang

LAG München (Entscheidung vom 14.09.1983; Aktenzeichen 9 Sa 15/83)

ArbG München (Entscheidung vom 31.08.1982; Aktenzeichen 19 Ca 2740/81)

 

Tatbestand

Die gewerkschaftlich organisierte Klägerin war vom 1. April 1974 bis 31. März 1982 bei der der Bundesanstalt für Flugsicherung unterstellten Flugsicherungsschule M als sogenannte "Radarsimulator-Pilotin" im Angestelltenverhältnis tätig. Der Radarsimulator ist ein Trainingsgerät, mit dessen Hilfe eine möglichst wirklichkeitsnahe Aus- und Fortbildung der Fluglotsen erreicht werden soll. Beim Einstellungsgespräch wurde der Klägerin Vergütung nach VergGr. VI b BAT und eine Zulage in Höhe von monatlich 75,-- DM zugesagt. In der Auszahlungsanordnung vom 3. Juli 1974 wurde diese Zulage als "Zulage gemäß § 1 Abschnitt I Fußnote 4 der Vergütungsgruppe VI b" bezeichnet. Schon im Jahre 1974 wurde die Zulage auf einen monatlichen Betrag von 200,-- DM erhöht. Die Auszahlung der erhöhten Zulage an die Klägerin erfolgte ohne mündliche oder schriftliche Benachrichtigung und ohne eine erneute Auszahlungsanordnung. Mit Schreiben vom 11. Januar 1980 wurde der Klägerin die Einstellung der Zahlung der Zulage mit Wirkung vom 1. Januar 1980 mitgeteilt.

Mit ihrer am 3. Juni 1980 erhobenen Klage hat die Klägerin die Beklagte für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Mai 1980 auf Fortzahlung der Zulage nebst 4 v.H. Zinsen seit dem jeweiligen Fälligkeitsdatum in Höhe von 1.000,-- DM in Anspruch genommen. Sie hat vorgetragen, die Zulage sei ihr zu Unrecht entzogen worden, da ihre Tätigkeit der eines Assistenten im Flugsicherungsdienst vergleichbar sei. Jedenfalls habe sie auf die Zulage einen einzelvertraglichen Anspruch, da sie ihr ausdrücklich zugesagt worden sei. Sollte sich demgegenüber die Beklagte auf die fehlende Schriftform der entsprechenden Vereinbarung berufen, so handele sie schon im Hinblick auf die langdauernde Gewährung der Zulage arglistig. Im übrigen spreche viel dafür, die streitbefangene Zulage als echtes Arbeitsentgelt anzusehen, so daß überhaupt keine der Schriftform bedürftige Nebenabrede vorliege. Außerdem bestehe über die Zulagengewährung eine betriebliche Übung. Auch im Hinblick darauf habe sich die Beklagte nicht ohne Änderungskündigung und auch nicht ohne Einschaltung des Personalrats von der Weiterzahlung lossagen können. Demgemäß hat die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin

1.000,-- DM brutto nebst 4 v.H. Zinsen aus

jeweils 200,-- DM ab dem jeweiligen Fällig-

keitsdatum zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und erwidert, die Klägerin habe keinen Anspruch auf die eingeklagte Zulage. Sie könne weder 75,-- DM noch 200,-- DM monatlich verlangen. Selbst wenn ihr eine monatliche Zulage von 75,-- DM zugesagt worden sein sollte, fehle es an einer wirksamen einzelvertraglichen Vereinbarung, weil es sich dabei um eine Nebenabrede im Sinne von § 4 Abs. 2 BAT handele, für die tariflich zwingend Schriftform vorgeschrieben sei. Jedenfalls aber fehle es an einer Vereinbarung über den erhöhten Betrag von 200,-- DM monatlich. Die Zulage sei ohnehin nicht in Erfüllung einer vertraglichen Vereinbarung gezahlt worden. Vielmehr habe sie rechtsirrtümlich eine entsprechende tarifliche Verpflichtung angenommen. Da mithin die Klägerin die Zulage rechtsgrundlos bezogen habe, habe sie sich einseitig von der Leistung ohne Änderungskündigung und ohne Einschaltung des Personalrates lossagen können. Sie habe erst später erkannt, daß die Klägerin, die im Wege der Lückenausfüllung in die VergGr. VI b BAT eingruppiert worden sei, deswegen keinen entsprechenden tariflichen Anspruch haben könne, weil sie nicht im Flugsicherungsdienst, sondern lediglich am Radarsimulator tätig gewesen sei. Auf eine betriebliche Übung könne sich die Klägerin nicht stützen. Auch ihrer Entstehung stehe § 4 Abs. 2 BAT entgegen. Von arglistigem Verhalten auf ihrer Seite könne nicht die Rede sein.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer am 14. Februar 1983 zugestellten Berufungsbegründung hat die Klägerin klageerweiternd von der Beklagten die Zulage auch noch für den Anspruchszeitraum vom 1. Juni 1980 bis 31. März 1982 verlangt und sie demgemäß auf Zahlung von 5.400,-- DM brutto nebst 4 v.H. Zinsen seit jeweiliger Fälligkeit in Anspruch genommen. Die Beklagte hat Abweisung auch der erweiterten Klage beantragt und die Einrede der Verjährung erhoben. Das Landesarbeitsgericht hat unter teilweiser Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils in Höhe von 1.500,-- DM nebst 4 v.H. Zinsen ab jeweiliger Fälligkeit nach näherer Staffelung nach dem Klagebegehren erkannt. Im übrigen wurde die Berufung der Klägerin zurückgewiesen bzw. ihre erweiterte Klage abgewiesen.

Gegen das berufungsgerichtliche Urteil haben beide Parteien Revision eingelegt. Die Klägerin verlangt mit ihrer Revision die ihr vom Landesarbeitsgericht gemäß ihrem Berufungsantrag nicht zuerkannten 3.900,-- DM nebst Zinsen unter Beschränkung auf die Nettobeträge. Die Beklagte beantragt Klageabweisung auch insoweit, als das Landesarbeitsgericht nach dem Begehren der Klägerin erkannt hat. Beide Parteien beantragen Zurückweisung der jeweiligen gegnerischen Revision.

 

Entscheidungsgründe

Beide Revisionen sind nicht begründet. Im Ergebnis ist die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts in allen Teilen zutreffend, obgleich ihr der Senat stellenweise in der Begründung nicht folgt. Dabei ist davon auszugehen, daß das Landesarbeitsgericht der Klägerin für den gesamten Anspruchszeitraum - mit Ausnahme der Zeit vom 1. Juni bis 31. Dezember 1980 - einen Betrag von monatlich 75,-- DM brutto zugesprochen hat, während es den weitergehenden Anspruch der Klägerin auf Zahlung von monatlich 200,-- DM nicht für begründet hält und im übrigen annimmt, daß bezüglich des Klageanspruchs aus den Monaten Juni bis Dezember 1980 die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung durchgreift.

1. Aufgrund der vom Landesarbeitsgericht festgestellten beiderseitigen Tarifbindung galt für das Arbeitsverhältnis der Parteien der BAT nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG unmittelbar und zwingend. Dennoch hat die Klägerin - ungeachtet ihrer Höhe -, wie das Landesarbeitsgericht richtig erkannt hat, einen tariflichen Anspruch auf Zahlung der eingeklagten Zulage nicht erworben. Dabei ist mit dem Landesarbeitsgericht auszugehen von den Bestimmungen des Tarifvertrages zur Änderung und Ergänzung des Teils III Abschnitt C der Anlage 1 a zum BAT für Angestellte des Flugsicherungsdienstes bei der Bundesanstalt für Flugsicherung vom 30. Juli 1969, worin in der Fußnote 4 zu den Tätigkeitsmerkmalen für Angestellte im Flugverkehrskontrolldienst bestimmt wurde:

Diese Angestellten erhalten eine Zulage gemäß

§ 33 Abs. 1 BAT in Höhe von 75,-- DM monatlich.

Diese Zulage gilt als im Tarifvertrag über die

Gewährung von Zulagen gemäß § 33 Abs. 1 Buchst. c)

BAT vom 11. Januar 1962 in der jeweiligen Fassung

vereinbart.

In entsprechender Weise heißt es in Abs. 4 der allgemeinen Einführungsvorschriften zum Teil III C der Vergütungsordnung aufgrund der ab 1. Januar 1975 geltenden Bestimmungen des Tarifvertrages zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1 a zum BAT für Angestellte des Flugsicherungsdienstes vom 17. März 1975:

Die unter die Unterabschnitte I, II und III

fallenden Angestellten erhalten eine nicht

gesamtversorgungsfähige Zulage nach Maßgabe

der Fußnoten III und IV zu Unterabschnitt

I, der Fußnoten III und IV zu Unterabschnitt

II sowie der Fußnoten IV und V zu Unterab-

III in sinngemäßer Anwendung der Verordnung

zur vorläufigen Regelung von Erschwerniszu-

lagen in besonderen Fällen vom 22. März 1974

(BGBl. I S. 774),

wobei in Übereinstimmung mit der in Bezug genommenen Fußnote IV § 1 der von der Tarifnorm herangezogenen Verordnung vom 22. März 1974 im einzelnen bestimmt, daß die dort für Beamte vorgesehene Zulage von 200,-- DM monatlich die besonderen Erschwernisse des Flugsicherungsbetriebsdienstes abgelten soll. Die zuletzt genannte Tarifbestimmung, die von den Tarifvertragsparteien am 13. August 1974 vereinbart worden ist und aus den dargelegten Gründen mit tariflichem Charakter erst am 1. Januar 1975 wirksam wurde, ist dessen ungeachtet praktisch bereits ab 1. Januar 1974 angewendet worden (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, VergO, Anm. zu den Merkmalen in Teil III C - Angestellte des Flugsicherungsdienstes).

Wie das Landesarbeitsgericht richtig erkannt hat, sollte diese Zulage in der jeweiligen Höhe nur Angestellten zustehen, die unmittelbar im Flugverkehrskontrolldienst tätig waren. Das ergibt sich schon aus dem Tarifwortlaut, erst recht aber aus dem gleichermaßen zu berücksichtigenden tariflichen Gesamtzusammenhang (BAG 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung). Die tariflichen Tätigkeitsmerkmale, auf die sich die die Zulage regelnden tariflichen Vorschriften beziehen, erstrecken sich nämlich ausschließlich und erschöpfend auf Angestellte, die unmittelbar in der Flugsicherung, d.h. im Flugverkehrskontrolldienst, beschäftigt werden. Die mit dieser Tätigkeit erfahrungsgemäß verbundenen besonderen Erschwernisse, die auf starker nervlicher Beanspruchung und ständiger hoher Konzentration beruhen, sollen nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien mit der Zulage abgegolten werden. Das ergibt sich mit besonderer Deutlichkeit aus der Verweisung auf die die im Flugsicherungsdienst tätigen Beamten betreffende Verordnung vom 22. März 1974 in Absatz 4 der Einführungsvorschriften zum Teil III C der Vergütungsordnung. In der Verordnung wird nämlich die Zulage ausdrücklich als "Erschwerniszulage" bezeichnet, wobei nach dem Inhalt des § 1 die Erschwernisse gemeint sind, die der "Flugsicherungsbetriebsdienst" bzw. der "Radarführungsdienst" mit sich bringen.

Wie das Landesarbeitsgericht richtig hervorhebt, bestanden diese bekannten Erschwernisse bei der Klägerin jedoch deswegen nicht, weil sie nicht im Flugverkehrskontrolldienst tätig war, sondern in Ausübung einer Lehrfunktion eine solche Tätigkeit nur "simulierte". Damit hat die Klägerin auf die eingeklagte Zulage einen tariflichen Anspruch nicht erworben. Hieraus ergibt sich zugleich, daß die Klägerin auch die tariflichen Erfordernisse der Tätigkeitsmerkmale der VergGr. VI b BAT aus Teil III C Unterabschnitt I der Vergütungsordnung nicht erfüllte, weil sie nicht im Flugverkehrskontrolldienst eingesetzt war.

Die demgegenüber von der Revision der Klägerin erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Die Klägerin kann sich nicht erfolgreich darauf berufen, weil die Beklagte auf sie analog die Merkmale der VergGr. VI b BAT (Teil III C Unterabschnitt I) angewendet habe, müsse sie ihr im Sinne einer "zwangsläufigen Rechtsfolge" auch die eingeklagte Zulage zahlen. Dabei verkennt die Klägerin bereits, daß für ihre spezifische Aufgabenstellung die tariflichen Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im Flugverkehrskontrolldienst weder unmittelbar noch analog angewendet werden können. Sie gelten nämlich schon nach ihrem eindeutigen Wortlaut und außerdem nach ihrer Stellung im Tarifgefüge nur für Angestellte mit originären Aufgaben der Flugsicherung. Selbst wenn man aber mit der Klägerin und entsprechend der praktischen Handhabung der Beklagten annehmen wollte, diese tariflichen Tätigkeitsmerkmale seien auf die Tätigkeit der Klägerin entsprechend anwendbar, so ergäbe sich daraus, wie das Landesarbeitsgericht mit Recht hervorhebt, keineswegs die rechtliche Folgerung, daß die Beklagte der Klägerin auch die eingeklagte Zulage aus Gründen des Tarifrechts zahlen müßte. Die entsprechenden tariflichen Bestimmungen bringen nämlich insbesondere durch die Verweisung auf das Beamtenrecht deutlich zum Ausdruck, daß - ungeachtet ihrer für die Mindestvergütung maßgeblichen Eingruppierung - den Angestellten die Zulage nur dann gezahlt werden soll, wenn sie im eigentlichen Flugverkehrsdienst tätig und mithin dessen besonderen Erschwernissen ausgesetzt sind. Diese Voraussetzungen lagen bei der Klägerin unstreitig nicht vor.

2. Dagegen hat das Landesarbeitsgericht entsprechend den von ihm getroffenen Feststellungen zutreffend entschieden, daß der Klägerin ein einzelvertraglicher Anspruch auf Zahlung der eingeklagten Zulage in Höhe von monatlich 75,-- DM zusteht. Zwar ergibt sich das nicht aus dem von den Parteien abgeschlossenen schriftlichen Arbeitsvertrag, in dem in § 5 unter dem Stichwort "Nebenabreden" das Wort "keine" steht. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist jedoch bei ihrer Einstellung mündlich mit der Klägerin vereinbart worden, daß neben ihrem Gehalt an sie eine Zulage von monatlich 75,-- DM gezahlt werden solle. Das ist der Klägerin außerdem ausweislich des Akteninhalts auch noch mit einem Schreiben der Bundesanstalt für Flugsicherung vom 27. Juni 1974 ausdrücklich bestätigt worden. Damit ist eine anspruchsbegründende einzelvertragliche Vereinbarung gegeben.

Wie das Landesarbeitsgericht im Ergebnis richtig erkannt hat, kann die Beklagte demgegenüber nicht einwenden, die Vereinbarung hätte der Schriftform bedurft und sei unwirksam, weil dieses tarifliche Formerfordernis des § 4 Abs. 2 BAT nicht beachtet worden sei. Dazu führt das Landesarbeitsgericht aus, mit der der Klägerin zugesagten Zulage sollten nicht besondere Aufwendungen ausgeglichen oder soziale Zwecke verfolgt werden, sie habe vielmehr den Charakter von Arbeitsentgelt, worauf auch der Hinweis auf § 33 BAT in der Auszahlungsanordnung hindeute. Handele es sich aber bei der Zulage um Arbeitsentgelt, so greife nach der vom Landesarbeitsgericht herangezogenen Rechtsprechung des erkennenden Senats nicht § 4 Abs. 2, sondern § 4 Abs. 1 BAT ein, in dessen Geltungsbereich die Schriftform nur deklaratorische Bedeutung habe. Dabei sei unbeachtlich, daß die Klägerin den besonderen Belastungen und Erschwernissen des eigentlichen Flugsicherungsdienstes nicht ausgesetzt gewesen sei.

Damit kommt das Landesarbeitsgericht zum zutreffenden Ergebnis. Seiner Begründung vermag der Senat jedoch nicht zu folgen. Der erkennende Senat ist vielmehr in Übereinstimmung mit der Revision der Beklagten und dem Arbeitsgericht der Auffassung, daß es sich vorliegend um die Vereinbarung einer Nebenabrede im Sinne von § 4 Abs. 2 BAT handelt. Der nach der Geschäftsverteilung allein für den vorliegenden Streitgegenstand zuständige erkennende Senat hat in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß § 4 Abs. 1 BAT den Kern des Arbeitsverhältnisses, d.h. die beiderseitigen Hauptrechte und Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag nach § 611 BGB betrifft, also insbesondere Fragen der Arbeitsleistung und des Arbeitsentgeltes, während für Gegenstände, die dazu nicht gehören, § 4 Abs. 2 BAT gilt (vgl. BAG 35, 7, 12 = AP Nr. 3 zu § 19 TV Arb Bundespost mit weiteren Nachweisen). Demgemäß hat der Senat § 4 Abs. 2 BAT beispielsweise für anwendbar gehalten bei Vereinbarungen über Fahrtkostenersatz und Verpflegungszuschüsse (vgl. die Urteile des Senats BAG 29, 182, 184 = AP Nr. 4 zu § 4 BAT und vom 26. Juli 1972 - 4 AZR 365/71 - AP Nr. 1 zu § 4 MTB II), Trennungsentschädigung (BAG 35, 7, 12 = AP Nr. 3 zu § 19 TV Arb Bundespost), die Fliegerzulage (BAG 29, 182, 184 = AP Nr. 4 zu § 4 BAT), Zuschußregelungen zu Beiträgen des Angestellten zu Kranken- und Unterstützungsvereinen (Urteil vom 7. Dezember 1977 - 4 AZR 383/76 - AP Nr. 5 zu § 4 BAT) und die Gewährung von Essenszuschüssen (BAG 37, 228, 233 = AP Nr. 8 zu § 4 BAT). In allen diesen Fällen handelt es sich um die Vereinbarung von Gegenständen, die für ein Arbeitsverhältnis weder wesensnotwendig noch von besonderer Bedeutung sind, sondern sekundären, außergewöhnlichen Charakter haben. Sie werden daher auch nicht vom unmittelbaren Regelungsbereich des § 611 BGB erfaßt und damit auch nicht von § 4 Abs. 1 BAT.

Nach nochmaliger Überprüfung hält der Senat an dieser seiner rechtlichen Differenzierung zwischen den Absätzen 1 und 2 von § 4 BAT fest. Dazu veranlaßt ihn schon der Wortlaut von § 4 Abs. 2 BAT, insbesondere das darin von den Tarifvertragsparteien verwendete Wort "Nebenabrede". Zwar kommt dieser Begriff selbst im staatlichen Gesetzesrecht nicht vor. Gleichwohl hat er im Rechtsleben eine allgemeine und anerkannte Bedeutung. Das ergibt sich schon aus vielen vergleichbaren Begriffen der Rechtsordnung wie denen des "Nebenamtes" (§ 42 DRiG), des "Nebenberufes" (§ 92 b HGB), der "Nebenbeschäftigung" (§ 42 DRiG), der "Nebenfolgen" (§ 459 g StPO), des "Nebengewerbes" (§ 50 HGB a.F.), der "Nebenklage" (§§ 395 - 402 StPO), der "Nebenleistungen" (§ 224, § 473, § 1158, § 1159 BGB), der "Nebensache" (§ 97, § 470 BGB) und insbesondere der "Nebenforderung" (§ 4, § 264, § 308 ZPO), für die durchweg der akzessorische bzw. Sekundärcharakter des jeweiligen Gegenstandes kennzeichnend ist, wie insbesondere das Verhältnis der Zinsen (Nebenforderung) zur Geldleistung (Hauptforderung) deutlich macht. In gleicher Weise wird der Begriff der "Nebenabrede" auch in der allgemeinen Vertragspraxis, auch der Notare, verwendet (vgl. Soergel/Siebert/Hefermehl, BGB, 10. Aufl., § 125 Rz 9 sowie Creifelds, Rechtswörterbuch, 8. Aufl., S. 781 und 1245). Auch im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauches können die Begriffe "Hauptabrede" und "Nebenabrede" nur dahin verstanden werden, daß mit der Hauptabrede die "Hauptsache", das Wesentliche des Arbeitsvertrages, mit der Nebenabrede hingegen nur Unwesentliches, d.h. Sekundäres, gemeint ist. In Ermangelung einer anderen Differenzierung durch die Tarifvertragsparteien ist daher dabei zu verbleiben, daß § 4 Abs. 1 BAT, in dessen Geltungsbereich die Schriftform nur deklaratorische Bedeutung hat, den Bereich der Hauptrechte und Hauptpflichten des Arbeitsvertrages, insbesondere Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt, erfaßt. § 4 Abs. 2 BAT mit der Folge der zwingenden Schriftform , mit konstitutiver Wirkung, betrifft demgegenüber sonstige Gegenstände, die entweder Sekundärcharakter oder jedenfalls nichts unmittelbar mit den Hauptrechten und Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag zu tun haben. Ein hiermit nicht vereinbarer übereinstimmender Wille der Tarifvertragsparteien, der auf einen anderen Sinn und Zweck des Inhalts von § 4 BAT schließen lassen könnte, ist nicht ersichtlich.

Entgegen der Meinung des Landesarbeitsgerichts handelt es sich, wie insoweit zutreffend auch die Revision der Beklagten hervorhebt, bei der an die Klägerin gezahlten Zulage nicht um eigentliches Arbeitsentgelt im Sinne von § 611 BGB und damit auch nicht um einen von § 4 Abs. 1 BAT erfaßten Regelungsgegenstand. Dafür spricht schon der besondere Charakter der Zulage. Sie ist weder Vergütungsbestandteil im Sinne von § 26 BAT noch wie sonstiges Arbeitsentgelt pfändbar (§ 850 a Nr. 3 ZPO). Außerdem soll sie nach den eingangs herangezogenen und erläuterten tariflichen Bestimmungen aus dem Teil III C der Vergütungsordnung als Sonderleistung die besonderen Erschwernisse des Flugverkehrskontrolldienstes abgelten, wie insbesondere die Inbezugnahme der die entsprechenden Beamten betreffenden Verordnung vom 22. März 1974 (BGBl. I S. 774) zeigt. Dasselbe ergibt sich weiter aber auch aus der Verweisung auf § 33 BAT, worin die Tarifvertragsparteien ausdrücklich bestimmen, daß Zulagen u.a. für besondere, mit der Ausübung der Tätigkeit verbundene Erschwernisse zu zahlen sind. Wird dann aber sogar - wie bei der Klägerin geschehen - mit einer Angestellten eine der Abgeltung konkreter Erschwernisse dienende Zulage vereinbart, obwohl bei ihr diese Erschwernisse weder bestehen noch überhaupt eintreten können, so liegt aus den dargelegten Gründen, wie schon das Arbeitsgericht richtig erkannt hatte, eine Nebenabrede im Sinne von § 4 Abs. 2 BAT vor, die zu ihrer Gültigkeit der Schriftform bedarf. Damit wird zugleich der im Fachschrifttum hervorgehobenen Erwägung Rechnung getragen, daß Nebenabreden - sowohl allgemein in der Rechtsordnung als auch im Bereiche des BAT - den Sinn hätten, dem Angestellten besondere Pflichten aufzuerlegen oder ihm besondere Vergünstigungen zukommen zu lassen, die nach der Senatsrechtsprechung atypischen Charakter haben und außerdem außerhalb des Regelungsbereiches von § 611 BGB liegen müssen (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, § 4 Rz 9a, auch Böhm/Spiertz, BAT, § 4 Rz 120 ff.).

Dabei übersieht der Senat nicht, daß auch andere Vorschläge zur Differenzierung zwischen § 4 Abs. 1 und Abs. 2 BAT unterbreitet worden sind. Herschel empfiehlt (in der Anmerkung zu AP Nr. 3 zu § 19 TV Arb Bundespost), danach zu unterscheiden, ob der betreffende Gegenstand tariflich geregelt ist oder nicht und § 4 Abs. 2 BAT die tariflich nicht geregelten Gegenstände zuzuordnen. Hiergegen spricht zunächst einmal, daß sich dieses Lösungsvorschlages die Tarifvertragsparteien offensichtlich nicht bedienen wollten. Es wäre nämlich leicht möglich, diesen Lösungsvorschlag klar in der Weise zu normieren, daß man § 4 Abs. 2 BAT nur außer- oder übertarifliche Leistungen zuordnen würde. Damit wären aber zugleich auch praktische Schwierigkeiten verbunden, weil in vielen Fällen fraglich ist, ob etwa eine Vergütung nach bestimmten Tätigkeitsmerkmalen zusteht oder nicht und ihr damit tariflicher Charakter zukommt oder nicht. Obwohl dieser Lösungsvorschlag der Senatsrechtsprechung nahekommt, kann auch nicht mit Scheuring (Anm. zu AP Nr. 1 zu § 29 MTB II) allein und abstrahierend auf den Zweck der Leistung abgestellt werden. Für diese Interpretation liefert ebenfalls der Tarifwortlaut keine Anhaltspunkte. Zudem führt auch sie zu praktischen Abgrenzungsschwierigkeiten, die ohnehin nur schwer auszuschließen sind, wie der vorliegende Fall bestätigt.

Auch die Lösungsvorschläge des für den zu beurteilenden Gegenstand nach der Geschäftsverteilung nicht mehr zuständigen Dritten Senats des Bundesarbeitsgerichts (BAG 40, 126, 132 = AP Nr. 1 zu § 3 TV Arb Bundespost) vermag der erkennende Senat nicht zu übernehmen, obwohl darin teilweise gewisse Übereinstimmungen mit seiner Rechtsprechung zu erkennen sind. Zwar dient § 4 Abs. 2 BAT erkennbar auch dem Ziel zu verhindern, daß im öffentlichen Dienst ungewöhnliche Absprachen insbesondere von untergeordneten Dienststellen und Behörden in unkontrollierbarer Weise getroffen werden. Gleichwohl kann hierauf bei der Abgrenzung zwischen § 4 Abs. 1 und Abs. 2 BAT nicht tragend abgestellt werden. Die vom Dritten Senat angestellten, grundsätzlich richtigen Erwägungen treffen nämlich auch und mit noch größerem Gewicht für Hauptabreden zu. So ist beispielsweise nicht einzusehen, warum die (nicht ganz ungewöhnliche) Vereinbarung der Vergütung nach einer weit höheren Vergütungsgruppe, als sie nach den tariflichen Tätigkeitsmerkmalen in Betracht kommt, nicht in gleicher Weise sollte offengelegt und aufsichtlicher Überprüfung zugänglich gemacht werden können.

Weiter kann nach der Auffassung des erkennenden Senats bei der Differenzierung zwischen Haupt- und Nebenabreden auch nicht mit dem Dritten Senat (wie zuvor) tragend darauf abgestellt werden, ob eine "irreguläre Leistung mit Ausnahmecharakter" vorliegt. Diese Differenzierung ist zu ungenau und erscheint im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot für gesetzliche und tarifliche Bestimmungen (Art. 20 Abs. 3 GG) bzw. die hiernach vorzunehmende gerichtliche Interpretation bedenklich (vgl. das Urteil des Senats vom 29. Januar 1986 - 4 AZR 465/84 -, zur Veröffentlichung vorgesehen, mit weiteren Nachweisen). Das bestätigen auch die entsprechenden Auswirkungen in der Rechtsprechung dieses Senates. Einmal hat nämlich der Dritte Senat in der langjährigen Zahlung von Trennungsentschädigung an eine große Zahl von Arbeitnehmern der Bundespost mit Familienwohnsitz im Ausland bei fehlender Umzugswilligkeit eine irreguläre, im Tarifsystem nicht vorgesehene Leistung erblickt (vgl. BAG 40, 126, 132 = AP Nr. 1 zu § 3 TV Arb Bundespost) und demgemäß bei dieser Fallgestaltung eine formbedürftige Nebenabrede bejaht. Andererseits hat aber derselbe Senat die von der Bundespost praktizierte Anrechnung von Mittagspausen auf die Arbeitszeit, die ebenfalls tariflich nicht vorgesehen ist, nicht dem Regelungsbereich der Nebenabreden zugewiesen, sondern aus der Tatsache der entsprechenden und verbreiteten langjährigen Praxis die Folgerung gezogen, es handele sich dabei nicht um eine unerwartete, irreguläre Abweichung vom geltenden tariflichen Regelungssystem (vgl. das unveröffentlichte Urteil des Dritten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 8. März 1983 - 3 AZR 224/80 -). Gerade aus dieser Gegenüberstellung wird besonders deutlich, daß tragend auf den irregulären oder ungewöhnlichen Charakter der jeweiligen Leistung nicht abgestellt werden darf. Danach wollen ersichtlich auch die Tarifvertragsparteien nicht differenzieren.

Unstreitig ist mit der Klägerin die vorliegend streitbefangene Zulage von 75,-- DM monatlich nur mündlich vereinbart worden. Das führt nach § 4 Abs. 2 BAT, Art. 2 EGBGB, § 125 und § 126 BGB zur Unwirksamkeit dieser Vereinbarung, wobei eine wie in § 4 Abs. 2 BAT tariflich zwingend vorgeschriebene Schriftform als gesetzliche Schriftform anzusehen ist (vgl. BAG 29, 182, 186 = AP Nr. 4 zu § 4 BAT mit weiteren Nachweisen). Auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung der Parteien kann sich vorliegend die Beklagte jedoch nicht berufen. Vielmehr ist ihre Berufung darauf arglistig. Dabei geht der Senat davon aus, daß wie allgemein im bürgerlichen Rechtsverkehr sich auch die Berufung einer Arbeitsvertragspartei auf die bei einer getroffenen Vereinbarung nicht eingehaltene tarifliche Schriftform als Verstoß gegen Treu und Glauben, arglistige oder unzulässige Rechtsausübung darstellen kann (vgl. die Urteile des Senats BAG 37, 228, 236 = AP Nr. 8 zu § 4 BAT und BAG 35, 7, 15 = AP Nr. 3 zu § 19 TV Arb Bundespost mit weiteren Nachweisen). Nach der Senatsrechtsprechung ist das insbesondere dann der Fall, wenn der sich auf die Nichtigkeit Berufende den Vertragspartner davon abgehalten hat, den Abschluß einer schriftlichen Vereinbarung zu verlangen, wenn ein öffentlicher Arbeitgeber eine bestimmte Leistung nur deswegen einseitig gewährt, um sich später, falls es in seinem Interesse liegen sollte, auf die Formnichtigkeit berufen zu können bzw. wenn nach den Erklärungen und Zusicherungen sowie dem sonstigen Verhalten der Partei, die sich auf die Verletzung der Formvorschrift beruft, der Eindruck erzeugt worden ist, als solle auch ohne Einhaltung der Schriftform erfüllt oder von der Einhaltung der Schriftform überhaupt abgesehen werden (vgl. die Urteile des Senats vom 9. Februar 1972 - 4 AZR 149/71 - AP Nr. 1 zu § 4 BAT, 6. September 1972 - 4 AZR 422/71 - AP Nr. 2 zu § 4 BAT, BAG 35, 7, 16 = AP Nr. 3 zu § 19 TV Arb Bundespost, auch das Urteil des Fünften Senats des BAG vom 16. Mai 1972 - 5 AZR 459/71 - AP Nr. 11 zu § 4 TVG).

Eine derartige Fallgestaltung ist auch vorliegend gegeben: Unstreitig ist die Klägerin ausweislich vorgelegter und in die Vorakten eingegangener Zeitungsinserate ausdrücklich mit der Zulage von monatlich 75,-- DM von der Beklagten, d.h. der Flugsicherungsschule M der Bundesanstalt für Flugsicherung, für ihre Tätigkeit angeworben worden. Alsdann ist diese Zulage mit ihr im Einstellungsgespräch mündlich vereinbart worden, ohne daß die Beklagte darauf hingewiesen hat, daß es hierfür eigentlich der Schriftform des § 4 Abs. 2 BAT bedurfte. Hierauf ist der Klägerin diese Vereinbarung nochmals einseitig von ihrem öffentlichen Arbeitgeber schriftlich bestätigt worden, wobei wiederum irgendwelche Vorbehalte oder rechtliche Bedenken fehlen (vgl. Bl. 110 der Vorakten). Wenn dann die Zulage von der Beklagten mehr als fünf Jahre vorbehaltlos an die Klägerin gezahlt worden ist, handelt die Beklagte arglistig, wenn sie sich nunmehr darauf beruft, bei ihrer mit der Klägerin im Jahre 1974 mündlich getroffenen Vereinbarung sei die tarifliche Schriftform des § 4 Abs. 2 BAT nicht beobachtet worden.

Die demgegenüber erhobenen Einwendungen der Revision der Beklagten greifen nicht durch. Zu Unrecht rügt die Revision der Beklagten, für seine Feststellung, die Parteien hätten mündlich die Zahlung einer Zulage von monatlich 75,-- DM vereinbart, habe das Landesarbeitsgericht keine Begründung gegeben, es fehle dazu auch bereits an entsprechendem Vortrag der Klägerin. Dabei übersieht die Beklagte, daß die Klägerin nach einer entsprechenden Auflage des Landesarbeitsgerichts in Ergänzung ihres bereits eindeutigen früheren, sogar in ein Protokoll des Landesarbeitsgerichts aufgenommenen dementsprechenden Vorbringens (vgl. Bl. 80 der Vorakten) in aller Deutlichkeit schriftsätzlich nochmals dargelegt hat, im Einstellungsgespräch sei ihr die Zulage von monatlich 75,-- DM zugesagt worden, wozu sie vorsorglich auch noch einen Zeugen benannt hat (Bl. 102 der Vorakten). Im übrigen verkennt die Revision der Beklagten, daß diese in ihrem Schriftsatz vom 9. Juni 1983 (Bl. 115, 117 der Vorakten) den entsprechenden Vortrag der Klägerin ausdrücklich bestätigt hat. Hinzukommt, daß ausweislich des Akteninhalts (Bl. 8 und 82 der Vorakten) die Beklagte die Klägerin mit der streitbefangenen Zulage angeworben und ihr die vom Landesarbeitsgericht festgestellte Vertragsvereinbarung vorbehaltlos schriftlich bestätigt hat, wobei dem entsprechenden Schreiben der Bundesanstalt für Flugsicherung vom 27. Juni 1974 aufgrund der Eindeutigkeit der Ausführungen und des bestätigenden Charakters des Inhaltes sogar die Bedeutung eines entsprechenden deklaratorischen Schuldanerkenntnisses beizumessen ist (vgl. das Urteil des Senats vom 27. Februar 1970 - 4 AZR 143/69 - AP Nr. 2 zu § 781 BGB mit weiteren Nachweisen). In dem Schreiben heißt es nämlich mit aller Deutlichkeit:

"Sie erhalten mit Wirkung vom 22.5.74 monatlich

eine Zulage in Höhe von DM 75,--."

Damit gehen auch die weiteren Rügen der Revision der Beklagten, die auf § 139 und § 286 ZPO gestützt werden, fehl. Entgegen der Annahme der Revision der Beklagten liegen auch keine Anhaltspunkte für Verstöße des Landesarbeitsgerichts gegen die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze vor.

Soweit die Hauptforderung begründet ist, hat das Landesarbeitsgericht mit Recht der Klägerin auch die (in der Revisionsinstanz auf die Nettobeträge beschränkten) Zinsen nach § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1 Satz 1 und § 291 BGB zuerkannt.

3. Richtig hat das Landesarbeitsgericht weiter erkannt, daß, soweit die Klägerin die Zulage von 75,-- DM monatlich für den Anspruchszeitraum vom 1. Juni bis 31. Dezember 1980 begehrt, demgegenüber die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung durchgreift. Diese Ansprüche hat die Klägerin erstmals im Wege der Klageerweiterung mit ihrer Berufungsbegründung geltend gemacht, die der Beklagten am 14. Februar 1983 zugestellt wurde. Bei Eingreifen der allgemeinen Verjährungsregelung des § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB, die das Landesarbeitsgericht mit Recht herangezogen hat, waren die restlichen Zulagenansprüche der Klägerin aus dem Jahre 1980 zu diesem Zeitpunkt aus den Gründen des § 201 BGB bereits verjährt. Dabei weist das Landesarbeitsgericht mit Recht darauf hin, daß § 209 BGB zugunsten der Klägerin nicht eingreift, weil sie ihre Ansprüche für die Monate Juni bis Dezember 1980 erstmals im Jahre 1983 mit der Berufungsbegründung geltend gemacht hat.

Demgegenüber kann die Revision der Klägerin nicht erfolgreich einwenden, vorliegend greife § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB nicht ein, wobei die Klägerin die Frage unbeantwortet läßt, welche gesetzliche Verjährungsregelung sonst zur Anwendung kommen soll. Dabei übersieht der Senat freilich nicht, daß nach dem reinen Gesetzeswortlaut gemäß § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB nur Ansprüche auf Lohn, Gehalt und andere Dienstbezüge verjähren. Gleichwohl hat die Vorschrift nach dem Willen des Gesetzgebers ihrem Sinn und Zweck entsprechend einen weiterreichenden Anwendungsbereich. Dieser erfaßt nämlich schon nach dem Gesetzeswortlaut auch Ansprüche auf Auslagenersatz und damit Ansprüche, deren Inhalt nicht Arbeitsentgelt im engeren Sinne ist. Damit bringt der Gesetzgeber zugleich zum Ausdruck, daß die kurze zweijährige Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 8 (bzw. Nr. 9) BGB grundsätzlich für alle Ansprüche gelten soll, die in einem weiten Sinne Arbeitsentgelt oder auch sonstige regelmäßig nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Leistungen betreffen. Demgemäß ist die Gesetzesnorm von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unter Anknüpfung an die entsprechende Rechtsprechung des Reichsarbeitsgerichts mit Recht beispielsweise auf Ansprüche aus Heimarbeit, Auslagenersatz, Vorstellungskosten, Ruhegelder und Abfindungen erstreckt worden (vgl. BAG 17, 294, 297 = AP Nr. 4 zu § 196 BGB sowie die weiteren Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 15. Oktober 1965 - 3 AZR 385/64 - AP Nr. 5 zu § 196 BGB, 10. Dezember 1973 - 3 AZR 318/73 - AP Nr. 7 zu § 196 BGB und 14. Februar 1977 - 5 AZR 171/76 - AP Nr. 8 zu § 196 BGB; BAG 23, 213, 225 = AP Nr. 10 zu § 242 BGB Betriebliche Übung; auch Soergel/Siebert/Augustin, aaO, § 196 Rz 49 mit weiteren Nachweisen). Folgerichtig hat das Landesarbeitsgericht auch für die vorliegend streitbefangene Forderung mit Recht § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB angewendet, denn auch dabei handelt es sich in einem weiteren Sinne um Arbeitsentgelt bzw. eine regelmäßig aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung geschuldete Geldleistung. Demgegenüber kommt es bei der Anwendung des § 196 BGB nicht darauf an, wie die streitbefangene Forderung im Sinne der Differenzierungen des § 4 BAT bzw. unter tariflichen Gesichtspunkten zu qualifizieren ist. Im übrigen hat das Landesarbeitsgericht mit Recht Bedacht darauf genommen, daß § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB auch für Ansprüche von Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes gilt (vgl. das Urteil des Fünften Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 17. Dezember 1964 - 5 AZR 90/64 - AP Nr. 2 zu § 196 BGB sowie Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 7. Aufl., Bd. I, § 40 VIII 1, S. 290).

Die hiergegen erhobenen Einwendungen der Revision der Klägerin greifen nicht durch. Ob die Erhebung der Verjährungseinrede für die Klägerin überraschend kam oder nicht, ist rechtsunerheblich. Zudem hat die Beklagte die Einrede unmittelbar nach der gerichtlichen Geltendmachung der Teilforderung durch die Klägerin erhoben. Daß es sich vorliegend um einen Musterprozeß handele, wird von der Klägerin erstmals in der Revisionsinstanz vorgebracht. Hier aber ist sie aus den Gründen des § 561 ZPO mit neuem Tatsachenvortrag ausgeschlossen. Abgesehen davon sind nach dem Inhalt der Vorakten zahlreiche Parallelprozesse geführt worden. Zwar kann grundsätzlich auch gegenüber der Berufung auf Verjährung der Einwand unzulässiger Rechtsausübung erhoben werden. Dazu hat die Klägerin jedoch in der Revisionsinstanz wiederum deswegen keine Möglichkeit mehr, weil die Berufung darauf notwendigerweise mit unzulässigem neuen Tatsachenvortrag verbunden wäre. Abgesehen davon hatte die Klägerin in der Berufungsinstanz während mehrerer Monate und bei zwei Verhandlungsterminen Gelegenheit zur entsprechenden Äußerung, die sie nicht genutzt hat. Nach bisherigem Prozeßstand sind auch keine Umstände erkennbar, die auf eine entsprechende unzulässige Rechtsausübung auf der Beklagtenseite schließen lassen könnten. Insbesondere sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß die Beklagte die Klägerin von der rechtzeitigen Geltendmachung der verjährten Anspruchsteile abgehalten hätte. Die Beklagte hat auch ausweislich der Vorakten niemals irgendwie zum Ausdruck gebracht, daß sie auf die Geltendmachung der Verjährungseinrede verzichten wolle. Entgegen der Meinung der Revision der Klägerin umfaßt auch die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers aus dem Arbeitsvertrag nicht die Verpflichtung, den Arbeitnehmer auf die drohende Verjährung seiner Ansprüche hinzuweisen. Vielmehr ist es auch im Bereiche des öffentlichen Dienstes Sache des Arbeitnehmers, sich Gewißheit darüber zu verschaffen, in welchen Formen und Fristen er seine Ansprüche geltend zu machen hat (vgl. das Urteil des Senats vom 28. Januar 1970 - 4 AZR 153/69 - AP Nr. 1 zu § 70 BAT). Erst recht gilt das für das im Bereiche des gesamten bürgerlichen Rechts bedeutsame und allgemeingültige Rechtsinstitut der Verjährung.

4. Einen über monatlich 75,-- DM hinausgehenden Anspruch der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht mit zutreffender Begründung abgelehnt. Ein entsprechender tariflicher Anspruch besteht bereits aus den eingangs dargelegten Rechtsgründen nicht (vgl. Abschn. 1 des Urteils). Mit revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Begründung hat das Landesarbeitsgericht aber auch einen entsprechenden einzelvertraglichen Anspruch der Klägerin verneint. Dabei ist das Landesarbeitsgericht mit Recht davon ausgegangen, daß selbst nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin ihr gegenüber eine monatlich 75,-- DM überschreitende Verpflichtungserklärung seitens der Beklagten weder mündlich noch schriftlich abgegeben worden ist. Die erhöhte Zulage von monatlich 200,-- DM wurde vielmehr von der Beklagten ohne jede Äußerung über den Grund dafür gezahlt. Wie das Landesarbeitsgericht näher festgestellt hat, ist das deswegen geschehen, weil die Beklagte der Meinung war, aufgrund der faktisch schon ab Jahresbeginn 1974 angewendeten Tarifvereinbarung vom 13. August 1974 auch der Klägerin gegenüber zu dieser erhöhten Zahlung aus tariflichen Gründen verpflichtet zu sein. Dabei ist sie jedoch einem doppelten Rechtsirrtum erlegen. Einmal handelte es sich nämlich - zumindest bis zum 31. Dezember 1974 - bei den herangezogenen Bestimmungen noch nicht um gültiges, verpflichtendes Tarifrecht. Außerdem kam die Zulage für die Klägerin ohnehin nicht in Betracht, weil sie nicht im Flugverkehrskontrolldienst tätig war. Weil nach den weiteren Feststellungen des Landesarbeitsgerichts darüber auch eine konkludente Vereinbarung der Parteien nicht zustande gekommen ist, hat damit die Klägerin die Zulage in Höhe von monatlich 125,-- DM rechtsgrundlos bezogen. Das aber hat zur Folge, daß sich die Beklagte insoweit, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend folgert, hiervon einseitig ohne Änderungskündigung und Einschaltung des Personalrates wieder lossagen konnte (vgl. die Urteile des Senats BAG 38, 291, 297 = AP Nr. 5 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bundesbahn sowie vom 29. Januar 1986 - 4 AZR 279/84 -, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).

Auch die hiergegen erhobenen Einwendungen der Revision der Klägerin sind unbegründet. Es mag zwar zutreffend sein und hat die Lebenswahrscheinlichkeit für sich, daß die Klägerin die Erhöhung der Zulage als Vertragsangebot der Beklagten verstanden hat. Daraus kann jedoch nicht ohne weiteres mit der Revision der Klägerin auf eine entsprechende einzelvertragliche Vereinbarung der Parteien geschlossen werden. Dazu wäre vielmehr ein den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts (§§ 145 ff. BGB) entsprechendes Vertragsangebot der Beklagten notwendig gewesen, an dem es nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts gerade fehlt. Danach ist die erhöhte Zulage an die Klägerin vielmehr ausschließlich in der rechtsirrigen Annahme einer bestehenden tariflichen Verpflichtung gezahlt worden und nicht aufgrund einer irgendwie gearteten einzelvertraglichen Zusicherung. Deswegen kommt es auch auf die weiteren Ausführungen der Revision der Klägerin zu § 151 BGB nicht mehr an.

5. Schließlich hat das Landesarbeitsgericht zutreffend entschieden, daß die Klägerin den monatlichen Differenzbetrag zwischen 75,-- und 200,-- DM auch nicht aufgrund einer betrieblichen Übung beanspruchen kann.

Wie der erkennende Senat in dem Urteil BAG 35, 7, 14 (= AP Nr. 3 zu § 19 TV Arb Bundespost) ausgeführt hat, hat die betriebliche Übung, wie auch das Landesarbeitsgericht richtig annimmt, ihre Rechtsgrundlage im Arbeitsvertragsrecht. Danach ist, wie der Senat näher dargelegt hat, eine betriebliche Übung mit der Folge einer aus ihr resultierenden Pflicht des Arbeitgebers nicht ohne rechtliche Verpflichtungserklärung möglich, wenn diese auch häufig in konkludenter Weise abgegeben wird. Daher wird zur Entstehung individueller Ansprüche aus einer betrieblichen Übung vorausgesetzt, daß der Arbeitgeber zumindest ein Verhalten an den Tag gelegt hat, das sein Einverständnis mit der Entstehung entsprechender individueller Rechte im arbeitsvertraglichen Bereich erkennen oder doch wenigstens vermuten bzw. darauf schließen läßt. Dazu fehlt es jedoch, wie das Landesarbeitsgericht mit Recht annimmt, vorliegend an jedem Anhaltspunkt, da die Beklagte die erhöhte Zulage lediglich aus Gründen der irrtümlichen Annahme einer tariflichen Verpflichtung gezahlt hat. In diesem Zusammenhang weist das Landesarbeitsgericht richtig darauf hin, daß ein öffentlicher Arbeitgeber in aller Regel ohnehin nur das an seine Arbeitnehmer zahlen wolle, wozu er tariflich verpflichtet sei, so daß über- oder außertarifliche Leistungen im öffentlichen Dienst seltene Ausnahmen seien. Dazu hat im übrigen zutreffend der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts in seinem Urteil BAG 40, 126, 136 (= AP Nr. 1 zu § 3 TV Arb Bundespost) ausgeführt, soweit außertarifliche Sozialleistungen im öffentlichen Dienst ohne Einhaltung der tariflich geforderten Schriftform zugesagt worden seien, könne schon deswegen eine wirksame betriebliche Übung nicht entstehen. Das gilt auch vorliegend.

Auch die insoweit erhobenen Einwendungen der Revision der Klägerin greifen nicht durch. Darin wird bereits der Rechtsbegriff der betrieblichen Übung unzutreffend dargestellt, indem angenommen wird, sie entstehe allein schon durch die faktische Leistungsgewährung ohne Rücksicht auf deren Begründung und Anlaß. Auf Fragen des Anfechtungsrechtes kommt es in diesem Zusammenhang entgegen der Meinung der Klägerin ohnehin nicht an. Die Klägerin kann sich auch hier nicht erfolgreich auf eine Verletzung des § 75 BPersVG berufen. Vielmehr hat das Landesarbeitsgericht zutreffend und in Übereinstimmung mit der zuvor angeführten Senatsrechtsprechung ausgeführt, daß sich ein öffentlicher Arbeitgeber ohne Einschaltung des Personalrats von einer in der irrtümlichen Annahme einer bestehenden tariflichen Verpflichtung erbrachten Leistung, die der Arbeitnehmer rechtsgrundlos erhalten hat, einseitig loszusagen berechtigt ist, da in diesen Fällen eine mitbestimmungspflichtige Rückgruppierung nicht vorliegt. Auf den Inhalt des Betriebsverfassungsgesetzes, auf das auch das Landesarbeitsgericht verwiesen hat, kommt es in diesem Zusammenhang schon deswegen nicht an, weil dieses Gesetz für den öffentlichen Dienst keine Geltung hat.

6. Die Kosten ihrer jeweiligen erfolglosen Revision tragen die Parteien nach § 97 Abs. 1 ZPO.

Dr. Neumann Dr. Etzel Dr. Feller

Prieschl Lehmann

 

Fundstellen

BAGE 52, 33-50 (Leitsatz 1-4 und Gründe)

BAGE, 33

AP § 4 BAT (Leitsatz 1-4 und Gründe), Nr 12

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