Entscheidungsstichwort (Thema)

Beiträge zur Berufsgenossenschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

Beiträge zur Berufsgenossenschaft sind Aufwendungen sozial- und arbeitsrechtlicher Natur, die den Betrieb einer Spielbank betreffen, und für die deshalb aufgrund der Bestimmungen der Tronc-Verordnung Berlin vom 22.4.1975 der Tronc zu verwenden ist.

 

Orientierungssatz

Auslegung des § 6 des Spielbankengesetzes Berlin vom 13.4.1973 und der §§ 4 und 6 des Tronc- und Gehaltstarifvertrages "Großes Spiel".

 

Normenkette

TVG § 1; BGB § 611

 

Verfahrensgang

LAG Berlin (Entscheidung vom 27.10.1988; Aktenzeichen 14 Sa 73/88)

ArbG Berlin (Entscheidung vom 20.06.1988; Aktenzeichen 38 Ca 103/88)

 

Tatbestand

Der Kläger ist als Zylindercroupier bei der Beklagten, die eine Spielbank betreibt, beschäftigt. Die Beklagte wendet auf die Arbeitsverhältnisse aller bei ihr beschäftigten Mitarbeiter den von ihr mit der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) abgeschlossenen Rahmentarifvertrag "Großes Spiel" (RTV) und den Tronc- und Gehaltstarifvertrag "Großes Spiel" (TuG-TV) an.

Die Vergütung des Klägers, wie die des übrigen spieltechnischen Personals, bemißt sich nach dem jeweiligen Punktanteil am Tronc, der beim Kläger 43 Punkte beträgt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß die Beklagte nicht berechtigt sei, dem Tronc die von ihr zu zahlenden Beiträge zur Berufsgenossenschaft, die jährlich ca. 72.000,-- DM betragen, zu entnehmen. Die Verteilung des Tronc, der aus den Zuwendungen der Besucher der Spielbank gebildet werde und über den die Troncverwalter verfügten, erfolge aufgrund des Gesetzes über die Zulassung einer öffentlichen Spielbank in Berlin vom 13. April 1973 und der Verordnung über die Verwendung des Tronc der öffentlichen Spielbank in Berlin (Tronc-VO). Nach § 4 Satz 3 Tronc-VO bleibe die Regelung der Vergütung durch tarifliche Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern unberührt. Ihm stehe demgemäß ein tariflicher Vergütungsanspruch entsprechend den tariflichen Bestimmungen des Tronc- und Gehaltstarifvertrages "Großes Spiel" zu. Nach § 4 Abs. 1 TuG-TV sei der Tronc ausschließlich zugunsten der unmittelbar im Betrieb der Spielbank beschäftigten Arbeitnehmer zu verwenden. Die Entnahme der Beiträge zur Berufsgenossenschaft durch die Beklagte stelle aber keine Verwendung ausschließlich zugunsten der beschäftigten Arbeitnehmer dar. Mit der gesetzlichen Unfallversicherung werde zumindest auch teilweise der Arbeitgeber entlastet. Eine Verwendung des Tronc zur Zahlung der Beiträge zur Berufsgenossenschaft durch die Beklagte sei auch nicht in der tariflichen Bestimmung des § 6 TuG-TV vorgesehen, die bestimme, daß 75 % des monatlichen Tronc für die Vergütung der spieltechnischen Arbeitnehmer zu verwenden sei und die für die verbleibenden 25 % die Verwendungszwecke abschließend festlege. Da die tariflichen Bestimmungen eine Entnahme der Beiträge zur Berufsgenossenschaft aus dem Tronc nicht zuließen, erhöhe sich dieser um die von der Beklagten entnommenen Beträge. Dies führe zu einer entsprechend höheren Bewertung seines Punktanteils.

Der Kläger hat beantragt,

1. es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet

ist, das Gehalt des Klägers aus dem Tronc der

Spielbank Berlin ohne Verkürzung um die für die

Mitarbeiter der Spielbank zu entrichtenden Beiträge

zur Berufsgenossenschaft zu berechnen,

2.a) die Beklagte wird im Wege der Stufenklage verur-

teilt, die Troncverwalter anzuweisen, die Vergütung

des Klägers für März bis Dezember 1987 erneut zu

berechnen, und zwar ohne Vorwegabzug der Berufsge-

nossenschaftsbeiträge vom Tronc, sowie

b) den sich aus der Neuberechnung ergebenden Differenz-

betrag an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, daß sie zur Entnahme der Beiträge aus dem Tronc nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet sei. Die Verwendung des Tronc sei durch die öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Spielbankgesetzes und der Tronc-Verordnung zwingend vorgeschrieben. Nach § 4 Satz 1 Tronc-VO sei der nach Abzug für gemeinnützige Zwecke verbleibende Teil des Tronc-Aufkommens ausschließlich zugunsten des bei der Spielbank beschäftigten Personals, insbesondere zur Deckung der Personalaufwendungen zu verwenden. Die Beiträge zur Berufsgenossenschaft gehörten als sogenannte lohngebundene Nebenkosten zu den Personalaufwendungen. Der Beklagten sei deshalb zwingend vorgeschrieben, diese dem Tronc zu entnehmen. Dies folge auch aus § 4 Satz 2 Tronc-VO. Diese Vorschrift schreibe vor, daß aus dem Tronc zunächst die den Betrieb als solchen treffenden Aufwendungen sozial- und arbeitsrechtlicher Natur zu decken seien. Zu diesen Aufwendungen gehörten ohne Zweifel die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung, die in erster Linie dem Schutz der Arbeitnehmer dienten und nur mittelbar zu einer Entlastung des Arbeitgebers führten. Von der zwingend vorgeschriebenen Verwendung des Tronc könnten auch die Tarifvertragsparteien nicht abweichen. Ihre Regelungsbefugnis beziehe sich nur auf die Verteilung des Tronc im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Bestimmungen. Die Verwendung des Tronc zur Zahlung der Beiträge zur Berufsgenossenschaft sei auch jahrzehntelange Übung der Spielbanken im Bundesgebiet.

Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Teilurteil hinsichtlich der Klageanträge zu 1) und 2 a) stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile und zur Abweisung der Klage in bezug auf die Klageanträge zu 1) und zu 2 a). Die Beklagte ist nicht verpflichtet, das Gehalt des Klägers aus dem Tronc ohne Abzug der für ihre Mitarbeiter zu entrichtenden Beiträge zur Berufsgenossenschaft zu berechnen und die Tronc-Verwalter entsprechend anzuweisen.

Der Klageantrag zu 1) ist als Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Der Kläger hat ein Interesse an der alsbaldigen Feststellung, ob die Beklagte berechtigt ist, den Tronc zur Zahlung der Beiträge zur Berufsgenossenschaft zu verwenden. Ist diese Verwendung unzulässig, so erhöht sich der Tronc und demzufolge auch das auf den Anteil des Klägers von 43 Punkten entfallende Gehalt. Die vom Kläger begehrte Feststellung führt somit zu einer Klarstellung der Grundlagen für die Tronc-Verteilung auch für die Zukunft. Dies reicht zur Bejahung eines Feststellungsinteresses aus (vgl. BAG Urteile vom 30. Juni 1966 - 5 AZR 256/65 - und - 5 AZR 386/65 - AP Nr. 1 und 2 zu § 611 BGB Croupier). Mit dem Klageantrag zu 2 a) macht der Kläger eine sich für den Fall seines Obsiegens mit dem Klageantrag zu 1) aus den tariflichen Bestimmungen ergebende Rechtsfolge geltend.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Beklagte ist berechtigt, den Tronc zur Zahlung der Beiträge zur Berufsgenossenschaft zu verwenden und das Gehalt des Klägers aus dem um diese Beträge gekürzten Tronc zu berechnen. Dies folgt aus dem das Tronc-Aufkommen und seine Verwendung regelnden gesetzlichen Vorschriften in Verbindung mit den tariflichen Bestimmungen des Tronc- und Gehaltstarifvertrages "Großes Spiel" (TuG-TV), die nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts als Vertragsrecht auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung finden.

Die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen über die Zuwendungen von Besuchern der Spielbank im Gesetz über die Zulassung einer öffentlichen Spielbank in Berlin vom 13. April 1973 (SpielbankG Berlin) und die auf der Grundlage dieses Gesetzes erlassene Verordnung über die Verwendung des Tronc der öffentlichen Spielbank in Berlin vom 22. April 1975 (Tronc-V0) lauten:

"Spielbankgesetz: § 6

(1) Den einzelnen bei der Spielbank beruflich be-

schäftigten Personen ist die Annahme von

Geschenken oder ähnlichen Zuwendungen, die ihnen

mit Rücksicht auf ihre berufliche Tätigkeit gemacht

werden, insbesondere die Annahme von sogenannten

Trinkgeldern, verboten.

(2) Von diesem Verbot werden solche Zuwendungen

nicht betroffen, die von Besuchern der Spiel-

bank den bei der Spielbank beruflich beschäftigten

Personen für die Gesamtheit oder bestimmte Teile

der Belegschaft oder für die Spielbank oder ohne

ersichtliche Zweckbestimmung gegeben und von

diesen Personen den für solche Spenden besonders

aufgestellten Behältern unverzüglich zugeführt

werden. Solche Zuwendungen sind ebenso wie die

von Besuchern der Spielbank den Behältern unmit-

telbar zugeführten Zuwendungen ohne Rücksicht auf

einen etwaigen anderweitigen Willen des Spenders

an den Spielbankunternehmer abzuliefern und von

diesem zugunsten der Belegschaft sowie für ge-

meinnützige Zwecke zu verwenden; das Nähere

über die Verwendung regelt der Senat durch Rechts-

verordnung, wobei festgelegt werden kann, daß ein

bestimmter Anteil an das Land Berlin für gemein-

nützige Zwecke abzuführen ist.

...

Tronc-Verordnung:

§ 1

Verwendung des Tronc

Zuwendungen nach § 6 Abs. 2 des Gesetzes über die

Zulassung einer öffentlichen Spielbank in Berlin

(Tronc) sind vom Spielbankunternehmer nach Maßgabe

der folgenden Vorschriften zu verwenden.

...

§ 4

Verwendung zugunsten der Belegschaft

Der nach Abzug für gemeinnützige Zwecke (§ 3)

verbleibende Teil des Tronc-Aufkommens ist aus-

schließlich zugunsten des bei der Spielbank be-

schäftigten Personals, insbesondere zur Deckung

der Personalaufwendungen zu verwenden. Zunächst

sind die den Betrieb als solchen treffenden

Aufwendungen sozial- und arbeitsrechtlicher

Natur zu decken. Die Regelung der Vergütungen

durch tarifliche Vereinbarungen zwischen den

Sozialpartnern bleibt unberührt.

..."

Im Tronc- und Gehaltstarifvertrag "Großes Spiel" (TuG-TV)

heißt es:

"§ 4

Tronc-Verwendung

(1) Die Troncs einschließlich Zinsen sind ausschließ-

lich zugunsten der unmittelbar im Betrieb der

Spielbank beschäftigten Arbeitnehmer zu verwenden.

(2) Ausgenommen hiervon ist ausschließlich die Ab-

wicklung der Regelung für Arbeitnehmer, die aus

dem "Großen Spiel" in das "Kleine Spiel" wechsel-

ten, gemäß § 19 RTV.

...

§ 6

Tronc-Verteilung

(1) Von dem monatlichen Tronc (§ 3) sind 75 % für

die Vergütung der spieltechnischen Arbeitnehmer

(Gruppe A) zu verwenden.

(2) Aus den weiteren 25 % sind folgende Leistungen

zu erbringen:

a) die Bezüge der sonstigen Arbeitnehmer (Gruppe

B, C, D, E und F),

b) Mankogelder im Rahmen der gesetzlichen Be-

stimmungen für die berechtigten Arbeitnehmer

sowie die Mankogeldzuschläge,

c) Weihnachtsgratifikationen für alle Arbeitneh-

mer,

d) Zukunftssicherung für alle Arbeitnehmer (z.Zt.

DM 26,--),

e) 27 Punktanteile aus der Gesamtvergütung des

technischen Direktors, jedoch befristet ohne

Nachwirkung bis 30. Juni 1986,

f) Abwicklung der Regelung gemäß § 19 Rahmenta-

rifvertrag.

(3) Der Restbetrag aus 25 % (Ziff. 2) ist für die

Mitarbeiter des spieltechnischen Personals an-

teilsmäßig entsprechend ihrem Punkteanteil mit

der übrigen laufenden Vergütung (§ 6 Ziff. 1)

auszuzahlen.

..."

Das Landesarbeitsgericht nimmt an, daß dem Kläger ein tariflicher Anspruch entsprechend seinem Punktanteil an dem ohne die Beiträge zur Berufsgenossenschaft gekürzten Tronc zusteht. Zwar verpflichte § 4 Tronc-VO den Spielbankunternehmer aus dem Tronc zunächst alle Aufwendungen zu bestreiten, die sozial- und arbeitsrechtlicher Natur seien, wozu ohne Zweifel auch die Beiträge zur Berufsgenossenschaft rechneten, jedoch bezwecke diese Vorschrift nur die Sicherung der notwendigen Personalaufwendungen vor einer Gewinnentnahme durch den Spielbankunternehmer; die Regelung der Vergütung der Arbeitnehmer bleibe hingegen tariflichen Vereinbarungen der Sozialpartner überlassen. Demnach stände es den Tarifvertragsparteien frei, unter Beachtung der Grenzen des § 4 Tronc-VO die Vergütung der Arbeitnehmer der Beklagten zu regeln und ihre Höhe davon abhängig zu machen, welche Aufwendungen die Beklagte aus dem Tronc bestreiten dürfe. Die tariflichen Bestimmungen der §§ 4 und 6 TuG-TV ließen insoweit eine Entnahme der Beiträge für die Berufsgenossenschaft jedoch nicht zu. Durch § 6 TuG-TV sei die Tronc-Verteilung im einzelnen geregelt. Die Regelung erfasse die Beiträge des Arbeitgebers zur Berufsgenossenschaft nicht, weil diese nicht zu der Vergütung der spieltechnischen Arbeitnehmer zu rechnen seien, die dem 75%igen Tronc-Anteil entnommen werden dürfe. Die Beiträge zur Berufsgenossenschaft seien aber auch nicht in dem abschließenden Katalog der zulässigen Entnahmen aus dem 25%igen Tronc-Anteil aufgeführt. Auch die tarifliche Bestimmung des § 4 TuG-TV gestatte die Entnahme der Beiträge zur Berufsgenossenschaft aus dem Tronc nicht. Die Verwendung des Tronc sei ausschließlich zugunsten der unmittelbar im Betrieb der Spielbank beschäftigten Arbeitnehmer zulässig. Die Beiträge zur Berufsgenossenschaft kämen aber nicht ausschließlich den Arbeitnehmern zugute, sondern auch dem Arbeitgeber, da er nach den gesetzlichen Bestimmungen der Unfallversicherung von der Haftung für von ihm verschuldete Arbeitsunfälle befreit werde. Da somit die tariflichen Bestimmungen die Entnahme der Beiträge zur Berufsgenossenschaft aus dem Tronc nicht vorsähen, sei das Gehalt des Klägers aus dem Tronc-Aufkommen ohne Abzug der Beiträge zur Berufsgenossenschaft zu berechnen.

Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts kann nicht gefolgt werden. Zwar geht das Landesarbeitsgericht zutreffend davon aus, daß die Tarifvertragsparteien im TuG-TV keine ausdrückliche Regelung über die Verwendung des Tronc zur Zahlung der Beiträge zur Berufsgenossenschaft getroffen haben, die Auslegung von § 4 Tronc-V0 in Verb. mit § 4 Abs. 1 TuG-TV ergibt jedoch, daß diese Verwendung zulässig ist.

Die Verwendung des Tronc zur Zahlung der Beiträge zur Berufsgenossenschaft ist in den tariflichen Bestimmungen des Tronc- und Gehaltstarifvertrags "Großes Spiel" - anders als in entsprechenden Tarifverträgen anderer Spielbanken - nicht ausdrücklich geregelt. Die Beiträge zur Berufsgenossenschaft werden weder in der tariflichen Bestimmung des § 4 TuG-TV, die die Verwendung des Tronc in allgemeiner Weise umschreibt, noch in der tariflichen Bestimmung des § 6 TuG-TV, die die Verteilung des monatlichen Tronc-Aufkommens aus den Zuwendungen von Besuchern der Spielbank, die am Spieltisch den dazu aufgestellten Behältern unmittelbar zugeführt werden (§ 3 TuG-TV), regelt, ausdrücklich genannt. Daraus folgt jedoch entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht, daß die Beklagte den Tronc nicht zur Zahlung der Beiträge zur Berufsgenossenschaft verwenden darf.

Der Tronc wird nach näherer gesetzlicher Maßgabe des § 6 Abs. 2 SpielbankG Berlin durch die Zuwendungen von Besuchern der Spielbank gebildet. Seine Verwendung ist durch die auf der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage des § 6 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz SpielbankG Berlin erlassenen Verordnung über die Verwendung des Tronc der öffentlichen Spielbank in Berlin vom 22. April 1975 geregelt. Insoweit ist in § 4 Tronc-V0 bestimmt, daß der nach Abzug für gemeinnützige Zwecke verbleibende Teil des Tronc-Aufkommens ausschließlich zugunsten des bei der Spielbank beschäftigten Personals, insbesondere zur Deckung der Personalaufwendungen zu verwenden ist (§ 4 Satz 1 Tronc-VO) und zunächst die den Betrieb als solchen treffenden Aufwendungen sozial- und arbeitsrechtlicher Natur (§ 4 Satz 2 Tronc-VO) zu decken sind. An diese zwingende gesetzliche Regelung sind sowohl der Spielbankunternehmer und die beschäftigten Arbeitnehmer als Parteien des Einzelarbeitsvertrages als auch die Tarifvertragsparteien gebunden. Der Arbeitnehmer kann ebensowenig einen höheren Tronc-Anteil beanspruchen als dies nach den gesetzlichen Vorschriften gestattet ist, wie die Tarifvertragsparteien keinen höheren Tronc-Anteil zur Verwendung für die Belegschaft vorsehen können, als dies in § 4 Satz 1 und 2 Tronc-V0 vorgesehen ist. Soweit in § 4 Satz 3 Tronc-V0 die Regelung der Vergütung durch tarifliche Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern unberührt bleibt, besteht diese Regelungsbefugnis nur in dem durch § 4 Satz 1 und 2 Tronc-V0 festgelegten Rahmen (vgl. BAG Urteil vom 21. Februar 1974 - 5 AZR 527/72 - AP Nr. 8 zu § 611 BGB Croupier).

Dieser schreibt zwingend eine Verwendung des Tronc zur Zahlung der Beiträge zur Berufsgenossenschaft durch die Beklagte vor. Die Beklagte ist aufgrund der Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung verpflichtet, Beiträge zur Berufsgenossenschaft zu leisten, deren Höhe sich grundsätzlich nach dem Entgelt der Versicherten und dem Grad der Unfallgefahr richtet (§ 725 Abs. 1 RV0). Bei den Beiträgen zur Berufsgenossenschaft handelt es sich allerdings nicht um Aufwendungen, die, wie z. B. die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung, dem Arbeitnehmer unmittelbar und ausschließlich zugute kommen, was ihre Zurechnung zur Vergütung der Arbeitnehmer rechtfertigt (vgl. BAG Urteile vom 30. Juli 1966 - 5 AZR 256/65 - und - 5 AZR 385/65 - AP Nr. 1 und 2 zu § 611 BGB Croupier). Der Arbeitgeber erbringt die Beiträge zur Berufsgenossenschaft nicht für die Arbeitnehmer als "Gläubiger" der Versicherungsleistungen, wie in der Kranken- und Rentenversicherung, sondern als "Schuldner" der Versicherungsleistungen im genossenschaftlichen Verband der Unternehmer, so daß die Aufwendungen dafür wirtschaftlich ihm allein zuzurechnen sind (vgl. BGH Urteil vom 11. November 1975 - VI ZR 128/74 - DB 1976, 58, 59). Diese Aufwendungen treffen den Arbeitgeber aber im Hinblick auf das bei ihm beschäftigte Personal (§ 539 Abs. 1 Nr. 1 RV0). Sie haben ihre Grundlage im System der gesetzlichen Unfallversicherung. Es handelt sich damit um Aufwendungen sozialrechtlicher Natur, die den Arbeitgeber außerhalb des Austauschverhältnisses von Arbeitsleistung und Vergütung und damit den "Betrieb als solchen" im Sinne des § 4 Satz 2 Tronc-V0 treffen. Die Aufwendungen für die Beiträge zur Berufsgenossenschaft sind daher nach Abzug des Anteils für gemeinnützige Zwecke zunächst aus dem Tronc zu decken, bevor dieser im übrigen entsprechend den tariflichen Bestimmungen für das Personal zu verwenden ist.

Diese gesetzlich vorgeschriebene Tronc-Verwendung widerspricht entgegen der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Auffassung des Klägers auch nicht deshalb allgemeinen arbeitsrechtlichen Prinzipien, weil sie dazu führt, daß ausschließlich den Arbeitnehmern von den Besuchern der Spielbank zugedachte Zuwendungen zur Deckung von Aufwendungen verwendet werden, die ansonsten allein den Arbeitgeber treffen. Dies ist nämlich ein Kennzeichen der für das Arbeitsrecht insgesamt atypischen Regelung über das Tronc-Aufkommen und seine Verwendung durch den Gesetzgeber (vgl. BAG Urteile vom 30. Juni 1966 - 5 AZR 256/65 - und - 5 AZR 385/65 - AP Nr. 1 und 2 zu § 611 BGB Croupier). Ausgehend von dem Verbot der Annahme jeglicher Zuwendungen, insbesondere von Trinkgeldern durch das bei der Spielbank beschäftigte Personal (§ 6 Abs. 1 SpielbankG Berlin), bestimmt der Gesetzgeber, daß sämtliche Personalaufwendungen aus dem Tronc zu zahlen sind. Der Arbeitgeber wird damit durch die gesetzliche Regelung sogar von seiner Hauptleistungspflicht im Arbeitsverhältnis, der Zahlung der Vergütung, befreit. Im Hinblick darauf stellt die gesetzgeberische Entscheidung zur Verwendung des Tronc auch zur Deckung der Beiträge zur Berufsgenossenschaft keine Besonderheit dar.

Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts stehen die tariflichen Bestimmungen des Tronc- und Gehaltstarifvertrages "Großes Spiel" mit den gesetzlichen Bestimmungen über die Tronc- Verwendung durchaus in Einklang.

Nach § 4 Abs. 1 TuG-TV ist der Tronc "ausschließlich zugunsten der unmittelbar im Betrieb der Spielbank beschäftigten Arbeitnehmer zu verwenden". Die Tarifvertragsparteien knüpfen mit dieser tariflichen Bestimmung an die gesetzliche Regelung über die Verwendung des Tronc-Aufkommens in § 4 Satz 1 Tronc-V0 an. Sie konkretisieren den Kreis der Bezugsberechtigten allerdings auf die unmittelbar im Betrieb der Spielbank beschäftigten Arbeitnehmer und machen insoweit nur in § 4 Abs. 2 TuG-TV eine Ausnahme in bezug auf die Arbeitnehmer, die aus dem "Großen Spiel" in das "Kleine Spiel" wechseln. Abgesehen von dieser Konkretisierung des am Tronc partizipierenden Personenkreises enthält die tarifliche Bestimmung im übrigen nach ihrem Wortlaut aber entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts keine von der gesetzlichen Vorschrift abweichende Zweckbestimmung des Tronc. Soweit die Tarifvertragsparteien nämlich bestimmen, daß der Tronc "ausschließlich zugunsten" eines bestimmten Personenkreises zu verwenden ist, übernehmen sie die gesetzliche Zweckbestimmung aus § 4 Satz 1 Tronc-TV. Verwenden die Tarifvertragsparteien aber einen Begriff, der in der Rechtsterminologie eine bestimmte vorgegebene Bedeutung hat, ist davon auszugehen, daß sie ihn auch in ihrem Regelungsbereich, sofern sie nicht selbst etwas anderes bestimmen, in seiner allgemeinen rechtlichen Bedeutung verwenden und angewendet wissen wollen (BAGE 42, 272, 277 = AP Nr. 61 zu § 616 BGB; BAGE 50, 147, 151 = AP Nr. 35 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie; Urteil vom 12. März 1986 - 4 AZR 547/84 - AP Nr. 3 zu § 1 TVG Tarifverträge: Seeschiffahrt; BAGE 55, 171, 179 = AP Nr. 136 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Urteil vom 20. April 1988 - 4 AZR 646/87 - AP Nr. 95 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Dies bedeutet aber, daß die Tarifvertragsparteien unter dem Begriff der Verwendung "ausschließlich zugunsten" der beschäftigten Arbeitnehmer auch alle Verwendungszwecke verstehen wollen, die in der gesetzlichen Vorschrift des § 4 Tronc-V0 vorgesehen sind. Diese umfassen aber nach dem eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung insbesondere die Verwendung des Tronc zur Deckung der Personalaufwendungen und der Aufwendungen sozial- und arbeitsrechtlicher Natur. Die Verwendung des Tronc zur Zahlung der Beiträge zur Berufsgenossenschaft steht somit in Einklang mit dem Wortlaut der tariflichen Bestimmung des § 4 Abs. 1 TuG-TV.

Dafür spricht auch der tarifliche Gesamtzusammenhang, der neben dem Wortlaut bei der Tarifauslegung gleichermaßen zu berücksichtigen ist (BAGE 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung). Soweit die Verwendung des Tronc in § 4 TuG-TV und seine Verteilung in § 6 TuG-TV geregelt sind, gehen die Tarifvertragsparteien davon aus, daß diese Regelung nur in dem durch § 4 Tronc-V0 vorgegebenen gesetzlichen Rahmen erfolgt. Sie regeln nämlich in § 4 TuG-TV nicht die Verwendung des gesamten Tronc, sondern setzen voraus, daß aus dem Tronc bereits der Anteil für gemeinnützige Zwecke abgezogen ist. Nur so ist erklärlich, daß dieser Anteil in der tariflichen Bestimmung des § 4 Abs. 1 TuG-TV nicht mehr erwähnt wird. Die Regelung über die Verwendung des Tronc in § 4 Abs. 1 TuG-TV bezieht sich somit nur auf den nach Abzug des Anteils für gemeinnützige Zwecke verbleibenden Teil des Tronc. Dieser ist ausschließlich zugunsten der beschäftigten Arbeitnehmer im Sinne § 4 Tronc-V0 zu verwenden. Dazu gehört auch die Verwendung zur Deckung der Beiträge zur Berufsgenossenschaft. Im übrigen ist dieser Teil des Tronc nach näherer tariflicher Maßgabe des § 6 TuG-TV zu verteilen. Daraus folgt insgesamt, daß die Beklagte zu Recht den Tronc zur Zahlung der Beiträge zur Berufsgenossenschaft in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften und den tariflichen Bestimmungen verwendet hat.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits nach § 91 ZP0.

Dr. Neumann Dr. Etzel Dr. Freitag

Koerner Dr. Apfel

 

Fundstellen

Haufe-Index 439556

RdA 1989, 199

AP § 611 BGB Croupier (LT1), Nr 14

EzA § 611 BGB Croupier, Nr 1 (LT1)

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