Leitsatz

Ein häusliches Arbeitszimmer i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG liegt auch dann vor, wenn sich die zu Wohnzwecken und die betrieblich genutzten Räume in einem ausschließlich vom Steuerpflichtigen genutzten Zweifamilienhaus befinden und auf dem Weg dazwischen keine der Allgemeinheit zugängliche oder von fremden Dritten benutzte Verkehrsfläche betreten werden muss (Anschluss an BFH, Urteil vom 20.6.2012, IX R 56/10, BFH/NV 2012, 1776).

 

Normenkette

§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG

 

Sachverhalt

Ein Oberarzt erzielte nebenberuflich Einkünfte aus selbstständiger Arbeit als Erfinder. Für die Erstellung von Patenten benötigte er zahlreiche Unterlagen und umfangreiche Fachliteratur, sodass er ein ausschließlich beruflich genutztes Büro unterhielt. Dieses befand sich im Obergeschoss des von den Klägern bewohnten Zweifamilienhauses. Eine direkte Verbindung zwischen den zum Büro gehörenden Räumlichkeiten im Obergeschoss und dem Wohnbereich der Kläger im Erdgeschoss bestand nicht. Der Zugang zum Obergeschoss war nur über einen separaten Treppenaufgang möglich, der über eine eigene Eingangstür verfügte. Diese befand sich zwischen Garage und Hauswand und war über einen überdachten Windfang zu erreichen. Hinsichtlich der Büro- und Wohnräume wurden zwei separate Mietverträge abgeschlossen.

Das FG gab der Klage, mit der die Kläger die steuermindernde Berücksichtigung der vollen Bürokosten als Betriebsausgaben bei den Einkünften des Klägers aus selbstständiger Arbeit begehrten, statt (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.5.2009, 10 K 3583/08, Haufe-Index 2335854, EFG 2010, 1114).

 

Entscheidung

Auf die Revision des FA hob der BFH die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab.

Das FG sei von einer zu engen Definition des häuslichen Arbeitszimmers ausgegangen. Es habe die Häuslichkeit des Arbeitszimmers bereits deshalb verneint, weil die Büroräume durch keinen direkten Zugang mit den Wohnräumen des Klägers verbunden gewesen seien und über einen eigenen Eingang und Treppenaufgang verfügt hätten. Es habe jedoch unberücksichtigt gelassen, dass das gesamte Grundstück und Gebäude ausschließlich von den Klägern genutzt worden sei. Der Kläger habe, um von seinem Wohnbereich in die Büroräume zu gelangen, das private Grundstück nicht verlassen müssen. Er habe hierfür keine auch der Allgemeinheit zugängliche Verkehrsfläche durchqueren müssen, sondern er habe das Büro über einen auf dem privaten Gelände gelegenen überdachten separaten Eingang betreten. Es bestehe danach ein innerer Zusammenhang zwischen den Büroräumen und der Wohnsphäre, sodass die Abzugsbeschränkung für ein häusliches Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG eingreife.

 

Hinweis

1. Mit der "Häuslichkeit" des häuslichen Arbeitszimmers ist es so eine Sache. Denn dieser auf den ersten Blick eher idyllisch anmutende Begriff entscheidet über die Abzugsbeschränkung für beruflich/betrieblich veranlasste Raumkosten gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG. Wird die "Häuslichkeit" bejaht, so sind die Raumkosten nur limitiert als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar. Andernfalls ist hingegen ein unbeschränkter Abzug möglich, sofern die betriebliche/berufliche Veranlassung der Aufwendungen nachgewiesen ist.

2. Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers ist im Gesetz – leider – nicht näher bestimmt. Es handelt sich insoweit um einen von der Rechtsprechung des BFH entwickelten Begriff, den der Gesetzgeber in die Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG übernommen hat. Da es an einer exakten subsumierbaren Definition fehlt, ist es bedauerlicherweise unvermeidbar, dass die Rechtsprechung gezwungenermaßen eine Art Schottischen Schwertertanz aufführt, der die Beurteilung im Einzelfall nicht unbedingt vorhersehbar macht.

3. Immerhin versucht die Rechtsprechung, den unbestimmten Rechtsbegriff des häuslichen Arbeitszimmers anhand des Zwecks des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG zu konkretisieren: Diese Norm dient der typisierenden Begrenzung von Aufwendungen, die eine Berührung mit dem privaten Lebensbereich des Steuerpflichtigen aufweisen und in einer Sphäre anfallen, die einer sicheren Nachprüfung durch Finanzverwaltung und Finanzgerichte entzogen ist.

4."Häuslichkeit" eines Arbeitszimmers setzt jedenfalls eine Einbindung des Raumes in die häusliche Sphäre voraus:

a) Das ist regelmäßig dann gegeben, wenn die betrieblich oder beruflich genutzten Räume zur Wohnung oder zum Wohnhaus des Steuerpflichtigen gehören.
b) Allerdings kann die Einbindung des Arbeitsraums in die häusliche Sphäre – etwa durch Publikumsverkehr oder die Beschäftigung von nicht familienangehörigen Teilzeitkräften – aufgehoben oder überlagert werden. Dann handelt es sich nicht um ein häusliches Arbeitszimmer.
c) Auch Mansardenzimmer oder Kellerräume im selben Haus stehen als Zubehörräume zu der Wohnung noch in einer räumlichen Verbindung, die sie als häusliches Arbeitszimmer einordnen lässt.
d) Sogar Räume in einem Anbau, der nicht vom Wohnhaus aus, sondern nur über einen separaten, straßenabgewandten Eingang vom Garten aus ...

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