Leitsatz

1. Aufwendungen eines Arbeitnehmers für eine Feier aus beruflichem und privatem Anlass können teilweise als Werbungskosten abziehbar sein.

2. Der als Werbungskosten abziehbare Betrag der Aufwendungen kann anhand der Herkunft der Gäste aus dem beruflichen/privaten Umfeld des Steuerpflichtigen abgegrenzt werden, wenn die Einladung der Gäste aus dem beruflichen Umfeld (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst ist. Hiervon kann insbesondere dann auszugehen sein, wenn nicht nur ausgesuchte Gäste aus dem beruflichen Umfeld eingeladen werden, sondern die Einladungen nach ab­strakten berufsbezogenen Kriterien (z.B. alle Auszubildenden, alle Zugehörigen einer bestimmten Abteilung) ausgesprochen werden.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG

 

Sachverhalt

K lud 2009 zur bestandenen Steuerberaterprüfung und seinem 30. Geburtstag Kollegen, Verwandte und Bekannte ein. Ein Posaunenchor spielte, und die Menükarte war mit "30 & StB" überschrieben. 99 Gäste erschienen, davon 46 Arbeitskollegen und 32 Verwandte und Bekannte. K machte die Aufwendungen für die Feier (3.413 EUR Hallenmiete und Bewirtung) teilweise als Werbungskosten geltend, nämlich aufgeteilt nach Köpfen (46 Berufskollegen, 53 private Gäste samt Posaunenchor, also 3.413 EUR × 46,5 % = 1.586 EUR). Das FA und auch das FG (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.3.2014, 1 K 3541/12, Haufe-Index 7505743, EFG 2015, 370) lehnten den Werbungskostenabzug ab.

 

Entscheidung

Der BFH hob aus den unter obigen Praxis-Hinweisen erläuterten Gründen die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Hinweis

Ob Aufwendungen für eine Feier beruflich veranlasst sind und dementsprechend zum Werbungskostenabzug berechtigen, hatte der Lohnsteuersenat schon früher anlässlich einer Reihe von Urteilen – bekannt unter "Brigadegeneral", "Dienstjubiläum", "Antrittsvorlesung", "Priesterjubiläum" – zu entscheiden.

1. Die in diesen Urteilen entwickelten Grundsätze gelten unverändert. Danach ist bei Veranstaltungen und Feiern der Anlass der Feier zwar ein erhebliches Indiz, aber nicht das allein entscheidende Kriterium für die Qualifikation als beruflich oder privat. Es gilt also nicht: privater Anlass (hier: Geburtstag) = private Kosten. Dementsprechend sind weitere Kriterien heranzuziehen, z.B. wer Gastgeber ist, die Gästeliste bestimmt, wie sich die Gäste zusammensetzen, an welchem Ort die Veranstaltung stattfindet sowie, ob sich die Kosten im Rahmen vergleichbarer betrieblicher Veranstaltungen bewegen. Sind etwa nur ausgesuchte Berufskollegen eingeladen, kann dies – trotz eines scheinbar offenkundigen beruflichen Bezugs – mehr für private Motive sprechen, als wenn Arbeitskollegen nach abstrakten Merkmalen, etwa abteilungsbezogen eingeladen werden. Anhand all dieser Indizien ist es dann Aufgabe der Tatsacheninstanz, in tatrichterlicher Würdigung unter Einbeziehung der Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob eine berufliche Veranlassung gegeben ist. Hier beurteilte der BFH im Gegensatz zum FG die Bestellung zum Steuerberater als überwiegend berufsbezogenes Ereignis. Denn mit der Bestellung zum Steuerberater ist die Voraussetzung der beruflichen Tätigkeit geschaffen, die damit ihren Anfang nimmt und mit dem Ruhestand endet (siehe z.B. Entscheidung zum "Brigadegeneral"). Der damit nicht ausgeschlossene berufliche Veranlassungszusammenhang führt zur nächsten Frage: Sind die Kosten – jedenfalls anteilig – abziehbar?

2. Seit dem Beschluss des Großen Senats des BFH (BFH, Beschluss vom 21.9.2009, GrS 1/06, BFH/NV 2010, 285, BFH/PR 2010, 85; Abschied vom Aufteilungs- und Abzugsverbot) ist in einem weiteren Schritt die Aufteilbarkeit und der Aufteilungsschlüssel einer möglichen Aufteilung der Kosten zu prüfen. Sind Aufwendungen für eine Feier gemischt veranlasst, weil daran – so im Fall hier – sowohl Gäste aus dem privaten als auch dem beruflichen Umfeld teilgenommen haben, kommt eine solche Aufteilung mit der Folge eines jedenfalls anteiligen Werbungskostenabzugs in Betracht, sofern der den Beruf fördernde Kostenteil sich nach objektiven Maßstäben leicht nachprüfbar abgrenzen lässt und nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Im Streitfall hier gestattet der BFH eine solche Aufteilung anteilig nach der Anzahl der jeweiligen Gäste; diese sind dann jeweils ganz entweder der beruflichen oder der privaten Sphäre zuzuordnen.

3. Im Ergebnis konnte also ein beruflicher Veranlassungszusammenhang angesichts der Bestellung zum Steuerberater und der deutlich berufsbezogenen Auswahl der Gäste nicht ausgeschlossen werden. Die Entscheidung liegt dennoch bei der Tatsacheninstanz. Die hat noch weitere Feststellungen zu treffen. Insbesondere ist zu prüfen, ob die Berufskollegen nach abstrakten berufsbezogenen Kriterien eingeladen wurden; das lässt auf rein berufliche Erwägungen für deren Einladung und die damit verbundenen Kosten schließen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 8.7.2015 – VI R 46/14

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