Für Gestaltungen zum Zwecke der Nutzung von Freigrenzen und Freibeträgen hat das BMF bestimmt, dass kein steuerlicher Vorteil i.S.d. § 138d Abs. 3 Satz 1 und 2 AO anzunehmen ist. Hieraus lässt sich dogmatisch deutlich ablesen, dass der Begriff der Gestaltung sehr weit auszulegen ist und daher Schenkungen bei entspr. grenzüberschreitendem Bezug grundsätzlich anzeigepflichtig sein können. Die Nutzung der schenkungsteuerlichen Freibeträge nach § 16 ErbStG ist jedoch ausdrücklich von der Whitelist umfasst und daher nicht anzeigepflichtig.

Damit dürften auch Kettenschenkungen von der Anzeigepflicht ausgenommen sein, da es sich hierbei dem Grunde nach nur um die (mehrfache) Ausnutzung von Freibeträgen handelt. Die vom BMF statuierte Rückausnahme dürfte nicht eingreifen, insb. weil der steuerliche Vorteil auch im rein nationalen Kontext erzielt werden würde.

Eine Schenkung von Betriebsvermögen zum Zwecke der Nutzung der bestehenden erbschaftsteuerlichen Begünstigungen wäre damit dogmatisch betrachtet anzeigepflichtig, soweit der grenzüberschreitende Bezug vorliegt und im Schenkungsvertrag keine wesentlichen Anpassungen an den Einzelfall erforderlich sind. Der steuerliche Hauptvorteil, die Inanspruchnahme der erbschaftsteuerlichen Begünstigung, liegt auf der Hand. Im Gegensatz zur Nutzung der Freibeträge und Freigrenzen hat das BMF die Nutzung der sachlichen Steuerbefreiung der §§ 13a, 13b ErbStG nicht in die Whitelist mitaufgenommen.

Auch wenn es dem gesetzgeberischen Ziel entspricht, "gutes" Vermögen erbschaftsteuerlich zu begünstigen und es daher i.S.d. Gesetzgebers sein dürfte, "gutes" Vermögen zu schaffen, um insb. Arbeitsplätze zu erhalten, so soll eine solche Gestaltung dennoch anzeigepflichtig sein. Im Gegensatz zum RegE, der noch den Vorbehalt des "gesetzlich vorgesehenen Vorteils" vorsah, so führt nach dem jetzigen Gesetzeswortlaut der steuerliche Hauptvorteil unweigerlich zur Anzeigepflicht, wenn nicht das BMF diese Fallgruppe ausdrücklich von der Anzeigepflicht ausnimmt.

Beraterhinweis Dies scheint absurd. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist es daher notwendig, diese Gestaltungen ebenfalls von der Anzeigepflicht auszunehmen. Um den Eingriff in Art. 12 GG zu rechtfertigen, müssten die §§ 138d ff. AO zur Erreichung des Gesetzeszwecks geeignet, erforderlich und angemessen sein. Dies ist hier nicht gegeben. Die zu meldenden Informationen sollen den Gesetzgeber und die zuständigen Finanzbehörden in die Lage versetzen, Gestaltungsmöglichkeiten, die der Intention des Gesetzgebers nicht entsprechen, zeitnah zu identifizieren und gegen diese vorzugehen sowie ungewollte Gestaltungsspielräume durch Rechtsvorschriften oder durch geeignete Risikoabschätzungen zu schließen. Die Nutzung des bestehenden Verschonungssystems (ohne weitere Gestaltung; hierzu s. unten), verstößt jedoch nicht gegen die Intention des Gesetzgebers. Im Wege der verfassungskonformen Auslegung sind Gestaltungen zur Nutzung der erbschaftsteuerlichen Begünstigung daher nicht zu melden.

Schenken sich Ehegatten das sog. Familienheim, um in den Genuss der Begünstigung des § 13 Nr. 4a ErbStG zu kommen, und hat mindestens einer von ihnen einen zweiten Wohnsitz im Ausland, so wäre diese Gestaltung dogmatisch betrachtet anzeigepflichtig, soweit im Schenkungsvertrag keine wesentlichen Anpassungen an den Einzelfall erforderlich sind. Auch hier liegt der Schluss nahe, eine Anzeigepflicht abzulehnen, da es dem erklärten Willen des Gesetzgebers entspricht, Schenkungen des Familienheims zu begünstigen.

Das BMF sollte hier zeitnah Klarheit schaffen und die Ausnutzung von (sämtlichen) sachlichen Steuerbefreiungen ebenfalls auf die Whitelist setzen.

Gleiches gilt für die Nutzung des steuerlichen Vorteils des § 10 Abs. 2 ErbStG i.R. einer Schenkung. Aufgrund des progressiven Verlaufs des Erbschaftsteuertarifs ist eine Übernahme der Schenkungsteuer durch den Schenker regelmäßig steuerlich vorteilhaft (Bachmann / Baumann / Schuller, DStR 2013, 2645). Eine standardisierte Dokumentation und Struktur dürften ebenfalls vorliegen. Allerdings gilt auch hier, dass die Nutzung des § 10 Abs. 2 ErbStG nicht gegen die Intention des Gesetzgebers verstößt und daher nicht anzeigepflichtig sein kann. Auch hier sollte das BMF die Whitelist ergänzen.

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