BMF, 28.7.2020, IV C 1 - S 1980 - 1/19/10008 :003

Bezug: Schreiben der Deutschen Kreditwirtschaft vom 8. August 2019

Zu Ihren mit Bezugsschreiben vom 8. August 2019 übersendeten Auslegungsfragen nehme ich wie folgt Stellung:

 

1. Abstandnahme oder Erstattung einbehaltener Kapitalertragsteuer bei Fremddepots

Sie bitten um Klarstellung, dass auch in den Konstellationen, in denen ein inländischer Entrichtungspflichtiger, der nicht als Verwahrstelle (i. S. d. KAGB) des ausländischen Investmentfonds agiert, die Mindesthaltedauer systemseitig prüfen kann, die Erstattung oder Abstandnahme durch den Entrichtungspflichtigen gestattet ist. Folgende Beispiele für Ausnahmefälle werden angeführt:

  • Die ausländische Verwahrstelle gehört zum selben Rechtsträger oder Konzern wie der inländische Entrichtungspflichtige oder
  • für eine ausländische konzernfremde Verwahrstelle eines ausländischen Investmentfonds wurde ein sog. segregiertes Konto eingerichtet, auf dem ausschließlich Wertpapiere dieses ausländischen Investmentfonds verwahrt werden.

Ihrem Petitum, die Rzn. 8.32 und 10.15 für Ausnahmefälle, in denen der inländische Entrichtungspflichtige, der nicht als Verwahrstelle (i. S. d. KAGB) des ausländischen Investmentfonds agiert, die Mindesthaltedauer aber systemseitig prüfen kann, aufzuweichen und die Erstattung oder Abstandnahme durch den Entrichtungspflichtigen auch in diesen Ausnahmefällen zu gestatten, kann ich nicht nachkommen. Der Entrichtungspflichtige kann in den von Ihnen beschriebenen Fällen nicht vollumfänglich selbst die Mindesthaltdauer prüfen, sondern er wäre auf Informationen ausländischer (ggf. konzernangehöriger) Stellen angewiesen. In diesen Fällen wäre unklar, wer haftet, wenn diese Informationen der ausländischen Stelle unzutreffend sind. Darüber hinaus wäre eine Prüfung durch die Finanzverwaltung, ob der Entrichtungspflichtige zur Abstandnahme oder Erstattung berechtigt war, wesentlich erschwert, weil die Richtigkeit nur durch eine Überprüfung der ausländischen Stelle möglich wäre.

 

2. Bescheinigungen und Nachweise

a) NV-Arten

Ihr Hinweis, dass der Verweis in Rz. 9.2 des Anwendungsschreibens auf die NV-Bescheinigung NV-Art 03 unzutreffend ist, wird bei der nächsten Änderung des Anwendungsschreibens zum InvStG berücksichtigt und zukünftig auf die gesetzliche Normierungen verwiesen.

b) Geltungsdauer des Freistellungsbescheids von drei Jahren

Sie schlagen eine Anpassung der Rz. 9.2 des Anwendungsschreibens zum InvStG vor, um

  • die Voraussetzungen zur Geltungsdauer des alternativ möglichen Nachweises per Freistellungsbescheid im Anwendungsschreiben an die Regelungen im Abgeltungsteuerschreiben anzupassen (fünf anstatt drei Jahre) und
  • beim alternativ möglichen Nachweis per Anlage zum KSt-Bescheid nicht die Vorlage des KSt-Bescheides selbst zu fordern.

Rz. 9.2 des Anwendungsschreibens wird entsprechend angepasst.

c) Feststellungsbescheid nach § 60a AO

Sie weisen darauf hin, dass nach dem BMF-Schreiben vom 3. April 2019 (IV C 1 – S 2405/0: 008, DOK: 2019/0270510) nicht beanstandet wurde, wenn ein Feststellungsbescheid nach § 60a AO wie eine NV-Bescheinigung behandelt wird. Daher stelle sich die Frage, ob in solchen Fällen aufgrund der Rz. 9.2 des Anwendungschreibens zum InvStG dennoch keine Erstattung einbehaltener Kapitalertragsteuer erfolgen soll und ob Anlegern mit § 60a AO-Feststellungsbescheiden die Beteiligung an steuerbefreiten Investmentfonds überhaupt möglich ist.

Nach Rz. 297 des BMF-Schreibens vom 18. Januar 2016 (BStBl 2016 I S. 85), zuletzt geändert durch BMF-Schreiben vom 16. September 2019 (BStBl 2019 I S. 889), gilt alternativ als Nachweis für die Abstandnahme vom Steuerabzug auch eine amtlich beglaubigte Kopie des Feststellungsbescheides nach § 60a AO, allerdings nur für Kapitalerträge von jährlich maximal 20.000 Euro. Rz. 9.2 des Anwendungschreibens zum InvStG sieht diese Möglichkeit für den Nachweis der Steuerbefreiung nach § 8 Absatz 1 InvStG nicht vor.

Eine Ergänzung der Nachweismöglichkeit in Rz. 9.2 ist abzulehnen. Anlegern mit § 60a AO-Feststellungsbescheiden bleibt die Beteiligung an steuerbefreiten Investmentfonds jedoch unbenommen, soweit für diese Anleger einer der übrigen in Rz. 9.2 genannten Nachweise erbracht werden kann.

 

3. Erstattung von Kapitalertragsteuer an Investmentfonds durch die Finanzbehörden

Sie weisen darauf hin, dass in den Fällen der Rzn. 8.32 und 10.15 das Erstattungsverfahren nach § 11 Absatz 1 Nr. 2 InvStG zwar vor Ablauf der 18-Monatsfrist des § 7 Absatz 5 InvStG durchgeführt werden darf (Rz. 11.7), in Rz. 11.9 jedoch bestimmt wird, dass pro Betriebsstättenfinanzamt nur ein Antrag für ein Geschäftsjahr des Investmentfonds gestellt werden darf, der sich auf das gesamte Geschäftsjahr bezieht und sämtliche Erstattungsgründe umfassen muss.

Aus verfahrensökonomischen Gründen lehne ich Ihren Vorschlag ab. Auch in den von Ihnen geschilderten Fällen ist es zumutbar, dass der Investmentfonds erst den Ablauf seines Geschäftsjahres vor seiner Antragstellung abwartet.

 

4. Steuerabzug und Abst...

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