1Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer, die mit Ablauf des Kalenderjahres entsteht (zur Entstehung der Einkommensteuervorauszahlungen siehe § 37 Abs. 1 EStG). 2Die festgesetzte Jahressteuer ist grundsätzlich im Verhältnis der Einkünfte den verschiedenen insolvenzrechtlichen Vermögensbereichen zuzuordnen. 3Die Verteilung der Einkünfte auf die einzelnen Vermögensbereiche hat nach Maßgabe der in den einzelnen Abschnitten zu berücksichtigenden Besteuerungsmerkmale zu erfolgen. 4Da eine konkrete Zuordnung häufig nicht möglich ist, können die Einkünfte im Schätzungswege zeitanteilig zugeordnet werden, es sei denn, dies führt zu einer offensichtlich unzutreffenden Verteilung z.B. bei Aufdeckung stiller Reserven (BFH-Urteil vom 29.3.1984 - IV R 271/83 - BStBl II, S. 602), Auflösung von Rückstellungen oder Einkünften aus insolvenzfreiem Vermögen.

Beispiel:

1Das Insolvenzgericht eröffnete am 1.7.01 das Insolvenzverfahren. 2Der Steuerpflichtige erzielte im Jahr 01 insgesamt Einkünfte von 100.000 EUR. 3Hiervon entfallen 60.000 EUR auf die Veräußerung eines Grundstücks durch den Insolvenzverwalter im Oktober 01. 4Weitere Einkünfte i. H. v. 10.000 EUR entfallen auf den Gewinn aus einer vom Insolvenzverwalter freigegebenen selbstständigen Tätigkeit des Schuldners. 5Hinsichtlich der restlichen Einkünfte von 30.000 EUR ist eine Zuordnung auf Zeiträume vor Insolvenzeröffnung und nach Insolvenzeröffnung nicht möglich.

5Die Verteilung hat vorrangig nach Zuordnung zu den Geschäftsvorfällen zu erfolgen, da eine zeitanteilige Verteilung aller Einkünfte hier zu einem unzutreffenden Ergebnis führen würde.

  Einkünfte Durch vorinsolvenzrechtliches Vermögen begründet (Insolvenzforderung) Durch Insolvenzmasse begründet (Masseverbindlichkeit) Insolvenzfreies Vermögen
Zuordnung nach Geschäftsvorfällen 70.000 EUR   60.000 EUR 10.000 EUR
Zeitanteilig zugeordnet 30.000 EUR 15.000 EUR 15.000 EUR 0 EUR
Summe 100.000 EUR 15.000 EUR 75.000 EUR 10.000 EUR

9.1.1 Einzelveranlagung

Die festgesetzte Jahressteuer ist im ermittelten Verhältnis der Einkünfte (siehe Nr. 9.1) den verschiedenen insolvenzrechtlichen Vermögensbereichen zuzuordnen.

Beispiel 1:

1Das Insolvenzgericht eröffnete auf einen Insolvenzantrag vom 1.6.01 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners am 1.9.01. 2Der Steuerpflichtige erzielte im Jahr 01 insgesamt Einkünfte von 120.000 EUR. 3Hiervon entfallen 100.000 EUR auf Zeiträume vor Insolvenzeröffnung und je 10.000 EUR auf Einkünfte der Insolvenzmasse (einschließlich Einkünfte i. S. v. § 55 Abs. 4 InsO) und des insolvenzfreien Vermögens. 4Die festzusetzende Einkommensteuer beträgt insgesamt 12.000 EUR.

5Die festzusetzende Steuer ist den insolvenzrechtlichen Vermögensbereichen im Verhältnis der Einkünfte aus den unterschiedlichen Vermögensbereichen zu der Summe der Einkünfte zuzuordnen:

Anteiliger Steuerbetrag = anteilige Einkünfte des Vermögensbereichs x Gesamtsteuerbetrag
Summe der Einkünfte
  Summe Insolvenzforderung Masseforderung Insolvenzfreies Vermögen
Einkünfte 120.000 EUR 100.000 EUR 10.000 EUR 10.000 EUR
Steuer 12.000 EUR 10.000 EUR 1.000 EUR 1.000 EUR

6Vorauszahlungen und Steueranrechnungsbeträge werden bei dem insolvenzrechtlichen Vermögensbereich berücksichtigt, aus dem sie geleistet wurden. 7Steuererstatturigsansprüche aufgrund von Steuervorauszahlungen oder Steuerabzugsbeträgen entstehen im Zeitpunkt der Entrichtung der Steuer bzw. des Einbehalts der Steuerabzugsbeträge unter der aufschiebenden Bedingung, dass am Ende des Veranlagungszeitraums die geschuldete Steuer geringer ist als die Suimne aus geleisteten Vorauszahlungen und Steuerabzugsbeträgen, vgl. § 36 Abs. 4 EStG (BFH-Urteil vom 29.1.1991 - VII R 45/90 -BFH/NV S. 791).

8Die Verteilung der Steuer, der anzurechnenden Steuerabzugsbeträge sowie der geleisteten Vorauszahlungen auf die unterschiedlichen Vermögensbereiche erfolgt im Rahmen der Anrechnungsverfügung.

Beispiel 2 (Fortsetzung von Beispiel 1):

1Am 10.3.01 zahlte der Schuldner 600 EUR Vorauszahlungen. 2Die festgesetzte Vorauszahlung für das II. Quartal zahlte er nicht. 3Am 10.9.01 und am 10.12.01 zahlte der Insolvenzverwalter jeweils 600 EUR Vorauszahlungen. 4Das Finanzamt setzte gegen den Schuldner keine Vorauszahlungen für das insolvenzfreie Vermögen fest.

  Summe Insolvenzforderung Masseforderung Insolvenzfreies Vermögen
Einkünfte 120.000 EUR 100.000 EUR 10.000 EUR 10.000 EUR
Steuer 12.000 EUR 10.000 EUR 1.000 EUR 1.000 EUR
abzgl. geleistete VZ 1.800 EUR 600 EUR 1.200 EUR 0 EUR
Zwischensumme   9.400 EUR - 200 EUR 1.000 EUR

5Aufgrund der Verteilung einer einheitlichen Steuerschuld ist es nicht möglich, dass sich für einen Vermögensbereich eine Erstattung und für einen anderen Vermögensbereich eine Nachzahlung ergibt. 6Die sich für den Bereich Insolvenzmasse ergebende Erstattung wird daher mit den sich ergebenden Nachzahlungsbeträgen verrechnet, wobei die Verrechnung zuerst mit der Insolvenzforderung erfolgt.

7Zur Tabelle sind daher im Ergebnis 9.200 EUR als lnsolvenzforderung anzumelden.

8Ergibt sich...

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