Leitsatz

1. Aufwendungen, die dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft durch die Nutzungsüberlassung eines Wirtschaftsguts an die Gesellschaft entstehen, sind nicht vorrangig durch die Beteiligungs-, sondern durch die Miet- oder Pachteinkünfte veranlasst und daher ungeachtet des § 3c Abs. 2 EStG in vollem Umfang abziehbar, wenn die Nutzungsüberlassung zu Konditionen erfolgt, die einem Fremdvergleich standhalten.

2. Bei einem Verzicht auf vertraglich vereinbarte Pachtzahlungen steht § 3c Abs. 2 EStG der Abziehbarkeit der durch die Nutzungsüberlassung entstehenden Aufwendungen nur entgegen, wenn der Verzicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist und daher einem Fremdvergleich nicht stand­hält (Anschluss an BFH-Urteil vom 28. Februar 2013, IV R 49/11, BFHE 240, 333).

3. Auch wenn grundsätzlich das FA die Feststellungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 3c Abs. 2 EStG trägt, ist der Steuerpflichtige unter dem Gesichtspunkt des Fremdvergleichs jedenfalls bei einem Pachtverzicht, der endgültig und nicht lediglich für einen ganz kurzen Zeitraum ausgesprochen wird, gehalten, dem FA ein Mindestmaß an substanziierten Darlegungen sowohl zur regionalen Marktlage im Bereich der Gewerbeimmobilien als auch zu seiner Einschätzung der wirtschaftlichen Zukunftsaussichten der Pächterin zu unterbreiten.

 

Normenkette

§ 3c Abs. 2 EStG

 

Sachverhalt

Im Rahmen einer Betriebsaufspaltung verpachtete der Kläger seit Jahrzehnten zwei Grundstücke an seine GmbH, wobei die monatliche Pacht mehrfach erhöht wurde. Wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten der GmbH wurden in den Streitjahren 2002 und 2003 aufgrund zweier Vereinbarungen die Pachtzahlungen jeweils für die Monate September bis Dezember ausgesetzt. Ab Januar 2004 erbrachte die GmbH wieder die vollen Pachtzahlungen. Die Grundstücksaufwendungen des Klägers betrugen in beiden Streitjahren jeweils 19.400 EUR.

Das FA sah die Nutzungsüberlassung als teilweise unentgeltlich an, sodass der im Besitzunternehmen entstandene Grundstücksaufwand hinsichtlich des unentgeltlichen Teils der Nutzungsüberlassung unter das teilweise Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG falle. Demgegenüber vertrat der Kläger die Auffassung, die Verminderung des Entgelts sei nur für eine begrenzte Zeit angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage der GmbH vereinbart worden und daher fremdüblich. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg (FG Münster, Urteil vom 23.3.2011, 7 K 2793/07 E, Haufe-Index 2675763, EFG 2011, 1135).

 

Entscheidung

Die Revision war aus den unter den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen erfolgreich. Da das FG keine Feststellungen dazu getroffen hatte, in welchem Umfang die Aufwendungen für die Nutzungsüberlassung als substanzbezogen (AfA, Erhaltungsaufwand) anzusehen und daher stets in vollem Umfang abziehbar waren, hat der BFH das Verfahren an das FG zurückverwiesen.

 

Hinweis

Mit dem vorliegenden Urteil ergänzt der X. Senat seine Rechtsprechung zur Anwendung des Halbabzugsverbots auf substanzbezogene Wertminderungen von Wirtschaftsgütern, die einer Kapitalgesellschaft von einem Gesellschafter zur Nutzung überlassen werden, wie z.B. Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen (Urteile vom 18.4.2012, X R 5/10, BFHE 237, 106 und X R 7/10, BFHE 237, 119). Gleichzeitig bestätigt er die jüngste Rechtsprechung des IV. Senats zu § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG in Bezug auf die Behandlung der laufenden Aufwendungen auf diese Wirtschaftsgüter (Urteile vom 28.2.2013, IV R 49/11, BFHE 240, 333 und IV R 4/11, BFH/NV 2013, 1081).

Folgende Leitlinien sind nunmehr zu beachten:

1. Für die Abgrenzung von Aufwendungen, die durch voll steuerpflichtige Einnahmen veranlasst sind, zu solchen, die durch teilweise steuerfreie Einnahmen veranlasst sind, ist maßgebend, aus welchen Gründen ("auslösendes Moment") der Steuerpflichtige die Aufwendungen tätigt. Daher sind auch innerhalb einer Einkunftsart Aufwendungen derjenigen – voll steuerpflichtigen oder teilweise steuerfreien – Einnahmenart zuzuordnen, die im Vordergrund steht und die Beziehungen zu anderen Einnahmenarten verdrängt.

2. Aufwendungen, die dem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft durch die Nutzungsüberlassung eines Wirtschaftsguts an die Gesellschaft entstehen, sind voll abziehbar, wenn die Nutzungsüberlassung zu Konditionen erfolgt, die einem Fremdvergleich standhalten. In einem solchen Fall sind die Aufwendungen vorrangig durch die Erzielung voll steuerpflichtiger Einnahmen aus der Nutzungsüberlassung veranlasst.

3. Demgegenüber ist bei einer unentgeltlichen – und daher nicht fremdüblichen – Nutzungsüberlassung ein Zusammenhang mit künftigen Erträgen aus der Beteiligung gegeben. Dieser Zusammenhang ermöglicht zwar trotz der Unentgeltlichkeit der Nutzungsüberlassung den Abzug der entsprechenden Aufwendungen, führt aber zur Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG.

4. Hiervon ausgenommen sind substanzbezogene Aufwendungen wie AfA und Erhaltungsaufwendungen; diese sind unabhängig von den Gründen des Pachtverzichts stets in vollem Umfang abziehbar.

5. Im Fa...

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