BMF, 11.06.1990, IV B 7 - S 2745 - 7/90

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird zur Frage der Anwendung des § 8 Abs. 4 KStG in der Fassung des Steuerreformgesetzes 1990 (Verlustabzug im Falle des Mantelkaufs) wie folgt Stellung genommen:

 

1 Hauptanwendungsfall

Für den Verlustabzug nach § 10 d EStG ist bei einer Körperschaft Voraussetzung, daß sie nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich mit der Körperschaft identisch ist, die den Verlust erlitten hat. Der Verlustabzug ist daher bei einer Kapitalgesellschaft insbesondere zu versagen, wenn folgende Tatbestandsmerkmale erfüllt sind:

  1. a) Die Kapitalgesellschaft hat ihren Geschäftsbetrieb eingestellt,
  2. b) es sind mehr als 3/4 ihrer Anteile übertragen worden,
  3. c) es ist überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt worden und
  4. d) die Kapitalgesellschaft hat ihren Geschäftsbetrieb wieder aufgenommen.
 

1.1 Einstellung des Geschäftsbetriebs

Die Kapitalgesellschaft hat ihren Geschäftsbetrieb eingestellt, wenn sie im wirtschaftlichen Ergebnis aufgehört hat, werbend tätig zu sein. Die bloße Abwicklung noch ausstehender Forderungen und Verbindlichkeiten, etwa im Falle der Liquidation des Betriebes, steht in der Regel nicht der Annahme einer Einstellung des Geschäftsbetriebs entgegen. Nicht erforderlich ist, daß über den Betrieb ein Konkurs- oder Vergleichsverfahren eröffnet worden oder eine Liquidation erfolgt ist. Der Geschäftsbetrieb ist dagegen nicht eingestellt, wenn die Gesellschaft lediglich auf einem anderen Gebiet tätig wird oder ihren Geschäftsbetrieb im ganzen verpachtet.

 

1.2 Übertragung von mehr als 75 v. H. der Anteile

Für das Merkmal der Anteilsübertragung ist es unerheblich, ob die Übertragung entgeltlich oder unentgeltlich vorgenommen worden ist; der Anteilsübergang im Wege der Erbfolge ist demgegenüber von § 8 Abs. 4 KStG nicht erfaßt.

Die Grenze von mehr als 75 v. H. der Anteile bezieht sich bei Kapitalgesellschaften auf das Nennkapital.

Erwerber der Anteile können sowohl neue als auch bereits beteiligte Gesellschafter sein. Dabei ist es unerheblich, auf wie viele Erwerber sich die übertragenen Anteile verteilen. Entscheidend ist, daß insgesamt mehr als 75 v.H. der Anteile hinzuerworben werden.

 

1.3 Zuführung von überwiegend neuem Betriebsvermögen

Zuführung von neuem Betriebsvermögen bedeutet nicht, daß die Gesellschaft vermögenslos oder überschuldet gewesen sein muß. Ein Verlust der wirtschaftlichen Identität kann auch gegeben sein, wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt des Gesellschafterwechsels noch Vermögen hatte.

Die Zuführung von neuem Betriebsvermögen führt nur dann zum Verlust der wirtschaftlichen Identität, wenn das neu zugeführte Betriebsvermögen das noch vorhandene Vermögen übersteigt. Betriebsvermögen in diesem Sinne ist das Aktivvermögen. Maßgebend sind die Teilwerte des vorhandenen und des zugeführten Vermögens; etwaige immaterielle Wirtschaftsgüter bleiben außer Betracht, wenn sie bei der steuerlichen Gewinnermittlung nicht angesetzt werden dürfen.

 

1.4 Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs

Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs bedeutet, daß die Gesellschaft ihren Geschäftsbetrieb eingestellt hatte und nach dem Gesellschafterwechsel und der Zuführung neuen Vermögens wieder aufgenommen hat. Das gilt unabhängig davon, ob die Gesellschaft nach dem Gesellschafterwechsel und der Zuführung neuen Vermögens ihren bisherigen Geschäftsbetrieb wieder aufnimmt oder auf einem anderen oder ähnlichen Gebiet tätig wird.

 

2 Andere Anwendungsfälle

Der Ausschluß des Verlustabzugs nach § 8 Abs. 4 KStG gilt nicht nur für Kapitalgesellschaften, sondern auch für andere Körperschaften. Die Übertragung von mehr als 75 v. H. der Anteile bezieht sich in diesen Fällen auf die beteiligungs- oder mitgliedschaftlichen Rechte.

Darüber hinaus ist der Verlustabzug nach § 8 Abs. 4 KStG auch in den Fällen ausgeschlossen, die dem Hauptanwendungsfall wirtschaftlich entsprechen. Dies ist auch dann der Fall, wenn die unter 1.a) bis d) aufgeführten Maßnahmen in anderer zeitlicher Reihenfolge durchgeführt werden. Einem Gesellschafterwechsel durch Übertragung von mehr als 75 v. H. der Anteile sind z. B. gleichzusetzen:

  • Die Kapitalerhöhung, bei der die neu eintretenden Gesellschafter die Einlage ganz oder teilweise leisten und nach der Kapitalerhöhung zu mehr als 75 v. H. beteiligt sind.
  • Die Verschmelzung auf die Verlustgesellschaft, wenn nach der Verschmelzung die an der Verlustgesellschaft bisher nicht beteiligten Gesellschafter zu mehr als 75 v. H. beteiligt sind.
  • Die Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils in die Verlustkapitalgesellschaft, wenn nach der Einbringung neu hinzugekommene Gesellschafter zu mehr als 75 v. H. beteiligt sind.

Entsprechendes gilt, wenn anstelle von neuen Geseilschaftern oder neben diesen bereits beteiligte Gesellschafter nach den vorgenannten Maßnahmen zusammen um über 75 Prozentpunkte höher am Nennkapital beteiligt sind als vorher.

Eine dem Hauptanwendungsfall ebenfalls gleichstehende...

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