Leitsatz

Der Antrag auf Anwendung der tariflichen Einkommensteuer nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. b EStG erfordert nicht, dass der Anteilseigner aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit auf die Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft einen maßgeblichen Einfluss ausüben kann.

 

Normenkette

§ 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. b, § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4, § 32d Abs. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 19, § 32a EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin erzielte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit i.H.v. 28.950 EUR als Angestellte einer GmbH, an deren Stammkapital sie zu 5 % beteiligt war. Ihre Vollzeittätigkeit umfasste die Planung von Reisen und Terminen für die Geschäftsleitung. Außerdem war sie in den Bereichen Kundenbetreuung, Lohnabrechnung und Finanzbuchhaltung tätig.

Aus ihrer Beteiligung an der GmbH erzielte sie Einkünfte i.H.v. 18.979 EUR. Die GmbH behielt hierauf 25 % Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag ein. In ihrer Einkommensteuererklärung beantragte die Klägerin die Besteuerung dieser Einkünfte nach der niedrigeren tariflichen Einkommensteuer gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. b EStG. Das FA lehnte dies ab, weil es sich bei der Beteiligung der Klägerin an der GmbH nicht um eine unternehmerische Beteiligung gehandelt habe. Die Klägerin habe aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung der GmbH ausüben können.

Das FG gab der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage statt (Thüringer FG, Urteil vom 13.11.2013, 3 K 366/13, Haufe-Index 6460236, EFG 2014, 277).

 

Entscheidung

Der BFH schloss sich der Auffassung des FG an und wies die Revision des FA aus den Gründen der Praxis-Hinweise zurück.

 

Hinweis

1. Die Ausnahmen von der Abgeltungsteuer haben es zum Teil in sich. Sie sind in der Regelungstechnik unterschiedlich, was darauf beruht, dass manche dieser Ausnahmen in unterschiedlichen Stadien des Gesetzgebungsvorgangs entstanden sind.

2. In diesem Fall ging es um den Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. b EStG.

Danach sind Einkünfte aus der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft – wenn es sich nicht ausnahmsweise um Arbeitslohn handelt – gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG zwar gemäß § 32d Abs. 1 EStGgrundsätzlich i.H.v. 25 % abgeltend zu besteuern. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Steuerpflichtige unmittelbar oder mittelbar

  • zu mindestens 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist oder
  • zu mindestens 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt und beruflich für diese tätig ist. (Um diese Variante ging es im Streitfall.)

a) Die zweite Variante der vorgenannten Vorschrift erfordert nicht mehr als eine 1 %ige Beteiligung und eine berufliche Tätigkeit für die Kapitalgesellschaft. Weitere Anforderungen lassen sich dem Gesetz nicht entnehmen. Insbesondere ist es nicht erforderlich, dass aufgrund der Berufstätigkeit ein wesentlicher Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Kapitalgesellschaft ausge­übt werden kann.

Dies folgt aus dem klaren Wortlaut der Vorschrift, ihrer Entstehungsgeschichte und ihrem Zweck, eine Überbesteuerung aufgrund des Werbungskostenabzugsverbots nach § 20 Abs. 9 EStG zu vermeiden.

b) Nach diesen Maßstäben hat der VIII. Senat des BFH auch die Auffassung des BMF für zweifelhaft erachtet, wonach eine berufliche Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung für eine Option nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. b EStGnicht ausreichen soll (Schreiben vom 22.12.2009, IV C 1-S 2252/08/10004, BStBl I 2010, 94 und vom 9.10.2012, IV C 1-S 2252/10/10013, BStBl I 2012, 953 – jeweils Rz. 138). Dafür finden sich im Gesetzeswortlaut ebenfalls keine Anhaltspunkte. Diese Frage brauchte der VIII. Senat im vorliegenden Fall jedoch nicht abschließend zu entscheiden, weil jedenfalls die berufliche Vollzeittätigkeit der Klägerin weder quantitativ noch qualitativ von untergeordneter Bedeutung war.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 25.8.2015 – VIII R 3/14

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