Leitsatz

1. Der Veräußerungsgewinn i.S.v. § 17 Abs. 2 EStG entsteht grundsätzlich im Zeitpunkt der Veräußerung, unabhängig davon, dass der Kaufpreis gestundet wird.

2. Eine wahlweise Zuflussbesteuerung des Veräußerungsgewinns i.S.v. § 17 Abs. 2 EStG kommt nur in Betracht, wenn die wiederkehrenden Zahlungen Versorgungscharakter haben.

 

Normenkette

§ 11, § 17 EStG

 

Sachverhalt

Der 1947 geborene K war alleiniger Gesellschafter der S-GmbH, deren Stammkapital 50 000 DM betrug. Er übertrug im Dezember 2000 seine Anteile an der GmbH mit sofortiger Wirkung für 500 000 DM an die D.S.A. in Luxemburg, deren alleinvertretungsberechtigter Verwaltungsrat er ist. Das Gewinnbezugsrecht sollte dem Käufer mit dem 30.12.2000, 0.00 Uhr, zustehen. Nach einer privatschriftlichen Zusatzvereinbarung vom 11.01.2001 sollte der Kaufpreis in jährlichen Raten i.H.v. 50 000 DM gezahlt werden, erstmals am 03.01.2006.

Das FA berücksichtigte einen abgezinsten Veräußerungsgewinn im Jahr 2000. Die Klage hatte Erfolg. Das FG besteuerte nach Zufluss und damit nicht im Jahr 2000, sondern erst ab 2006 (FG des Saarlands, Urteil vom 13.08.2009, 2 K 1326/05, Haufe-Index 2285545).

 

Entscheidung

Dem folgte der BFH nicht: Ausgehend von den in den Praxis-Hinweisen dargelegten Grundsätzen trugen die Feststellungen des FG seine Entscheidung nicht. Deshalb musste der BFH die Sache zurückverweisen.

War die Zusatzvereinbarung über die Art der Ratenzahlung getroffen worden, nachdem der Veräußerungsgewinn im Dezember 2000 bereits entstanden war, musste der Veräußerungsgewinn sofort versteuert werden.

Ferner hatte das FG nicht geprüft und dazu auch keinerlei Feststellungen getroffen, ob die Vereinbarungen dem Fremdvergleich standhalten. Auch den Versorgungscharakter hatte das FG nicht festgestellt.

Deshalb ging die Sache erneut an das FG zurück, um ihm Gelegenheit zu geben, die Feststellungen nachzuholen.

 

Hinweis

Werden Anteile an einer Kapitalgesellschaft veräußert und vereinbaren die Parteien des Kaufvertrags, dass der Kaufpreis einige Jahre nach dem Übergang der Anteile in jährlichen Raten zu begleichen ist, so stellen sich einige interessante Fragen: Gilt eine Zuflussbesteuerung oder muss der Veräußerer den Gewinn bei Übergang versteuern?

1. Veräußerungsgewinn i.S.v. § 17 Abs. 1 EStG ist gem. § 17 Abs. 2 S. 1 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Der Veräußerungsgewinn entsteht im Zeitpunkt der Veräußerung, also dann, wenn das rechtliche oder zumindest das wirtschaftliche Eigentum an den veräußerten Anteilen übergeht. Der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums setzt voraus, dass der Berechtigte alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte ausüben kann, also neben dem Gewinnbezugsrecht und der Teilhabe an Wertveränderungen der Anteile alle Verwaltungsrechte einschließlich des Stimmrechts.

2. Veräußerungspreis ist der Wert der Gegenleistung, die der Veräußerer durch Abschluss des – dinglichen – Veräußerungsgeschäfts am maßgeblichen Stichtag erlangt – dazu gehört alles, was der Veräußerer aus dem Veräußerungsgeschäft als Gegenleistung erhält. Der Veräußerungspreis ist grundsätzlich ohne Rücksicht darauf anzusetzen, ob die Veräußerung bedingt oder befristet oder ob der Kaufpreis gestundet ist. Maßgeblicher Stichtag für die Bewertung des Veräußerungspreises ist grundsätzlich der des Vollzugs des Veräußerungsgeschäfts. Auf den Zufluss des Entgelts kommt es nicht an.

3. Wird eine Beteiligung gegen eine Leibrente oder gegen einen in Raten zu zahlenden Kaufpreis veräußert, so gewährt die Finanzverwaltung ein Wahlrecht: Der Steuerpflichtige kann den Gewinn sofort versteuern oder die Renten- oder Ratenzahlung als nachträgliche Betriebseinnahme behandeln. Bei Kaufpreisraten gilt das nur, wenn es sich nicht nur um eine Stundung des Kaufpreises handelt, sondern wenn sie wie eine Leibrente Versorgungscharakter haben und für einen mehr als zehn Jahre dauernden Zeitraum vereinbart werden. Die Rechtsprechung findet für dieses Wahlrecht die Rechtsgrundlage in einer teleologischen Reduktion der §§ 16, 34 EStG. Ein Wahlrecht kommt in Betracht, wenn langfristig wiederkehrende Bezüge vereinbart werden und diese entweder mit einem Wagnis behaftet sind oder hauptsächlich im Interesse des Veräußerers, um dessen Versorgung zu sichern, und nicht im Interesse des Erwerbers festgelegt werden.

4. Überträgt man diese Grundsätze auf den Regelungsbereich von § 17 EStG, kann eine teleologische Reduktion zugunsten einer fakultativen Zuflussbesteuerung nur dann gerechtfertigt werden, wenn die Ratenzahlungen im Interesse des Veräußerers Versorgungscharakter haben. Dies spiegelt sich in der Antwort auf die Frage wider, ob ein vollständiger oder teilweiser Ausfall der Forderung berücksichtigt werden könnte. Darin unterscheiden sich nämlich die Besteuerungsformen. Wird ein Gesellschaftsanteil gegen abgekürzte Leibrente veräußert und hatte sich der Steuerpflichtige für die Sofortversteuerung des Veräußerungsgewinns entschieden...

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