Leitsatz

Ein Akteneinsichtsrecht ist zwar nicht ausdrücklich in der DSGVO geregelt, es besteht aber ein Auskunftsanspruch über sämtliche verarbeitete personenbezogenen Daten. Dies gilt auch für Papierakten mit Informationen zu einer Zeit vor Inkrafttreten der DSGVO.

 

Sachverhalt

Der Kläger war zu einem Drittel an einer Ende 2008 aufgelösten GbR beteiligt, bei der ab dem Jahr 2014 eine Außenprüfung für die Jahre 2008 bis 2010 stattfand. Die Gesellschafter der GbR waren zerstritten und stritten vor allem um die Berechnung des Veräußerungsgewinns.

Die im Oktober 2015 im Rahmen der Betriebsprüfung durch den Kläger beantragte Akteneinsicht lehnte das Finanzamt unter anderem unter Hinweis auf das Steuergeheimnis ab. Nach der erfolglosen Durchführung eines Einspruchsverfahrens verfolgte der Kläger mit seiner Klage das Begehren auf Akteneinsicht weiter. Im November 2018 hat er bei Gericht einen Antrag auf Akteneinsicht nach § 78 FGO gestellt. Nach Einsichtnahme in die Akten erklärten sowohl der Kläger als auch das Finanzamt den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.

 

Entscheidung

Das FG hat die Kosten des Verfahrens dem Finanzamt auferlegt. Denn unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands dürfte die Klage - so das FG - Aussicht auf Erfolg gehabt haben. Der Kläger dürfte einen Anspruch auf Akteneinsicht gem. § 1 Satz 1 des Saarländischen Informationsfreiheitsgesetzes (SIFG) in Verbindung mit Art. 15 Abs. 1 2. Halbsatz, Abs. 2 DSGVO haben.

Im Streitfall dürfte zwar nach früherer, zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung geltender Rechtslage, nach der ein Akteneinsichtsrecht in der Abgabenordnung absichtsvoll nicht geregelt und die Akteneinsicht nur ausnahmsweise zu gewähren war, eine Ermessensreduzierung auf Null bezüglich der Gewährung von Akteneinsicht nicht vorgelegen haben. Jedoch besteht seit dem Inkrafttreten der DSGVO für alle Steuerpflichtigen grundsätzlich ein gebundener Anspruch auf Akteneinsicht bei der Finanzbehörde. Ein Akteneinsichtsrecht ist zwar nicht ausdrücklich in der DSGVO geregelt, aber es besteht nach Art. 15 Abs. 1 2. Halbsatz, Abs. 2 DSGVO ein Auskunftsanspruch über sämtliche verarbeitete personenbezogene Daten. Dies gilt in zeitlicher Hinsicht auch, soweit personenbezogene Daten (noch immer) ab dem 25.5.2018 verarbeitet werden und damit auch für Papierakten mit Informationen zu einer Zeit vor dem 25.5.2018.

Soweit die Finanzverwaltung beim Akteneinsichtsrecht weiterhin von einem Ermessensanspruch ausgeht (vgl. BMF, Schreiben v. 12.1.2018, IV A 3 - S 0325/17/10001, BStBl 2018 I S. 185 Rz. 32), widerspricht dies sowohl vorrangigem Unionsrecht als auch nationalem Recht. Denn nach § 32d Abs. 1 AO besteht ein behördliches Ermessen nur, soweit es an Regelungen in der DSGVO fehlt. Dies ist hier gerade nicht der Fall.

Es besteht zwar vorliegend nach § 32c Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO das Recht auf Auskunft der betroffenen Person gegenüber einer Finanzbehörde gem. Art. 15 DSGVO nicht, soweit die Daten nach § 30 AO geheim gehalten werden müssen, so verhält es sich hier aber nicht. Bedeutsame Verhältnisse für die an der Feststellung beteiligten Gesellschaftern beim Verfahren zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte werden vom Steuergeheimnis nicht erfasst.

 

Hinweis

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass das FG dem Kläger die Akteneinsicht nach § 78 FGO nicht hätte gewähren dürfen, denn gerade hierum wurde gestritten. Ungeachtet dessen ist im Zusammenhang mit dem Rezensionsbeschluss Folgendes zu beachten:

Nach § 138 Abs. 1 FGO hat das Gericht im Fall übereinstimmender Erledigungserklärungen in der Hauptsache nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands über die Verfahrenskosten zu entscheiden. Hierbei ist der mutmaßliche Ausgang des Verfahrens ohne das erledigende Ereignis zu berücksichtigen. Zur Entscheidung darüber braucht die Rechtslage indes nicht eingehend geprüft und die Sachlage nicht abschließend geklärt zu werden. Insoweit sind die Anforderungen an die Prüfung der Sach- und Rechtslage vergleichbar mit der Intensität der Prüfung im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung. Die endgültige Klärung der in Rede stehenden Problematik muss daher einem künftigen Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

 

Link zur Entscheidung

FG des Saarlandes, Beschluss vom 03.04.2019, 2 K 1002/16

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