Rz. 128

Abstandszahlungen des Erwerbers eines Grundstücks an Mieter, Pächter, Nießbraucher oder andere Nutzungsberechtigte, um sie zur vorzeitigen Räumung des Grundstücks zu veranlassen, sind Anschaffungskosten eines immateriellen Vermögensgegenstandes (vorzeitige Nutzungsmöglichkeit).[1]

Die Zahlung ist ein Entgelt dafür, dass der Erwerber das Grundstück bereits vor Ablauf des Nutzungsvertrags, den der Nutzungsberechtigte mit dem Veräußerer geschlossen hat, nutzen kann. Der durch die Abstandszahlung erlangte Vorteil ist als selbstständiges immaterielles Wirtschaftsgut zu aktivieren und im Zeitraum zwischen dem vereinbarten Räumungstermin und dem im ursprünglichen Nutzungsvertrag vereinbarten Ablauf des Nutzungsverhältnisses in gleichmäßigen Beträgen abzuschreiben.[2]

 
Praxis-Beispiel

U betreibt auf eigenem Grundstück einen Fahrzeughandel mit Reparaturbetrieb. Das Nachbargrundstück gehört G und ist an P noch für 3 Jahre vermietet. Auf dem Grundstück ist eine Halle errichtet, die P für seinen Gewerbebetrieb nutzt. U kauft das Grundstück von G und wird als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. An P zahlt U eine Abstandssumme von 30.000 EUR dafür, dass er vorzeitig die Nutzung aufgibt und das Grundstück frei macht. Die Zahlung des U an P dient dazu, das Grundstück schon 3 Jahre vor dem Ablauf des Mietvertrages nutzen zu können. Dieser Nutzungsvorteil ist ein Wirtschaftsgut, das linear auf 3 Jahre abzuschreiben ist.

 

Rz. 129

Zahlt aber der Erwerber eines Grundstücks an die Nutzungsberechtigten des Gebäudes auf dem Grundstück Abfindungen, lässt er das Gebäude daraufhin abreißen und ein für seine betrieblichen Zwecke besser geeignetes Gebäude errichten, so soll die Abstandszahlung Teil der Herstellungskosten (Herstellungskosten) des neuen Gebäudes sein.[3]

 
Praxis-Beispiel

Im vorstehenden Beispielfall lässt U die Halle abreißen und ein für seine Zwecke besser geeignetes Gebäude errichten.

Die Aktivierung der Abfindung an den Pächter wird damit begründet, der Erwerber habe die Abfindungen gezahlt, um ohne entgegenstehende Rechte ein neues Gebäude errichten zu können. Damit sei der enge wirtschaftliche Zusammenhang mit der Errichtung des neuen Gebäudes gegeben, sodass die Abfindungsbeträge in den Herstellungskosten des neuen Gebäudes aufgingen.[4]

Diese Begründung überzeugt nicht. Hätte der Erwerber kein Gebäude errichtet, so stünde der Abfindungsbetrag mit dem Abbruch des Gebäudes in wirtschaftlichem Zusammenhang. Mit dessen Abgang wäre die vorzeitige Nutzungsmöglichkeit untergegangen.[5]

 

Rz. 130

Es ließe sich argumentieren, der Betrag sei zum Grund und Boden zu aktivieren, weil dieser hierdurch betriebsbereit gemacht worden sei. Damit würde es sich um Anschaffungskosten handeln. Abstandszahlungen an Mieter hängen mit der Nutzung zusammen. Sie machen das Grundstück nutzungsbereit und nicht betriebsbereit.[6]

[1] BFH, Beschluss v. 5.7.1990, GrS 4-6/89, BFHE S. 161, 317, BStBl 1990 II S. 847; ebenso Schubert/Gedek, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 255 HGB Rz. 325 "Abstandszahlungen",
[3] BFH, Urteil v. 1.10.1975, I R 243/73, BStBl 1976 II S. 184; BFH, Urteil v. 9.2.1983, I R 29/79, BStBl 1983 II S. 451; H 33a EStH; a. A. Schubert/Gedek, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 255 HGB Rz. 325 "Abstandszahlungen".
[5] Schubert/Gedek, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 255 HGB Rz. 325 "Abstandszahlungen".
[6] Kulosa, in Schmidt, EStG, 40. Aufl. 2021, § 6 EStG Rz. 140.

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